Die Beschäftigungsquote von Menschen mit Beeinträchtigungen ist schlecht. Nach dem Behindertenbericht 2008 ist nur etwa ein Drittel der etwa 100.000 begünstigten Behinderten beschäftigt. Betriebe über 25 Angestellte müssen für je 25 Angestellte einen Behinderten einstellen. Tun sie es nicht, wird eine Strafzahlung fällig, die so genannte Ausgleichstaxe, die je nach Betriebsgröße so etwa zwischen 200 und 300 Euro pro Monat pro nicht beschäftigten Behinderten liegt.

Es gibt daneben auch individuelle Förderungen für den Einstieg aber was auch immer diese Förderungen sind, die Anreize sind zu gering und die Behinderten bleiben arbeitslos.

Ich frage mich daher, ob das Sozialministerium in dieser Frage wirklich „alle Register“ gezogen hat, um die Situation der Behinderten zu verbessern. Aus meinen bisherigen Erfahrungen bei der Stellensuche meine Sohnes Florian in den letzten eineinhalb Jahren meine ich, dass da noch viel möglich wäre und dass mein Sohn überhaupt nur dann eine reelle Chance auf Beschäftigung hat, wenn sich am System etwas ändert.

Wenn nicht, dann bleibt mein Sohn arbeitslos, fallweise geringfügig beschäftigt. Mit diesen geringfügigen Beschäftigungen dient er verschiedenen Firmen als Quotengeber. Sein Einkommen ist derzeit etwas bei 500 Euro pro Monat, Mindestsicherung bekommt er nicht, weil ihm seine Großeltern zum 18. Geburtstag eine Lebensversicherung geschenkt haben und er daher über Besitz verfügt. Wenn er mehr Geld braucht, weil wir es ihm nicht mehr zuschießen können, wird er mehrere geringfügige Beschäftigungen annehmen müssen und diese dann in Form einer Ich-AG versteuern müssen und die Sozialabgaben selbst bezahlen müssen. Keine besonders rosige Zukunft für Menschen, die ohnehin ein schweres Los haben.

Was also könnte man tun? Hier eine kleine Auswahl von Ideen, die die Situation meines Sohnes und vieler seiner Leidensgenossen sofort verbessern würden.

Erhöhung der Ausgleichstaxe

Ich stelle diesen Punkt an den Beginn, weil das wirklich eine einfache Änderung mit einer einfach kalkulierbaren Wirkung wäre.

Von jenen Betrieben, die Behinderte einstellen müssen, weil sie mehr als 25 Angestellte haben, erfüllt nur ein Teil diese Verpflichtung. Die anderen die zahlen die Ausgleichstaxe (zwischen 200 und 300 Euro, je nach Betriebsgröße).

Für viele Betriebe ist die Ausgleichstaxe ein lächerlicher Betrag wegen dem man sich noch keine Gedanken um die Schaffung eines geeigneten Behinderten-Arbeitsplatzes macht.

Und das betrifft nicht nur gewinnorientierte Firmen, sondern leider auch staatsnahe Betriebe.

Aus einer Bewerbung meines Sohnes bei einem staatsnahen Betrieb hat man uns gestanden, dass man sich mit der Beschäftigung Behinderter noch nicht auseinandergesetzt hat und daher derzeit die Ausgleichstaxe zahlt. Zur Ehrenrettung dieses Betriebs sei aber ergänzt, dass man Florian gleichzeitig zugesagt hat, seine Bewerbung zum Anlass zu nehmen, diese Problematik grundsätzlich innerbetrieblich zu diskutieren und ihn (Florian) dann zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Das ist aber auch schon eine Weile her.

Der Sprecher der Invalidenverbände meinte in einem Radiointerview Mitte Juli 2013, man müsse die Ausgleichstaxe verdoppeln. Mir selbst erscheint das noch eher zu wenig zu sein.

Geringfügige Beschäftigung sollte keinen Quotenplatz begründen

Derzeit scheint es so zu sein, dass einer Firma auch dann ein Quotenplatz angerechnet wird, wenn sie den Behinderten nur geringfügig beschäftigt. Es gibt Firmen, die sich geradezu darauf spezialisieren.

Florian hat als begünstigter Behinderter zwei Stellen mit geringfügiger Beschäftigung bekommen:

1. Bürotätigkeit, maximal 10 (!) Stunden pro Monat, geringfügig. Die Firma betreibt eine eigene Filiale, die diese „Beschäftigungstherapie für Behinderte“ übernimmt. (Anders kann man einen 10-Stunden-Beruf wohl nicht bezeichnen.) 10 Stunden sind offenbar deshalb als Maximum vorgesehen, um möglichst viele Behinderte beschäftigen zu können und damit eben viele Quotenplätze zu schaffen. Aber keiner der dort beschäftigten Behinderten ist angestellt, alle werden mit 10 Stunden pro Monat „abgespeist“, alle sind weiterhin arbeitslos.

