Die Beschäftigungsquote von Menschen mit Beeinträchtigungen ist schlecht. Nach dem Behindertenbericht 2008 ist nur etwa ein Drittel der etwa 100.000 begünstigten Behinderten beschäftigt. Betriebe über 25 Angestellte müssen für je 25 Angestellte einen Behinderten einstellen. Tun sie es nicht, wird eine Strafzahlung fällig, die so genannte Ausgleichstaxe, die je nach Betriebsgröße so etwa zwischen 200 und 300 Euro pro Monat pro nicht beschäftigten Behinderten liegt.

Es gibt daneben auch individuelle Förderungen für den Einstieg aber was auch immer diese Förderungen sind, die Anreize sind zu gering und die Behinderten bleiben arbeitslos.

Ich frage mich daher, ob das Sozialministerium in dieser Frage wirklich „alle Register“ gezogen hat, um die Situation der Behinderten zu verbessern. Aus meinen bisherigen Erfahrungen bei der Stellensuche meine Sohnes Florian in den letzten eineinhalb Jahren meine ich, dass da noch viel möglich wäre und dass mein Sohn überhaupt nur dann eine reelle Chance auf Beschäftigung hat, wenn sich am System etwas ändert.

Wenn nicht, dann bleibt mein Sohn arbeitslos, fallweise geringfügig beschäftigt. Mit diesen geringfügigen Beschäftigungen dient er verschiedenen Firmen als Quotengeber. Sein Einkommen ist derzeit etwas bei 500 Euro pro Monat, Mindestsicherung bekommt er nicht, weil ihm seine Großeltern zum 18. Geburtstag eine Lebensversicherung geschenkt haben und er daher über Besitz verfügt. Wenn er mehr Geld braucht, weil wir es ihm nicht mehr zuschießen können, wird er mehrere geringfügige Beschäftigungen annehmen müssen und diese dann in Form einer Ich-AG versteuern müssen und die Sozialabgaben selbst bezahlen müssen. Keine besonders rosige Zukunft für Menschen, die ohnehin ein schweres Los haben.

Was also könnte man tun? Hier eine kleine Auswahl von Ideen, die die Situation meines Sohnes und vieler seiner Leidensgenossen sofort verbessern würden.

Erhöhung der Ausgleichstaxe

Ich stelle diesen Punkt an den Beginn, weil das wirklich eine einfache Änderung mit einer einfach kalkulierbaren Wirkung wäre.

Von jenen Betrieben, die Behinderte einstellen müssen, weil sie mehr als 25 Angestellte haben, erfüllt nur ein Teil diese Verpflichtung. Die anderen die zahlen die Ausgleichstaxe (zwischen 200 und 300 Euro, je nach Betriebsgröße).

Für viele Betriebe ist die Ausgleichstaxe ein lächerlicher Betrag wegen dem man sich noch keine Gedanken um die Schaffung eines geeigneten Behinderten-Arbeitsplatzes macht.

Und das betrifft nicht nur gewinnorientierte Firmen, sondern leider auch staatsnahe Betriebe.

Aus einer Bewerbung meines Sohnes bei einem staatsnahen Betrieb hat man uns gestanden, dass man sich mit der Beschäftigung Behinderter noch nicht auseinandergesetzt hat und daher derzeit die Ausgleichstaxe zahlt. Zur Ehrenrettung dieses Betriebs sei aber ergänzt, dass man Florian gleichzeitig zugesagt hat, seine Bewerbung zum Anlass zu nehmen, diese Problematik grundsätzlich innerbetrieblich zu diskutieren und ihn (Florian) dann zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Das ist aber auch schon eine Weile her.

Der Sprecher der Invalidenverbände meinte in einem Radiointerview Mitte Juli 2013, man müsse die Ausgleichstaxe verdoppeln. Mir selbst erscheint das noch eher zu wenig zu sein.

Geringfügige Beschäftigung sollte keinen Quotenplatz begründen

Derzeit scheint es so zu sein, dass einer Firma auch dann ein Quotenplatz angerechnet wird, wenn sie den Behinderten nur geringfügig beschäftigt. Es gibt Firmen, die sich geradezu darauf spezialisieren.

Florian hat als begünstigter Behinderter zwei Stellen mit geringfügiger Beschäftigung bekommen:

1. Bürotätigkeit, maximal 10 (!) Stunden pro Monat, geringfügig. Die Firma betreibt eine eigene Filiale, die diese „Beschäftigungstherapie für Behinderte“ übernimmt. (Anders kann man einen 10-Stunden-Beruf wohl nicht bezeichnen.) 10 Stunden sind offenbar deshalb als Maximum vorgesehen, um möglichst viele Behinderte beschäftigen zu können und damit eben viele Quotenplätze zu schaffen. Aber keiner der dort beschäftigten Behinderten ist angestellt, alle werden mit 10 Stunden pro Monat „abgespeist“, alle sind weiterhin arbeitslos.

2. Museumsaufsicht, maximal 6 Tage pro Monat, geringfügig. Das Aufsichtspersonal in einem Teil der Museen rekrutiert sich aus Studenten, die alle geringfügig beschäftigt werden. Es ist für die Studenten ein interessanter Zuverdienst und für das Museum eine praktische, sehr flexible, weil nach dem jeweiligen Bedarf praktisch steuerbare Quelle von Personal. Man hat bei der Museumsleitung erkannt, dass man mit diesem Prinzip auch gleich eine zweite Fliege erschlagen kann, nämlich die Beschäftigung Behinderter. Und das war für Florian wie ein Lotto-Sechser. Leider aber gilt auch in diesem Fall, dass es sich um keine Anstellung handelt sondern eine jederzeit auflösbare und in ihrem Ausmaß auf 6 Tage im Monat beschränkte, geringfügige Beschäftigung.

In beiden Fällen war es Voraussetzung, dass Florian zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört, offenbar, weil nur dann die Beschäftigung eines Behinderten formal gegeben ist. In beiden Fällen gibt es keine Hoffnung, dass Florian je eine wirkliche Arbeitsstelle bekommt. Eine entsprechende Bewerbung wurde abgeschickt aber von den Personalstellen einfach ignoriert. Warum? Weil Florian als geringfügig Beschäftigter eine jederzeit kündbare Arbeitskraft ist und dazu noch einen Quotenplatz füllt. Wozu also soll man ihn dauerhaft anstellen? Das ergäbe keinen weiteren Vorteil.

