Am Anfang war ein Bahnhof

Über Favoriten bis zur Eingemeindung

Favoriten ist eine eigene kleine Welt, durch Bahntrassen abgetrennt vom Rest der Stadt. Am Eingang zum FavAC-Platz in der Wieselburgergasse steht: „Sie betreten nun den 10. Bezirk, was vorher war, können Sie vergessen“.

Die Gegebenheiten in Favoriten sind allein durch den Bau der Süd- und Ostbahn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu verstehen. Eigentlich plante der Projektant der Bahnlinien, Freiherr von Sina, diesen Bahnhof am Ufer des Donaukanals etwa an der Wienfluss-Mündung anzulegen, doch das wurde vom Staat abgelehnt, und nur durch diese Ablehnung ist Favoriten wie wir es kennen entstanden.

Der Bezirk ist vom Rest der Stadt durch die Ost- und Südbahn abgetrennt, und nur an wenigen Stellen kann man stadtseitig den Bezirk „betreten“: Längenfeldgasse, Matzleinsdorfer Platz, Südtiroler Platz, Gudrunstraße. Alle diese Straßen unterqueren die Bahntrassen unter teilweise mächtigen Brückenkonstruktionen.

Durch den Neubau des Hauptbahnhofs sind im Osten weitere Außenverbindungen entstanden: Gertrude-Fröhlich-Sandtner-Straße, Canettistraße, Alfred-Adler-Straße, Arsenalsteg und Absbergbrücke/Franz-Grill-Straße.

1841

Bereits 1841 wurde der Vorläufer des späteren Südbahnhofs, der Gloggnitzer Bahnhof errichtet, 1845 der Brucker, später Raaber Bahnhof, der spätere Staatsbahnhof und danach Ostbahnhof. Diese Gebäude hatten nur eine kurze Lebensdauer, denn schon 25 Jahre später wurden sie durch den Staatsbahnhof (ab 1918 Ostbahnhof) und den Südbahnhof ersetzt, woraus man die Bedeutung der Bahn ablesen kann. Die Namen der Bahnhöfe deuten auf die jeweiligen Endstationen Bruck, Raab (Györ), Gloggnitz hin. Bald nach der Fertigstellung der Semmeringbahn 1854 konnte die nunmehr „Südbahn“ genannte Strecke bis Triest befahren werden.

Das Bild eines französischen Malers vermittelt uns die damalige Situation am Bahnhofsvorplatz:

links: Raaber-Bahnhof, mitte: Verwaltungsgebäude, rechts: Gloggnitzer Bahnhof
Nicolas-Marie-Joseph Chapuy  (1790–1858) 

Die Anordnung der Gebäude am Bahnhofsgelände zeigt uns ein Lageplan. Damals war das Bahnhofsrestaurant noch für beide Bahnhöfe gemeinsam in einem zentralen Gebäude untergebracht. Gleichzeitig waren in diesem Gebäude die Verwaltung und Wohnungen untergebracht.

Plan der Bahnhöfe (Blick von der Stadt nach Süden). Die rechts unten dargestellten Heizhäuser schlossen in der Realität rechts oben, am späteren Gürtel, an.

Die Bahnhöfe waren es auch, die die Siedlung außerhalb des Gürtels (außerhalb der Linie) entstehen ließen. Eine Gesamtansicht lässt uns die damaligen Verhältnisse erkennen.

Der wichtigste Eindruck ist, dass der hinter dem Bahnhof dargestellte Laaerberg und Wienerberg fast völlig unbebaut war. Lediglich der Verlauf der durch Bäume flankierte Verlauf der späteren Favoriten- und Laxenburgerstraße sind zu erkennen. Das unterscheidet Favoriten von allen anderen später eingemeindeten Vororten. Es gab keinen bestehenden Ortskern, um den herum dann ein Bezirk entstand. Der Ortskern von Favoriten waren die Bahnhöfe und die ersten Wohngebäude der Bahnarbeiter.

Linienwall

Im Bild rechts unten kann man den Linienwall erkennen. Diese äußere Stadtmauer bestand noch bis 1895. Die Reisenden am Bahnhof kamen also deutlich außerhalb der Stadt an und sahen eine mittelalterlich anmutende Szenerie. Zwischen dem Linienwall, der nicht dem heutigen Gürtel folgte, sondern etwa dem Verlauf der beiden ersten Häuserblöcke folgte (etwa auf Höhe der Weyringertraße) und dem Bahnhof war eine Freifläche mit einer Straße, die der Stadtmauer folgte. Diese Straße hatte damals eine wichtige Versorgungsfunktion, denn im Gebiet von St. Marx war damals ein Viehmarkt (der Schlachthof entstand erst später) und der dazugehörige Schlachthof befand sich in Meidling. Die Tiere wurden auf einer eigenen Verbindungsstraße, die etwa dem heutigen Gürtel folgt, transportiert. An diese Verbindungsstraße erinnert die Straßenbahnhaltestelle „Marx-Meidlinger“ im 12. Bezirk.