2. Museumsaufsicht, maximal 6 Tage pro Monat, geringfügig. Das Aufsichtspersonal in einem Teil der Museen rekrutiert sich aus Studenten, die alle geringfügig beschäftigt werden. Es ist für die Studenten ein interessanter Zuverdienst und für das Museum eine praktische, sehr flexible, weil nach dem jeweiligen Bedarf praktisch steuerbare Quelle von Personal. Man hat bei der Museumsleitung erkannt, dass man mit diesem Prinzip auch gleich eine zweite Fliege erschlagen kann, nämlich die Beschäftigung Behinderter. Und das war für Florian wie ein Lotto-Sechser. Leider aber gilt auch in diesem Fall, dass es sich um keine Anstellung handelt sondern eine jederzeit auflösbare und in ihrem Ausmaß auf 6 Tage im Monat beschränkte, geringfügige Beschäftigung.

In beiden Fällen war es Voraussetzung, dass Florian zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört, offenbar, weil nur dann die Beschäftigung eines Behinderten formal gegeben ist. In beiden Fällen gibt es keine Hoffnung, dass Florian je eine wirkliche Arbeitsstelle bekommt. Eine entsprechende Bewerbung wurde abgeschickt aber von den Personalstellen einfach ignoriert. Warum? Weil Florian als geringfügig Beschäftigter eine jederzeit kündbare Arbeitskraft ist und dazu noch einen Quotenplatz füllt. Wozu also soll man ihn dauerhaft anstellen? Das ergäbe keinen weiteren Vorteil.

Das kann aber doch nicht die Absicht dieser Quotenregelung sein, denn die Firmen entledigen sich elegant einer regulären Anstellung und belassen daher den Arbeitssuchenden im Zustand der Arbeitslosigkeit, und das AMS kommt für die Zahlungen der Sozialabgaben auf.

Solche „Beschäftigungsformen“ sollten nicht für die Erfüllung der Quote angerechnet werden können.

Eine Grundsatzfrage bei einfachen Berufen

Arbeit ist in niederschwelligen Bereichen zu einem raren Gut geworden und um diese einfachen Jobs bewerben sich Studenten und Pensionisten, um sich etwas dazuverdienen zu können, aber auch geringer qualifizierte Arbeitssuchende und auch Arbeitssuchende mit Beeinträchtigungen.

Müsste ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber nicht auf eine faire Verteilung dieser Arbeiten achten?

Ich meine damit, dass diese Arbeit zuerst jene bekommen sollten, die sonst über kein Einkommen verfügen und erst, wenn dieser Bedarf abgedeckt ist, kann er jene einbeziehen, die sich einfach etwas dazuverdienen wollen, wie etwa Studenten und Pensionisten. Ich finde, dass das ein wichtiger arbeits-ethischer Grundsatz für die Vergabe von Arbeitsplätzen in niederschwelligen Bereichen wäre . 
Alle Personen, die einfache Jobs als Hauptberuf benötigen, weil sie (aus egal welchem Grund) nicht höher qualifiziert einsetzbar sind, wären gegenüber den Zuverdienenden vorzuziehen.

Behinderten-Integration im Schulwesen

Derzeit wird ja viel über das Lehrerdienstrecht diskutiert und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man sich bei Gestaltung des Schulalltags bei Weitem nicht so intensiv in Zeug legt wie bei der Sicherung der Lehrergehälter. Aber auch in den Diskussionen über die Schule der Zukunft wären die Behindertenvertreter gefordert.

Es sollte nämlich selbstverständlich sein, Jugendliche mit Beeinträchtigungen soweit das irgendwie möglich ist und auch wenn es anfangs teurer erscheint, im Regelschulsystem einer Gesamtschule gemeinsam mit allen anderen Jugendlichen zu unterrichten und sie nicht etwa in Schulghettos wie Sonderschulen abzuschieben.

Das soll nicht heißen, dass alle diese Jugendlichen ein gleichmäßig geringes Niveau erreichen sollen, im Gegenteil, fördern soll man die Begabten, wo immer es geht. Aber es ist für das soziale Bewusstsein der eigentlichen späteren Leistungsträger wichtig zu sehen, dass die Gesellschaft zu jedem Zeitpunkt auch für die Benachteiligten Sorge zu tragen hat. Damit würde sichergestellt, dass sich die Eliten nicht in abgehobenen Eliteschulen tummeln sondern diese gesellschaftliche Verantwortung bereits in ihrer Schulzeit miterleben.