Das kann aber doch nicht die Absicht dieser Quotenregelung sein, denn die Firmen entledigen sich elegant einer regulären Anstellung und belassen daher den Arbeitssuchenden im Zustand der Arbeitslosigkeit, und das AMS kommt für die Zahlungen der Sozialabgaben auf.

Solche „Beschäftigungsformen“ sollten nicht für die Erfüllung der Quote angerechnet werden können.

Eine Grundsatzfrage bei einfachen Berufen

Arbeit ist in niederschwelligen Bereichen zu einem raren Gut geworden und um diese einfachen Jobs bewerben sich Studenten und Pensionisten, um sich etwas dazuverdienen zu können, aber auch geringer qualifizierte Arbeitssuchende und auch Arbeitssuchende mit Beeinträchtigungen.

Müsste ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber nicht auf eine faire Verteilung dieser Arbeiten achten?

Ich meine damit, dass diese Arbeit zuerst jene bekommen sollten, die sonst über kein Einkommen verfügen und erst, wenn dieser Bedarf abgedeckt ist, kann er jene einbeziehen, die sich einfach etwas dazuverdienen wollen, wie etwa Studenten und Pensionisten. Ich finde, dass das ein wichtiger arbeits-ethischer Grundsatz für die Vergabe von Arbeitsplätzen in niederschwelligen Bereichen wäre . 
Alle Personen, die einfache Jobs als Hauptberuf benötigen, weil sie (aus egal welchem Grund) nicht höher qualifiziert einsetzbar sind, wären gegenüber den Zuverdienenden vorzuziehen.

Behinderten-Integration im Schulwesen

Derzeit wird ja viel über das Lehrerdienstrecht diskutiert und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man sich bei Gestaltung des Schulalltags bei Weitem nicht so intensiv in Zeug legt wie bei der Sicherung der Lehrergehälter. Aber auch in den Diskussionen über die Schule der Zukunft wären die Behindertenvertreter gefordert.

Es sollte nämlich selbstverständlich sein, Jugendliche mit Beeinträchtigungen soweit das irgendwie möglich ist und auch wenn es anfangs teurer erscheint, im Regelschulsystem einer Gesamtschule gemeinsam mit allen anderen Jugendlichen zu unterrichten und sie nicht etwa in Schulghettos wie Sonderschulen abzuschieben.

Das soll nicht heißen, dass alle diese Jugendlichen ein gleichmäßig geringes Niveau erreichen sollen, im Gegenteil, fördern soll man die Begabten, wo immer es geht. Aber es ist für das soziale Bewusstsein der eigentlichen späteren Leistungsträger wichtig zu sehen, dass die Gesellschaft zu jedem Zeitpunkt auch für die Benachteiligten Sorge zu tragen hat. Damit würde sichergestellt, dass sich die Eliten nicht in abgehobenen Eliteschulen tummeln sondern diese gesellschaftliche Verantwortung bereits in ihrer Schulzeit miterleben.

Ein solcher gemeinsamer Unterricht hat Vorteile für alle. Integration für die Behinderten, in dem Sinn, dass man ihnen zeigt, dass sie immer zur selben Gesellschaft gehören und nicht ein abgetrennter Teilbereich sind und viel mehr noch hat dieser gemeinsame Unterricht für die normal leistungsfähigen Jugendlichen einen großen erzieherischen Wert, dass sie in einem Klassenverband auf Schwächere Rücksicht nehmen müssen.

Wenn es einmal in Schulen selbstverständlich geworden ist, dass alle Kinder einer Altersstufe in derselben Gemeinschaft unterrichtet werden und dort natürlich auch Behinderte integriert sind, dann werden diese Jugendlichen es später in verantwortungsvollen Berufen selbstverständlich finden, dass man sich auch im Berufsleben um die Behinderten bemühen muss.

Behinderte und ihre Vertreter sollten bei der Neugestaltung der gemeinsamen Schule für eine schulische Integration Behinderter eintreten.

Mitgift für Behinderte

Die Ausgleichstaxe ist ein Bestrafungsmodell. Und es bezieht sich nicht auf alle Arbeitgeber sondern nur auf jene mit mehr als 25 Beschäftigten. Wie wir aber wissen, ist aber die große Mehrzahl der Betriebe klein und alle diese Betriebe müssen sich mit Behinderteneinstellung nicht auseinandersetzen.

Dass man versucht, Behinderte in großen Betrieben zu beschäftigen, leuchtet ein, weil eben einer größeren Wirtschaftseinheit ein solcher Integrationsaufwand eher zugemutet werden kann als einem Kleinbetrieb. Und an diesem Prinzip muss man auch nichts ändern.

Aber man könnte die Beschäftigung vom Menschen mit Beeinträchtigungen auch in Kleinbetrieben fördern, was derzeit aber nicht geschieht.

  • Großbetriebe müssen Behinderte einstellen (bei sonstiger Ausgleichszahlung) wie bisher
  • Kleinbetriebe können Behinderte einstellen (bei gleichzeitiger Förderung) neu

Diese Förderung für Kleinbetriebe ist nun nicht etwas, was man zusätzlich zahlen muss, denn es entfällt ja die Notwendigkeit, den Behinderten über die Mindestsicherung zu erhalten (von ca, 260.000 Arbeitssuchenden bekommen ca. 190.000 die Mindessicherung, das sind fast 75%).

Man hat also in Summe einen mehrfachen Gewinn:

  • einen beschäftigten Behinderten mehr und
  • man muss nur die Hälfte der Mindestsicherung als Förderung an den Arbeitgeber abführen (und erspart die andere Hälfte)
Etwas vereinfacht kann man nach einer Verdoppelung der (derzeit sehr geringen) Ausgleichzahlung sagen, dass ein Großbetrieb, der eine Ausgleichzahlung leistet, einen Kleinbetrieb fördert, der einen Behinderten einstellt.

Derzeit muss sich ein Kleinbetrieb nicht mit Behinderten herumschlagen. Offenbar, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein Behinderter grundsätzlich eine Belastung darstellt und das einem Kleinbetrieb auf wirtschaftlichen Überlegungen nicht zumutbar ist.