Das Bahnareal und auch die ersten Häuser gehörten damals zu Wieden.

Viele Bedienstete der Bahn konnten im Verwaltungsgebäude wohnen, doch die große Zahl der Arbeiter wie Heizer, Weichensteller, Verschieber usw. fanden zuerst im benachbarten Bezirk Wieden innerhalb der Stadtmauer eine Wohnstätte. Doch das Leben innerhalb der „Linie“ war teuer, weil die Stadtgemeinde an den Eingangstoren die „Verzehrsteuer“ einhob. Daher wurden erste Wohnhäuser am Beginn der beiden Hauptstraßen in den Süden für das Bahnpersonal errichtet.

Favoriten um 1950

Der Rote Hof

Das einzelstehende Gehöft an der Favoritenstraße in Bildmitte ist der „Rote Hof“ (heute Rotenhofgasse), ein Betriebsgebäude eines „Fortifications-Ziegelofens“, das 1803 errichtet wurde und bis 1903 bestand. Der Name kommt wahrscheinlich von der roten Farbe des unverputzten Ziegelmauerwerks. Ebenso der Name des heutigen Bezirksteils Rothneusiedl. („Fortifications-Ziegelofen“ nannte man jene Ziegeleien, die für den Bau oder für die Erneuerung von militärischen Befestigungsanlagen verwendet wurden. Erst mit dem Wachstum der Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Bedeutung des Wohnbaus zu.)

Das Alte Landgut

Am oberen Bildrand im Verlauf der Favoritenstraße ist das Alte Landgut, zu erkennen. Und auch dieses Bauwerk entstand rund um einen „Fortifications-Ziegelofen“ und entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel und zu dem luxuriösen Vergnügungslokal „Casino im Landgut“. Zwischen 1844 und 1851 wurde die Einrichtung als „Gasthof zum Landgut“ geführt. Der Standort war nicht die Gegend des heutigen Verteilerkreises mit der Station „Altes Landgut“, sondern lag etwa im Gebiet, das von Inzersdorfer Straße, Favoritenstraße, Troststraße und Ettenreichgasse begrenzt ist.

Hinter den Betriebsgebäuden ist ein Bau zu erkennen. Das könnte ein Vorläufer des „Favoritner Colosseums“ sein. Dieser zirkusähnliche Rundbau war Anfang des 20. Jahrhunderts der Spielort der Löwinger Bühne, die früher als Wanderbühne durch die östlichen Bundesländer zog. Das Colosseum bestand bis 1945 an der Kreuzung Landgutgasse, Sonnwendgasse (heute ein Hochhaus).

Man sieht, dass im frühen 19. Jahrhundert das Gebiet vor der Stadtmauer als Ausflugsziel genutzt wurde, weil Waren dort unbesteuert gehandelt werden konnten.

„Zehnter Hieb“

Bis 1867 wurde das heutige Favoriten, das damals etwa bis zur Quellenstraße bebaut war, von Wieden (östlich der Laxenburgerstraße) und Margareten (westlich von der Laxenburgerstraße verwaltet und hieß „Siedlung von der Favorita-Linie“. Die Eingemeindung als 10. Bezirk und erster Bezirk außerhalb des Linienwalls erfolgte 1874, der erste Bezirksvorsteher war der Gastwirt und Gemeinderat Johann Heinrich Steudel, an den heute die Steudelgasse erinnert. Die Bezirksgrenzen wurden einfach entlang der Bahnlinien gezogen, so als wären sie mit einem Hieb abgetrennt worden, woraus sich der Name „Zehnter Hieb“ abgeleitet hat.

1872

Eine Landkarte aus 1972 zeigt die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bezirkswerdung. Zu dieser Zeit war das Bahnhofsgelände größer als das Siedlungsgebiet, das sich etwa bis zur Gudrunstraße erstreckt hat, Die Gudrunstraße hatte damals entlang ihres heutigen Verlaufs die Bezeichnungen Geißelberger WegKroatengasseBerthagasse und Simmeringer Straße.

Grün markiert sind das Alte Landgut und der Rote Hof.

