Wien ist eine Stadt aus Ziegel. Die Grundlage dazu wurde bereits vor 15 Millionen Jahren geschaffen als Wien am Rand eines tropischen Meeres lag. Die Abhänge des Wienerbergs und die nördlichen Gegenden des Wiener Beckens sind voll mit dem Grundstoff, aus dem Ziegel gemacht werden, dem Ton. Daher gibt es in diesen Gegenden eine lange Tradition, diesen Ton zu Ziegeln zu formen.

In Wien verbindet man Ziegel mit dem nunmehrigen Weltkonzern Wienerberger. Dessen Gründerväter waren die Unternehmerfamilien Miesbach und Drasche, die im 19. Jahrhundert den Grundstein zur Wienerberger-Konzern gelegt haben. Indirekt waren sie – wenn auch ungewollt – mitverantwortlich für die Gründung der sozialdemokratischen Partei Österreichs.

Alois Miesbach

*1791 Röschitz(Mähren) – †1857 Baden

Alois Miesbach erwarb 1819 als erste Ziegelei jene von Meidling. 1920 pachtete der die staatliche Ziegelei am Wienerberg (gegründet 1775 durch Maria Theresia). Danach erwarb er auch die Herrschaft in Inzersdorf und baute sein Ziegelimperium bis auf 9 Standorte im Wiener Becken aus. Wie sehen hier die Standorte auf einer historischen Landkarte von 1850:

Man sieht, dass die Wiener Innenstadt noch von der Stadtmauer umgeben war und der Linienwall (rot markiert) die Trasse der späteren Stadtbahn vorzeichnete. Im Bild hervorgehoben sind 9 Ziegeleien im Süden von Wien, der Wiener Neustädter Kanal, der von Alois Miesbach für den Transport von Kohle und Ziegeln gepachtet wurde.

Miesbachziegel

In der Biografien von Alois Miesbach ist vermerkt, dass er sich seinen Arbeitern verantwortlich gefühlt hat und einen Teil seines Einkommen für soziale Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Kinderbetreuungseinrichtungen und Stiftungen gespendet hat.

Heinrich Drasche

*1811 Brünn – †1880 Inzersdorf

Nach dem Tod von Alois Miesbach übernahm sein Neffe, Heinrich Drasche das Unternehmen. Er erweiterte die Produktion und wurde zum reichsten Mann von Wien. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm zuteil, zum Beispiel wurde er bei der Weltausstellung in Paris 1867 mit dem Franz-Josef-Orden dekoriert, 1870 durfte er sich Edler von Wartinberg nennen, 1871 wurde er Ehrenbürger von Brünn.

In dieser Landkarte (erstellt 1867-1882) sind die Ziegeleien im Süden von Wien hervorgehoben.

Drasche beschäftigte in seinen Betrieben rund 10.000 Arbeiter, für die er als einer der ersten Unternehmer in Österreich Arbeiterwohnhäuser errichten ließ; er spendete große Summen für humanitäre Stiftungen und errichtete im Zuge der von ihm geschaffenen Sozialeinrichtungen unter anderem einen Pensionsfonds für seine Beamten und „Arbeiter-Cassen“ zur Krankenfürsorge. Seine Familie spielte im Wiener Gesellschaftsleben eine bedeutende Rolle; er besaß die böhmische Herrschaft Pardubitz und Güter in Niederösterreich und Ungarn.

Sein Produkt, ein Ziegel mit den Initialien „HD“.

Die Arbeiter in den Ziegeleien stammten überwiegend aus Böhmen und Mähren und sind bis heute als „Ziegelböhm“ (Ziaglbehm) bekannt.

Nach dem Börsegang der Wienerberger AG 1869 war Drasche nur mehr Ehrenadministrator auf Lebenszeit. Ab diesem Zeitpunkt verschlechterte sich die Situation der Ziegelarbeiter. Die Gesellschaft konnte vom großen Bauboom der Gründerzeit profitieren und schüttete im Jahr 1887 insgesamt 490.000 Gulden an Dividende aus, was einem Gewinnanteil von 12 Prozent entsprach.

Historische Ziegelwerke auf  einer heutigen Landkarte