In einer Statistik der Unternehmensdemographie aus dem Jahr 2010 der Statistik-Austria erfährt man, dass es in Österreich ca. 400.000 Unternehmen gibt und davon 360.000 mit weniger als 10 Beschäftigten. Aus einer anderen Darstellung (http://www.oear.or.at) erfährt man, dass es ca. 16.000 Einstellungspflichtige Unternehmen gibt.

  • 154.000 Betriebe mit 0 Beschäftigten
  • 167.000 Betriebe mit 1-4 Beschäftigten
  • 43.000 Betriebe mit 5-8 Beschäftigten
  • 43.000 Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten
  • 27.000 Betriebe mit 10-25 Beschäftigten, davon 16.000 einstellungspflichtige Unternehmen und daher 11.000 Betriebe mit 10-24 Beschäftigten

Diese 384.000 Betriebe sind Familienbetriebe oder Betriebe mit höchst familiären Charakter, die insgesamt fast eineinhalb Millionen Menschen beschäftigen. 1.400.000 (154.000*1+ 167.000*3 + 43.000*7 + 27.000*16). Das ist die Hälfte aller etwa 3 Millionen Beschäftigten.

Dem stehen etwa 100.000 Menschen mit Behinderungen gegenüber (http://www.oear.or.at/)

Diese 100.000 Behinderten leben nun nicht auf einem „anderen Stern“ sondern zu einem großen Teil in Familien, deren Mitglieder in einem dieser Kleinbetriebe beschäftigt sind und die daher großes Interesse daran haben, dass ihr behindertes Familienmitglied Beschäftigung findet. Egal wo.

Leider bietet aber das derzeitige Bestrafungssystem den Behinderten nur in Großbetrieben eine Chance.

Es gibt aber kaum jemanden, der nicht im näheren oder weiteren Umfeld einen Behinderten kennt und wenn man den sozialen Zusammenhalt in kleineren Gemeinden bedenkt, dann kann man sich gut vorstellen, dass auch kleine Betriebe bereit wären, einem betroffenen Arbeitskollegen durch die Beschäftigung seines behinderten Verwandten zu helfen, wenn sie dabei ausreichend unterstützt werden.

Und wie gesagt, Geld ist Genug da, denn es wird für den Unterhalt eines Behinderten laufend ausgegeben. Gibt man die Hälfte davon einem Betrieb, der den Behinderten mit allen Sozialabgaben beschäftigt, hat man die Hälfte gespart und Menschen zufriedener gemacht.

Mitgiftprinzip

Man „belohnt“ jeden Arbeitgeber (nicht nur die großen), der einen Behinderten beschäftigt, mit jenem Betrag, der dem Grad der Behinderung entspricht, die der Staat ohnehin aufwenden muss, um den Behinderten zu finanzieren.

Vor allem: der behindert benötigt keinen anderen Schutz als jeder andere Arbeitnehmer auch. Wird das Dienstverhältnis aus irgendeinem Grund aufgelöst, entfällt die Förderung und der Behinderte fällt auf die Mindestsicherung zurück.

Meine Rechnung ist natürlich eine Milchmädchenrechnung. Zu wenig sind mir die konkreten Zahlen bekannt. Bitte daher die Zahlen nicht ganz ernst nehmen.

Nehmen wir daher an, dass ein nicht beschäftigter Behinderter 1000 Euro pro Monat kostet und er hätte eine Behinderung von 50 v.H., dann gibt man dem Behinderten eine „Mitgift“ von 500 Euro/Monat, die jener Arbeitgeber erhält, der ihn beschäftigt. Wenn es sich um eine Teilbeschäftigung handelt, eben anteilig weniger. Wenn die Behinderungsgrad höher ist, eben mehr.

Der Staat spart im Falle einer Beschäftigung 50% des Betrages, den er dem Behinderten am Wege der Mindestsicherung zahlen müsste.

Der Betrieb bekommt eine zwar nicht ganz vollwertig einsetzbare Arbeitskraft, dafür kostet aber dieser Arbeitsplatz weniger und kann sich auch aus kaufmännischer Sicht rechnen. Egal, ob der Betreffende weniger leistungsfähig ist oder weil man ihm Arbeiten überträgt, die sonst teurere Arbeitskräfte ausführen müssten.

Warum ich glaube, dass das funktioniert

1. Eine kleine Firma ist wie eine etwas größere Familie. Wenn einer aus diesem Kreis einen behinderten Angehörigen hat, dann hat dieses Kollektiv einer kleinen Firma ganz einfach ein familiär-kameradschaftlich begründetes Motiv, diesem betroffenen Mitarbeiter zu helfen und seinen Angehörigen zu beschäftigen. Derzeit gibt es aber dafür überhaupt keine Begünstigung. Die Firma hätte nur Nachteile, wenn sie helfen würde. Daher geschieht das auch nicht.

2. Behinderte sind nicht nur dort wo es Großbetriebe gibt; sie sind überall. Und sie sind in der Regel nicht sehr mobil. Man benötigt daher geeignete Arbeitsplätze vor Ort und da gibt es meist nur Kleinbetriebe.

3. Tendenziell fallen den Menschen mit Beeinträchtigungen eher einfachere Arbeiten zu. Aber genau diese Arbeiten wurden durch den technologischen Fortschritt aber auch durch den Mindestlohn wegrationalisiert. Durch den Mindestlohn deshalb, weil jeder Arbeitgeber für diesen Betrag, den er jedem zahlen muss, auch eine entsprechende Gegenleistung fordert. Und einfache Arbeiten sind einfach nicht so viel wert. Also werden sie nicht gemacht oder die höher qualifizierten Beschäftigten müssen sie mit übernehmen.

Ich plädiere daher zusätzlich zum Quotensystem für Großbetriebe für ein Fördermodell für jene Kleinbetriebe, die bereit sind, einen Behinderten einzustellen.

Kampfbetont in Vorwahlzeiten…

„Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz.“ 

Es ist Wahlkampf und diesen Slogan findet man bei

in seltener Einigkeit, allen voran auf einem Plakat von Werner Faymann. Frank fehlt in dieser Aufzählung aber beim ihm könnte der Slogan lauten: „Um Arbeitsplätze kämpft man nicht, die hat man“, vergisst dann aber dabei, dass es hier nicht um die hochqualifizierten Techniker bei Magna geht, sondern um das Heer der Arbeitssuchenden mit geringer Schulbildung. Auch dir Grünen fehlen, aber bei ihnen wäre das eher eine tautologische Wiederholung ihrer Forderung nach mehr Bildung für alle und wie wir sehen werden, ist allein Bildung die Formel, mit der man langfristig die Arbeitslosenzahlen in unserer heutigen österreichischen Gesellschaft verringern kann.