Ein solcher gemeinsamer Unterricht hat Vorteile für alle. Integration für die Behinderten, in dem Sinn, dass man ihnen zeigt, dass sie immer zur selben Gesellschaft gehören und nicht ein abgetrennter Teilbereich sind und viel mehr noch hat dieser gemeinsame Unterricht für die normal leistungsfähigen Jugendlichen einen großen erzieherischen Wert, dass sie in einem Klassenverband auf Schwächere Rücksicht nehmen müssen.

Wenn es einmal in Schulen selbstverständlich geworden ist, dass alle Kinder einer Altersstufe in derselben Gemeinschaft unterrichtet werden und dort natürlich auch Behinderte integriert sind, dann werden diese Jugendlichen es später in verantwortungsvollen Berufen selbstverständlich finden, dass man sich auch im Berufsleben um die Behinderten bemühen muss.

Behinderte und ihre Vertreter sollten bei der Neugestaltung der gemeinsamen Schule für eine schulische Integration Behinderter eintreten.

Mitgift für Behinderte

Die Ausgleichstaxe ist ein Bestrafungsmodell. Und es bezieht sich nicht auf alle Arbeitgeber sondern nur auf jene mit mehr als 25 Beschäftigten. Wie wir aber wissen, ist aber die große Mehrzahl der Betriebe klein und alle diese Betriebe müssen sich mit Behinderteneinstellung nicht auseinandersetzen.

Dass man versucht, Behinderte in großen Betrieben zu beschäftigen, leuchtet ein, weil eben einer größeren Wirtschaftseinheit ein solcher Integrationsaufwand eher zugemutet werden kann als einem Kleinbetrieb. Und an diesem Prinzip muss man auch nichts ändern.

Aber man könnte die Beschäftigung vom Menschen mit Beeinträchtigungen auch in Kleinbetrieben fördern, was derzeit aber nicht geschieht.

  • Großbetriebe müssen Behinderte einstellen (bei sonstiger Ausgleichszahlung) wie bisher
  • Kleinbetriebe können Behinderte einstellen (bei gleichzeitiger Förderung) neu

Diese Förderung für Kleinbetriebe ist nun nicht etwas, was man zusätzlich zahlen muss, denn es entfällt ja die Notwendigkeit, den Behinderten über die Mindestsicherung zu erhalten (von ca, 260.000 Arbeitssuchenden bekommen ca. 190.000 die Mindessicherung, das sind fast 75%).

Man hat also in Summe einen mehrfachen Gewinn:

  • einen beschäftigten Behinderten mehr und
  • man muss nur die Hälfte der Mindestsicherung als Förderung an den Arbeitgeber abführen (und erspart die andere Hälfte)
Etwas vereinfacht kann man nach einer Verdoppelung der (derzeit sehr geringen) Ausgleichzahlung sagen, dass ein Großbetrieb, der eine Ausgleichzahlung leistet, einen Kleinbetrieb fördert, der einen Behinderten einstellt.

Derzeit muss sich ein Kleinbetrieb nicht mit Behinderten herumschlagen. Offenbar, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein Behinderter grundsätzlich eine Belastung darstellt und das einem Kleinbetrieb auf wirtschaftlichen Überlegungen nicht zumutbar ist.

In einer Statistik der Unternehmensdemographie aus dem Jahr 2010 der Statistik-Austria erfährt man, dass es in Österreich ca. 400.000 Unternehmen gibt und davon 360.000 mit weniger als 10 Beschäftigten. Aus einer anderen Darstellung (http://www.oear.or.at) erfährt man, dass es ca. 16.000 Einstellungspflichtige Unternehmen gibt.

  • 154.000 Betriebe mit 0 Beschäftigten
  • 167.000 Betriebe mit 1-4 Beschäftigten
  • 43.000 Betriebe mit 5-8 Beschäftigten
  • 43.000 Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten
  • 27.000 Betriebe mit 10-25 Beschäftigten, davon 16.000 einstellungspflichtige Unternehmen und daher 11.000 Betriebe mit 10-24 Beschäftigten

Diese 384.000 Betriebe sind Familienbetriebe oder Betriebe mit höchst familiären Charakter, die insgesamt fast eineinhalb Millionen Menschen beschäftigen. 1.400.000 (154.000*1+ 167.000*3 + 43.000*7 + 27.000*16). Das ist die Hälfte aller etwa 3 Millionen Beschäftigten.