Der Slogan ist übrigens sehr pessimistisch, weil er ein Rückzugsgefecht signalisiert. „Irgendwer, den man nicht kennt, nimmt uns diese Arbeitsplätze weg. Arbeitsplätze werden weniger, daher muss man um jeden einzelnen kämpfen.“  Die Statistik der Arbeitssuchenden wird uns aber zeigen, dass wir teilweise selbst die „Arbeitsplatzdiebe“ sind, und dass man eigentlich nicht wirklich um Arbeitsplätze kämpfen muss sondern welche schaffen muss, denn jene Arbeitsplätze, die tatsächlich aus für uns nicht beeinflussbaren Gründen verloren gehen, etwa durch Globalisierung, um die können wir kämpfen wie Don Quichote, es wird nichts nützen, es wirkt nur kämpferisch am Wahlplakat.

Ich frage mich nun, was eine Regierung, die diesen Slogan im Sinne „das Land braucht mehr Arbeitsplätze“ ernst nimmt, tun müsste, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Hier einmal eine Kurzfassung dieser Großtaten, die mir gefallen würden und danach einige Gedanken dazu.

  • Verpflichtende Schulbildung bis zur Stufe einer berufsbildenden mittleren Schule, also bis 17 Jahre
  • Verbesserung der Schulbildung der Migranten
  • Bessere Steuerung der Mirgantenströme
  • Ersatz der Mindestsicherung durch ein bedingungsloses Grundgehalt für alle
  • Schaffung von gestützten Arbeitsplätzen unter dem Kollektivvertragsniveau

Arbeitslosigkeit und Bildung

In dem Jahresbericht des AMS 2012 kann man auf Seite 24 einer Grafik entnehmen, dass sich Arbeitslose zu 80% aus Personen rekrutieren, die keine weiterbildende Schule besucht haben. Das sind alle Pflichtschulabgänger aber auch Absolventen einer Lehre. Also auch das immer wieder gelobte duale Ausbildungsmodell besteht nicht vor der Statistik der Arbeitslosen.

Wir lernen daraus, dass nur eine höhere Schulbildung vor Arbeitslosigkeit schützt.

Das nützt aber den Kindern aus bildungsfernen Schichten derzeit wenig, das wird erst dann helfen, wenn man das Bildungssystem gründlich reformiert haben wird.

Den Bildungsstand der Bevölkerung erfahren wir von der Statistik-Austria. 2010, dass es bei insgesamt 4.651.426 Personen zwischen 25 und 64 folgende Schulabschlüsse gibt:

A   B
19% 43% Pflichtschule
36% 37% Lehre
16% *)  Mittlere Schule
15% *)  Höhere Schule
14% *)  Hochschule
A: Anteil
B: Arbeitslosenquote (aus AMS-Statistik hinzugefügt)
*) zusammen etwa 20%.

Wir lernen daraus, dass in unserer Gesellschaft Arbeiten, für die eine Pflichtschule oder Lehre ausreichend wären, zu wenig nachgefragt sind.

Wir „erlauben“ es viel zu vielen SchülerInnen, einfach nur einen Pflichtschulabschluss zu machen, so als lebten wir noch in den Zeiten Maria Theresias, als dieses System eingeführt wurde.

Wir alle wissen, dass die Entwicklung auf allen Gebieten rasch voranschreitet, nur auf dem Gebiet der Ausbildung junger Menschen meinen wir, dass es ausreicht, bis zum Alter von 14 Jahren die Schule zu besuchen.

Dabei brauchen wir nur auf die Statistik zu schauen, die spricht eine klare Sprache.

Aus der Statistik können wir schließen, dass eine Senkung der Arbeitslosenquote erfordert, dass man ein verpflichtendes Schulmodell entwickeln muss, bei dem eine Ausbildung so weit geht, dass das Niveau einer Mittleren Schule erreicht wird. Wahrscheinlich also etwa bis zum 17. Lebensjahr.

Was müsste also ein Kanzler tun, der diesen „Kampf um jeden Arbeitsplatz“ ernst nimmt? Er müsste eine solche Schulpflicht bis zum 17. Lebensjahr einführen. 

Mittlere Reife nennt man das in Deutschland. Und zwar für alle und verpflichtend. Warum verpflichtend? Weil es eben Schichten gibt, die das aus verschiedenen Gründen nicht von sich aus tun. Mir persönlich bekannt sind Aussprüche wie : „Ich bin ein Arbeiter und mein Sohn wird auch einer werden“. Während dieser Standpunkt bei den bereits angekommenen Neu-Wienern schwindet (praktisch alle Wiener waren nicht immer hier, die meisten kommen von irgendwo). Die heutigen Migranten wurden in eine Welt versetzt, die noch nicht wirklich die ihre ist und die in Traditionen verhaftet sind, die bei uns eben direkt in die Arbeitslosigkeit führen.

Arbeitslosigkeit und Globalisierung

Ich selbst bin Nachrichtentechniker und in der Zeit. in der ich mein Studium begann, war Wien voll von Betrieben dieser Sparte: Goerz, Grundig, Hornyphon, Kapsch, Norma, Philips, Schrack, Siemens, Stuzzi. Siemens gibt es (noch) aber alle anderen sind verschwunden, marginalisiert oder wurden nach Fernost ausgelagert. Dieses mächtige Know-How, das hier bestanden hat, ist ähnlich wie Geld: es ist nicht weg, es ist anderswo. In Indien, Taiwan, China…, denn die Artikel, die früher hier bei uns hergestellt wurden, werden heute überwiegend in Fernost hergestellt, und die Jobs, oft auch niederwertige Jobs, die uns hier so sehr abgehen, sind mit dem Know-How verschwunden.

Und was für meine Sparte gilt, das erleben wir in vielen anderen Bereichen auch, Semperit ist auch so ein tragischer Betrieb.

Solange man Globalisierung als schick toleriert, Produkte in einem Erteil billig zu erzeugen und anderswo teuer zu verscherbeln, zählen wir nur zum Teil zu den Gewinnern. Ja, wir sind dazu verdammt, die Produkte zum hohen Preis zu kaufen, aber gleichzeitig auch dazu, dass alle die Arbeitsplätze, die mit diesen einstigen Paradeunternehmen verknüpft waren, sich auf die Reise rund um den Globus gemacht haben.

Genau in diesen Produktionsprozessen waren viele Arbeitsplätze, die auch von weniger gut ausgebildeten Personal erledigt werden konnten. Aber das ist Geschichte. Und was hat man dagegen gemacht? Bisher eigentlich nichts! Die Schulausbildung setzt noch  immer auf das Duale Modell und entlässt Hauptschüler in die „freie Wildbahn“ des Arbeitsmarktes und findet sie umgehend am Arbeitsamt wieder.

In der Frage der Globalisierung sind wir wohl Passagier und müssen uns diesen Gegebenheiten fügen.

Was wir aber tun können, ist unser Schulsystem dieser neuen Realität anzupassen.

An dem Schulsystem doktern Rot und Schwarz schon lange herum aber derzeit rangeln sie nur um die Gesamtschule bis 14, eine länger dauernde  Ausbildung steht derzeit auf keiner Agenda. Weil sie nicht auf die AMS-Statistik schauen und nur darauf, wie sie mit den Lehrern zurecht kommen.

Arbeitslosigkeit und Mindestsicherung

Von Arbeitslosigkeit zur Mindestsicherung ist kein weiter Weg. 2012 war der mittlere Arbeitslosenstand 260.643 Personen (Seite 18) und bezogen 2011 ca 193.000 Personen die Mindestsicherung.(Statistik-Austria). Es ist also eher die Regel, dass ein Arbeitsloser auch Bezieher der Mindestsicherung ist.

Wir wir schon aus den beiden ersten Statistiken über die Struktur der Arbeitslosen erfahren haben, ist diese Gruppe eher weniger gut ausgebildet und benötigt daher einfachere Jobs. Aber gerade diese Jobs sind uns durch die Globalisierung abhanden gekommen und werden durch den Zwang zu einem Mindestlohn in einem geregelten Arbeitsverhältnis auch noch verunmöglicht (siehe nächstes Kapitel), denn einfacherer Job hieße ja auch geringere Bezahlung, denn kalkuliert will ja jedes Arbeitsverhältnis werden.

Da aber Kollektivverträge einen geringeren Lohn in einer bestimmten Sparte nicht zulassen, kommt auch kein Unternehmer auf die Idee einen solchen Arbeitsplatz zu definieren.

Der Mindestlohn frisst einfache Jobs. Und gerade das wären die Jobs, die man für die Arbeitslosen brauchen würde.

Die Falle kommt aber erst in der Verkleidung der Mindestsicherung. Sie beträgt für Einzelpersonen 2013 794,91 inklusive Wohnbeihilfe (AK-Portal).

Eine Falle ist die Mindestsicherung, weil der Arbeitssuchende in der Regel unterqualifiziert ist und um überhaupt irgendwo Fuß zu fassen, werden ihm geringfügige Beschäftigungen zufallen. Wenn er aber eine dieser Beschäftigungen annimmt, bekommt er deshalb in Summe nicht mehr, weil für die Zeit des Zuverdiensts diesen von der Mindestsicherung abgezogen bekommt also unterm Strich immer denselben Betrag in der Tasche hat. Nicht sehr motivierend, oder?

Bekommt er einen „echten“ Job mit 40 Stunden vermittelt, dann gilt dasselbe, denn da er zu den wenig qualifizierten Menschen zählt, wird dieser Job sich auch in dieser Größenordnung von 800-1000 Euro bewegen, er wird also auch hier wenig Unterschied zur Mindestsicherung bemerken.

Wenn man also als Betroffener nüchtern die Vor- Nachteile der Mindestsicherung mit einem geringwertigen und schlecht bezahlten Job vergleicht, dann sagt der „Hausverstand“, dass sich der Job ja gar nicht rechnet, denn wegen der Hundert Euro, die man eventuell mehr bekommt, muss man 40 Stunden pro Woche arbeiten.

Also, wenn das keine Falle ist!

Man kann jemanden, der so (wenig idealistisch) kalkuliert, das ja nicht einmal vorwerfen, denn in jedem Arbeitsverhältnis ist man eigentlich immer dazu aufgefordert, seine Handlungen so zu optimieren, dass sie dem jeweiligen Arbeitgeber nützen. Wenn man also dasselbe in eigener Sache auch so macht, spricht das eigentlich nur für den „gesunden Menschenverstand“ des Arbeitssuchenden und muss nicht gleich als ein Ausnützen dieser Situation interpretiert werden. Die Situation nötigt einen Arbeitssuchenden ja geradezu, eine gering bezahlte Arbeit nicht anzunehmen, wenn das nur irgendwie geht (denn verpflichtet ist er ja dazu, jede zumutbare Arbeit anzunehmen).

Man sieht, dass die Mindestsicherung eher einem Arbeitsverhältnis entgegensteht und jemand, der in dieser Falle landet, nur sehr schwer wieder raus kommt. Es fehlen einfach die Anreize, denn der Arbeitslose bewirbt sich ja nicht um einen 2000 Euro-Job sondern um eine Arbeit, die nur wenig mehr ins Börsel bringt als die Mindestsicherung.

Noch etwas, was die Mindestsicherung immer begleitet, ist Schwarzarbeit. Arbeitslose, die Mindestsicherung beziehen, werden immer versuchen, eher durch Schwarzarbeit etwas dazuzuverdienen, als einen regulären Arbeitsplatz anzunehmen, denn durch Schwarzarbeit, kann das monatliche Einkommen deutlich gesteigert werden während es bei einer regulären Arbeit bei geringer Qualifikation nur wenig höher ist.

Was kann man also tun?

Aus dieser Falle scheint es für mich nur einen einzigen Ausweg zu geben (und es gibt genug Proponenten für ein solches System) nämlich ein bedingungsloses Grundgehalt für alle.

Für ein solches Grundgehalt spricht: Menschenwürdiges Leben benötigt einen gewissen monatlichen Geldbetrag „pro Mensch“. Daher sollte dieser Geldbetrag auch tatsächlich jedem zustehen, egal ob er arm oder reich ist. Es entfällt dann sofort jede Überprüfung, ob der- oder diejenige etwas besitzt oder nicht. Es entfällt auch die Frage, wie man Hausarbeit abgelten könnte, was derzeit nicht erfolgt aber die Stellung (meist) der Frau in der Familie niedriger stuft als die des arbeitenden Ehemanns (in Familien mit einem Alleinverdiener). Es entfällt das Kindergeld. Auch die Pension ist in einem solchen Modell einbeziehbar. In der Schweiz bekommen alle Pensionisten eine Einheitspension, etwas, was eben auch mit dem Grundgehalt zu erschlagen ist. Der Grundgehalt ist eben für alle da.