Dem stehen etwa 100.000 Menschen mit Behinderungen gegenüber (http://www.oear.or.at/)

Diese 100.000 Behinderten leben nun nicht auf einem „anderen Stern“ sondern zu einem großen Teil in Familien, deren Mitglieder in einem dieser Kleinbetriebe beschäftigt sind und die daher großes Interesse daran haben, dass ihr behindertes Familienmitglied Beschäftigung findet. Egal wo.

Leider bietet aber das derzeitige Bestrafungssystem den Behinderten nur in Großbetrieben eine Chance.

Es gibt aber kaum jemanden, der nicht im näheren oder weiteren Umfeld einen Behinderten kennt und wenn man den sozialen Zusammenhalt in kleineren Gemeinden bedenkt, dann kann man sich gut vorstellen, dass auch kleine Betriebe bereit wären, einem betroffenen Arbeitskollegen durch die Beschäftigung seines behinderten Verwandten zu helfen, wenn sie dabei ausreichend unterstützt werden.

Und wie gesagt, Geld ist Genug da, denn es wird für den Unterhalt eines Behinderten laufend ausgegeben. Gibt man die Hälfte davon einem Betrieb, der den Behinderten mit allen Sozialabgaben beschäftigt, hat man die Hälfte gespart und Menschen zufriedener gemacht.

Mitgiftprinzip

Man „belohnt“ jeden Arbeitgeber (nicht nur die großen), der einen Behinderten beschäftigt, mit jenem Betrag, der dem Grad der Behinderung entspricht, die der Staat ohnehin aufwenden muss, um den Behinderten zu finanzieren.

Vor allem: der behindert benötigt keinen anderen Schutz als jeder andere Arbeitnehmer auch. Wird das Dienstverhältnis aus irgendeinem Grund aufgelöst, entfällt die Förderung und der Behinderte fällt auf die Mindestsicherung zurück.

Meine Rechnung ist natürlich eine Milchmädchenrechnung. Zu wenig sind mir die konkreten Zahlen bekannt. Bitte daher die Zahlen nicht ganz ernst nehmen.

Nehmen wir daher an, dass ein nicht beschäftigter Behinderter 1000 Euro pro Monat kostet und er hätte eine Behinderung von 50 v.H., dann gibt man dem Behinderten eine „Mitgift“ von 500 Euro/Monat, die jener Arbeitgeber erhält, der ihn beschäftigt. Wenn es sich um eine Teilbeschäftigung handelt, eben anteilig weniger. Wenn die Behinderungsgrad höher ist, eben mehr.

Der Staat spart im Falle einer Beschäftigung 50% des Betrages, den er dem Behinderten am Wege der Mindestsicherung zahlen müsste.

Der Betrieb bekommt eine zwar nicht ganz vollwertig einsetzbare Arbeitskraft, dafür kostet aber dieser Arbeitsplatz weniger und kann sich auch aus kaufmännischer Sicht rechnen. Egal, ob der Betreffende weniger leistungsfähig ist oder weil man ihm Arbeiten überträgt, die sonst teurere Arbeitskräfte ausführen müssten.

Warum ich glaube, dass das funktioniert

1. Eine kleine Firma ist wie eine etwas größere Familie. Wenn einer aus diesem Kreis einen behinderten Angehörigen hat, dann hat dieses Kollektiv einer kleinen Firma ganz einfach ein familiär-kameradschaftlich begründetes Motiv, diesem betroffenen Mitarbeiter zu helfen und seinen Angehörigen zu beschäftigen. Derzeit gibt es aber dafür überhaupt keine Begünstigung. Die Firma hätte nur Nachteile, wenn sie helfen würde. Daher geschieht das auch nicht.

2. Behinderte sind nicht nur dort wo es Großbetriebe gibt; sie sind überall. Und sie sind in der Regel nicht sehr mobil. Man benötigt daher geeignete Arbeitsplätze vor Ort und da gibt es meist nur Kleinbetriebe.

3. Tendenziell fallen den Menschen mit Beeinträchtigungen eher einfachere Arbeiten zu. Aber genau diese Arbeiten wurden durch den technologischen Fortschritt aber auch durch den Mindestlohn wegrationalisiert. Durch den Mindestlohn deshalb, weil jeder Arbeitgeber für diesen Betrag, den er jedem zahlen muss, auch eine entsprechende Gegenleistung fordert. Und einfache Arbeiten sind einfach nicht so viel wert. Also werden sie nicht gemacht oder die höher qualifizierten Beschäftigten müssen sie mit übernehmen.

Ich plädiere daher zusätzlich zum Quotensystem für Großbetriebe für ein Fördermodell für jene Kleinbetriebe, die bereit sind, einen Behinderten einzustellen.