Und das Grundgehalt befreit auch aus der Falle der Mindestsicherung.

Das Grundgehalt ist keine soziale Hängematte. Jede Stunde, die man dazu verdient wird voll bezahlt und besteuert und wird nicht wie bei der Mindestsicherung von dieser abgezogen. Auch wenn man nur ein paar Stunden im Monat dazuverdient, verdient man das Geld dazu und es wird nicht irgendwo gegengerechnet. Das AMS weist keine Gelder an, das Sozialamt muss nichts prüfen, weil ohnehin jeder dasselbe bekommt.

Natürlich bleibt bei einer solchen Maßnahme kein Stein auf dem anderen. Es hätte weitreichende Auswirkungen auf die eingefahrenen Lohnsysteme, Versicherungen,.. auf alles. Und das ganze Land wäre bei einem solchen Gewaltakt gefordert.

Ein Kanzler, der sich für Arbeitsplätze einsetzt, müsste sich also gegen die Arbeitsplatzbremse „Mindestsicherung“ und für den Arbeitsmotivator „Grundgehalt“ einsetzen.

Arbeitslosigkeit und Mindestlohn

In Österreich gibt es keinen einheitlichen Mindestlohn. In einem Dokument der SozialpolitikDatenbank finden wir einen Vorschlag der Grünen, dass man 1100 Euro als Mindestlohn definieren sollte. Im AMS-Gehaltskompass  kann man für einzelne Berufsgruppen Kollektivlöhne finden, die etwa bei 1000 Euro beginnen. So weit auseinander sind also die Vorstellungen nicht. Ich verwende daher diesen Begriff Mindestlohn, weil’s einfacher ist.

Wir bestreiten unseren Lebensunterhalt ausschließlich durch ein Arbeitsverhältnis (um die Selbständigen müssen wir uns hier nicht kümmern). Bei dem österreichischen Preisniveau ist eben ein gewisses Minimum zum Leben nötig, sagen wir einmal 1000 Euro netto. Und daher muss für die niederwertigste Beschäftigung eben etwa 1000 Euro bezahlt werden, damit der Arbeitnehmer über die Runden kommt. Ein Kollektivlohn oder Mindestlohn.

Diese Vorgabe hat zwei Auswirkungen:

Die positive Wirkung des Mindestlohns ist, dass jemand, der angestellt ist, mit dieser Lohnzahlung von mindestens 1000 Euro auch leben kann.

Es gibt aber auch die negative Auswirkungen.

Einmal die, dass der Arbeitgeber soviel von seinem Abgestellten abverlangen muss, dass sich diese 1000 Euro auch rechnen.

Dass der Arbeitgeber geringerwertige Arbeiten einem geringer qualifizierten Mitarbeiter überlässt, ist bei Beibehaltung des Mindestlohns nicht wirtschaftlich. Die Arbeit hat einen geringeren Wert als es dem Kollektivlohn entspricht.

Daher werden alle Arbeiten, die einen geringeren Wert entsprechen entweder gar nicht gemacht oder den Kollektivlohnempfängern übertragen, wodurch diese noch mehr unter Druck geraten.

Das Mindestlohnsystem setzt also die Mitarbeiter unter einen gewissen Druck, dass ihre Arbeit auch tatsächlich dem Wert diese Mindestlohns entsprechen muss und erzeugt auf der anderen Seite einen Arbeitslosen, weil die einfachere Arbeit, die er durchaus ausführen könnte, unter dem Mindestlohn bezahlt werden müsste, was aber nicht erlaubt ist.

Beispiel: Eine Großtankstelle will ein neues Service anbieten. Ein Wagen wird von einem Mitarbeiter, der eigens dazu angestellt ist, innen und außen gewaschen. Da man die Kundenfrequenz kennt, kann man die Kosten für Einrichtungen, Verbrauchsmaterial und Personal einfach kalkulieren. Gewinn muss ja auch herausschauen und siehe da, das würde sich erst bei einem Gehalt von – sagen wir – maximal 700 Euro rechnen. Die Folge: diese Tätigkeit gibt es entweder nicht oder sie wird von einem ohnehin angestellten, höher qualifizierten Tankwarte/Mechaniker erledigt. Wir haben also einen überlasteten, weil mit zusätzlichen Aufgaben und vielleicht auch Überstunden überhäuften aber ausreichend bezahlten Tankwart auf der einen und einen Arbeitslosen, denn von den 800 Euro die er bekäme, kann er entweder nicht leben oder er will die Tätigkeit wegen der fast ebenso hohen Leistung aus der Mindestsicherung nicht ausführen.

Ich behaupte:
Mindestlohn vernichtet einfache Arbeitsplätze in großer Zahl und führt zur Überbeanspruchung einer großen Zahl von vollbeschäftigten Angestellten, die diese niederschwelligen Arbeiten umgehängt bekommen, weil irgendwer muss sie ja tun.

Was muss daher ein Kanzler tun, der „um jeden Arbeitsplatz kämpft“? Er muss dafür sorgen, dass niederschwellige Arbeitsplätze entstehen können, denn genau die sind gefragt. Arbeitsplätze, die vom Arbeitgeber ihrem geringeren Wert entsprechend geringer bezahlt werden und die dennoch dem Beschäftigten gleichzeitig einen Mindestlohn garantieren. Unlösbar? Glaube ich nicht, aber man muss einige „eigene Schatten überspringen“ und über sich uns seine Ideologie hinauswachsen.

Arbeitslosigkeit und niederschwellige Arbeitsverhältnisse

In einem unregulierten Arbeitsmarkt, also einem solchen ohne Mindestlöhne und Gehaltstabellen, kann es und wird es auch zu Arbeitsverhältnissen kommen, die unter dem heutigen Mindestlohn liegen. Aber natürlich kann man davon nicht leben. Die logische Folge wären Armut, Kriminalität, Ghetto-Bildung und vieles mehr, alles Dinge, die sich niemand wünscht.

Durch die Festsetzung von Mindestlöhnen zwingt man aber den Arbeitgeber von seinen Angestellten eine Art Mindestleistung zu verlangen, eben eine solche, die diesen Mindestlohn wert ist. Und genau diese Hürde können oft weniger gut ausgebildete Arbeitssuchende nicht überspringen. Sie würden selbstverständlich auch gerne arbeiten, können aber nur etwas leisten was für den Arbeitgeber einen geringeren Wert hat als es dem Mindestlohn entspricht.

Dass sie in der Falle „Mindestsicherung“ landen, erweckt bei dem Rest der Bevölkerung den Eindruck, als wären sie so etwas wie Sozialschmarotzer aber sie befinden sich in einer Falle, aus der nur sehr schwer rauszukommen ist.

Diesen Menschen hat man mit dem Mindestlohn die Arbeitsmöglichkeit genommen, weil ja der Arbeitgeber keine geringer entlohnte Arbeit anbieten darf.

Da aber der Sozialstaat selbst den Mindestlohn eingeführt hat, also eine der Ursachen für die fehlenden Arbeitsplätze für Nur-PflichtschulabsoventInnen, sollte er dessen Nachteil beseitigen, ohne gleichzeitig an der Errungenschaft des Mindestlohns zu rütteln.

Derzeit geschieht das nicht.

Ein Kanzler, der sich auf die Fahnen schreibt, dass er um Arbeitsplätze kämpft, müsste daher etwa folgendes Modell anstreben:

Der Arbeitgeber wird vom AMS eingeladen, sich zu überlegen, ob er niederschwellige Arbeitsplätze (unterhalb des Kollektivvertrags) anbieten könnte, zum Beispiel mit einem Monatslohn von 700 Euro. Das reicht einem Arbeitssuchenden nicht für eine vollwertige Bezahlung. Daher zahlt das AMS dem Arbeitgeber den Rest auf den Mindestlohn für den Fall, dass der Arbeitgeber einen Arbeitssuchenden aus der Schar der Arbeitslosen an diesen Arbeitsplatz bindet. Diese Vereinbarung gilt immer nur für diesen einen Arbeitslosen und diesen einen Arbeitsplatz. Diese Stützung des Lohns erfolgt nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Lohnliste sieht auch für diesen „besonderen“ Arbeitnehmer denselben Lohn wie einem voll qualifizierten Mitarbeiter. Formal bekommt er daher den Kollektivlohn, der aber in diesem Fall vom Arbeitsamt unterstützt wird.

Ich habe keine Angst, dass man das all zu sehr ausnutzt, denn diese Regelung dürfte tatsächlich nur auf die Schar der weniger qualifizierten Arbeitssuchenden angewendet werden.

  • Der Vorteil für den Arbeitgebers: er kann legal Arbeitsplätze definieren, die unter dem Kollektivlohn bezahlt werden
  • Der Vorteil für Das AMS/Sozialamt: es bezahlt ab sofort nur mehr die Differenz vom Kollektivlohn auf den vereinbarten geringeren Monatslohn
  • Der Vorteil für den Arbeitssuchenden: Er bekommt deutlich mehr als nur aus der Mindestsicherung und ist dieser Falle (hoffentlich) endgültig entkommen. Sein Ziel wäre, durch Ausbildungsmaßnahmen dieser Bindung auf den geringerwertigen Arbeitsplatz zu entkommen, und den Platz für den nächsten Bewerber frei zu machen.
  • Der Vorteil für andere Arbeitnehmer: sie werden durch den neuen Kollegen entlastet, weil dieser ihnen gewisse Arbeiten abnehmen kann, die sie vorher einfach miterledigen mussten.

Es wird in aller Interesse liegen, den frisch gebackenen Arbeitnehmer während seiner Tätigkeit weiter auszubilden, um ihn vielleicht irgendwann aus der „Stütze“ weg zu bekommen. Solche Motivatoren sind gefragt.

Bitte und nicht sagen „das geht nicht, das kostet zu viel“, denn wenn die betroffenen Arbeitslosen in der Mindestsicherungs-Falle landen, dann kosten sie pro Monat weit mehr.

Es gibt bereits Ansätze zu einem solchen Modell mit dem Namen „Einstiegsförderung“ aber mir erscheinen diese Modelle zu halbherzig und zu vage formuliert, weil sie von vornherein signalisieren, dass sie diese Förderung nach einer vereinbarten Zeit auslaufen lassen. Wenn wir aber an den Wagenwäscher denken, dann hat sich der Wert seiner Arbeit nach einem Jahr auch nicht erhöht aber die Förderung bleibt bei diesem Modell dann aus, mit der Folge, dass er gekündigt wird. und das ist auch so in der Praxis. Der Betrieb kassiert die Einstiegsförderung und dann geht das Spiel von vorne wieder los.

Arbeitslosigkeit und Migration

Die Versäumnisse reichen weit zurück und man kann die Migration in diesem kurzen Aufsatz nur ansatzweise betrachten.

In der Phase der EU-Integration als unsere Nachbarländer zur EU beitraten, standen beide Großparteien auf der Arbeitsplatzbremse und stemmten sich gegen ein Lohndumping aus diesen Ländern und verhinderten dadurch Migration aus uns kulturell und historisch sehr nahe stehenden Gegenden. Stattdessen erfolgte starker Zuzug von Menschen, deren Kultur uns eher fremd ist. Irgendwie unkontrolliert erfolgte das alles. Praktisch ein vorprogrammierter Konflikt.

Aber Jammern hilft hier nichts, diese Fehler sind passiert und jetzt muss man das Beste aus der Situation machen.

Gehen wir einmal ins Arbeitsamt Laxenburgerstraße, wo ich mit meinem Sohn manchmal zu Besuch bin. Die am Anfang angegebene Statistik enthält noch eine weitere (hinter den Zahlen verborgene) Komponente: die meisten der wenig ausgebildeten Arbeitslosen hier in Favoriten sind Migranten.

Warum das so ist? Weil sie in eine Welt katapultiert worden sind, die nicht die ihre ist. Sie wissen nicht, was man hier von ihnen erwartet. Sie leben ihr anatolisches, balkanesisches oder kaukasisches Leben weiter, im Sinne von Pflichtschule „und Tschüss“. Sie stellen daher einen Großteil der Arbeitslosen, zumindest hier in Favoriten.

Wir haben uns einfach zu wenig um sie gekümmert, würde ich sagen. Und wir tun es immer noch, wir behandeln sie schlecht. Statt den Migranten die beste Ausbildung zukommen zu lassen, damit sie sich hier wohlfühlen und später einen gleichen Beitrag wie alle anderen leisten zu können, lassen wir es zu, dass ihre Kinder nur mit Hauptschulabschluss ankommen.

Wir rauben ihren Kindern die Identität, indem wir sie nicht ihre Muttersprache erlernen lassen, sondern sie mit sechs Jahren mit einer für sie (noch) Fremdsprache konfrontieren.

Und dabei gibt es funktionierende Modelle sprachlicher Minderheiten in Österreich, die zeigen, wie es richtig gemacht wird. Zum Beispiel die der Kärntner Slowenen, der Burgenlandkroaten oder die der Wiener Tschechen.

Insbesondere bei der letzteren Gruppe fühle ich mich zuständig. Die Kinder der Tschechen in Wien besuchen seit Hundert Jahren eine tschechische (nicht eine deutsche) Schule. Sie werden dort in tschechischer Sprache in einem Ganztagsschulmodell unterrichtet. Diese Volksschule hat aber einen Deutschunterricht, der das Ziel hat, dass die Kinder mit 10 Jahren in jede beliebige deutschsprachige Schule wechseln können. Sie können aber auch in der Tschechischen Schule bleiben und dort maturieren, auch in tschechischer Sprache, versteht sich. Da ich selbst einer dieser Absolventen bin und immer noch Tschechisch spreche konnte ich diese Sprache in einigen sehr positiven geschäftlichen Kontakten nach Tschechien und in die Slowakei bis heute verwenden.

Nun kann man dieses Modell nicht auf alle Migranten übertragen, es erfordert, dass es eine gewisse Mindestgröße der Sprachgruppe gibt. Man muss auch erwähnen, dass die tschechischen Schulen von der Tschechischen Republik finanziert werden, etwas, was man mit der Türkei erst ausverhandeln müsste.

Dieses tschechische Modell existiert – von der breiten Öffentlichkeit völlig unbemerkt- seit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Es war aber nicht immer so friktionsfrei. Während der Monarchie gab es ziemliche Kämpfe um diesen Schulbetrieb und die Tschechen mussten ihre Schulen oft in (tschechischen) Gasthäusern unterbringen, weil sie in den Tagen der Nationalismen von den Anhängern Luegers oft handgreiflich angegriffen wurden. Die Reden des damaligen Bürgermeisters Lueger, sofern sie sich auf die Tschechen in Wien bezogen haben, hatten eine große Ähnlichkeit mit jenen des HC von heute. Das sollte uns aber nicht beirren, sondern man sollte die außergewöhnlich fruchtbare Entwicklung dieser Tschechischen Schulen in der Zwischenkriegszeit betrachten, die man sich in einer türkischen Version ebenso gut vorstellen kann.

Man bedenke allein den Vorteil, dass die derzeitige Situation in manchen Wiener Volks- und Hauptschulen mit einem extremen Migrantenanteil tatsächlich für die wenigen deutsch-stämmigen Kinder eine Zumutung ist. Sie ist aber auch eine Zumutung für die türkischen Kinder, denn die müssen hier zwei Lernprozesse gleichzeitig ablaufen lassen. Den gerade unterrichteten Gegenstand und die deutsche Sprache.

Wer ein bisschen in die Entwicklung dieser Beispiel-Schulen zurückschauen will, kann den weitergehenden Artikel „Tschechen in Wien“ lesen.

Das Maximum an Leistung kann man dann von jemandem herausholen, wenn man ihn seinen Möglichkeiten entsprechend vorher bestmöglich ausbildet. Wer weiß, ob nicht viel mehr Migranten eine Matura anstreben würden, wenn man ihnen ermöglicht, die Matura in ihrer Sprache abzulegen, also ähnlich wie man üblicherweise in Französisch maturiert und eben die Möglichkeit hat, dasselbe in Türkisch tut.

Franzosen, die in Wien leben, besuchen das französische Lyzeum, Kinder von Botschaftspersonal oft englischsprachige Schulen. Warum sollten das Türken nicht in Türkisch oder Serben nicht in Serbisch tun dürfen? Das „Goldene Wienerherz“ ist dagegen.

Stellen wir uns einfach vor, wir selbst migrieren nach „irgendwo“, dort wo „irgendeine“ für uns fremde Sprache gesprochen wird und wir können dort unser Kind in eine Schule geben, wo von den Lehrern Deutsch gesprochen wird, mit der Zusicherung, dass unser Kind nach vier Jahren Volksschule auch die „irgendeine“ Sprache gut erlernen wird. Man fühlt sich wie zuhause. Genau so war das Gefühl, als ich in die Volksschule am Sebastianplatz ging. Ich kam von einer ausschließlich tschechisch sprechenden Familie in eine Schule mit tschechisch sprechenden Lehrern. Und der Übertritt in eine AHS mit 10 Jahren war kein Problem. Niemand in meiner späteren Klasse hat auch nur gewusst oder irgendwie registriert, dass ich von einer fremdsprachigen Schule gekommen wäre.

Weil das aber derzeit unseren heutigen Migranten nicht ermöglicht wird, haben die Migranten gegenüber dem Schulsystem ein Misstrauen, das sie bereits von ihren Ursprungsländern mitbringen und das sie hier bestätigt finden.

Weil aber alles das versäumt wurde und man aus einem mir sich nicht erschließenden Grund in „islamische“ und „jüdische“ statt in „“türkische“ und „serbische“ Schulen investiert, ist offenbar der Zug der Vernunft in dieser Frage abgefahren.

Dann hilft in dieser Ausbildungsfrage nur mehr die Maßnahme, das minimale Ausbildungsalter für alle Schüler auf 17 Jahre anzuheben.

Ein Kanzler, der eine Verringerung der Arbeitslosenrate herbeiführen will, kann also aus der Sicht der Migration entweder die Ausbildung dieser Gruppen durch muttersprachlichen Unterricht fördern und diese damit zu einer AHS-Ausbildung motivieren oder/und das bereits im ersten Punkt „Arbeitslosigkeit und Bildung“ angesprochene Modell der Ausbildung bis 17 auf seine Fahnen heften.