In der südöstlichen Ecke des Plans erkennt man das Gebiet der Wienerberger Ziegelwerke am Laaerberg, eine abgeschlossene Welt, die damals außerhalb der Stadtgrenzen lag.

Favoriten 1872

Links

Dr. Dominik Wlazny

„HBP Dr. Dominik Wlazny“

Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis eine solche Zeile „HBP Dr. Dominik Wlazny“ Realität werden kann, aber die Talente, die der 35jährige mitbringt sind unübersehbar, und wir unterstützen sie. Nicht, dass man ernsthaft annehmen muss, dass Dominik heute eine solche Wahl gewinnen könnte, aber das nehmen die anderen Kandidaten der teilweise skurrilen rechten Szene auch nicht an.

Unsere Unterstützung hat der Simmeringer Bezirksrat jedenfalls, und es war ein bisschen eigenartig, wie eine solche Unterstützung vor sich geht.

Es wurde zwar in den Medien über die Notwendigkeit der Unterstützung berichtet, nicht aber kannten wir die Fristen. Wir haben es einfach ausprobiert, und man sagte uns, es sei schon seit Anfang Juli möglich gewesen, diese Erklärung abzugeben.

Wie der genau heißt, den man da unterstützt, das muss man selbst wissen, erfahren wir. Gut, dass wir wissen, das sich hinter Marco Pogo der Arzt Dr. Dominik Wlazny verbirgt.

Unsere Adresse wurde geprüft, wir bekamen einen Stempel und – erhielten die Unterstützungserklärung zurück, mit dem Hinweis, dass wir selbst für die Zustellung zu sorgen hätten.

Was an dieser Prozedur so gar nicht gefällt

  • Man kann diesen Antrag nur persönlich, nicht aber über das Internet abgeben. Bei uns in Favoriten ist das weiter kein Problem, doch wer seinen Arbeits- oder Studienplatz in großer Entfernung von seinem Heimatort hat, dem wird dieser Antrag verunmöglicht oder ist unverhältnismäßig aufwändig.
  • Man hat uns nicht eine Liste der möglichen Kandidaten gezeigt, wir mussten selbst wissen, wie unser Kandidat heißt. So gesehen, hätten wir irgendwas auf in das Formular eintragen können, was aber sicher nicht angenommen worden wäre. Das Amt kennt die Namen der Kandidaten, gibt sie aber nicht bekannt. Eigenartig. Es könnte sein, dass ein Formalist auf die Idee kommt, dass nur der wirklich exakte Name, zum Beispiel inklusive Titel, als gültige Unterstützung akzeptiert wird, und wer das nicht weiß, hat eben Pech gehabt. Ich nehme das zwar nicht an, den Eindruck kann man aber haben. Beispielsweise wusste ich nicht, dass Dominik Wlazny einen Doktortitel hat, weil das in der Wikipedia nicht angeführt ist.
  • Dass man die Unterstützungserklärung selbst zustellen muss, hat zwei Aspekte: einerseits kann man sicher sein, dass die Erklärung nicht „verschwindet“. Anderseits fehlt der Servicecharakter eines Amtes.

Immerhin verschaffte uns die Zustellungserfordernis die Kenntnis von Internet-Seiten, die unseren Kandidaten gut beschreiben, Adresse inklusive:

„Wlazny“

Irgendwie klingt das tschechisch, könnte man meinen. Wenn man zum Beispiel „vlasný“ schreibt, könnte man das von „Haare“=“vlasy“ ableiten („vlasný“ = der Haarige). Das stimmt aber nicht. Es gibt keine dieser Schreibweisen als Nachnamen in Tschechien. Überprüfen kann man das auf der Seite „kdejsme.cz“ („Wo sind wir“).


Suche nach

https://www.kdejsme.cz/prijmeni/Wlazny/hustota/
https://www.kdejsme.cz/prijmeni/Wlazn%C3%BD/hustota/
https://www.kdejsme.cz/prijmeni/Vlazn%C3%BD/hustota/

ist erfolglos, ebenso die Namenssuche in https://de.namespedia.com/details/Wlazny, die nur einige Namen in Österreich nennt, aber keinen anderen Ursprung. https://forebears.io/de/surnames/wlazny findet nichts, https://www.ancestry.com/name-origin?surname=wlazny findet zwar 67 Personen dieses Namens, ist aber für weitere Recherchen kostenpflichtig.

Pogos Empire

…befindet sich in Simmering, in der Eyzinggasse. Google Maps bringt uns im Street-View-Modus bis hierher, und tatsächlich ist „Pogos Empire“ auf der Firmentafel am Eingang eingetragen:

Pogos Empire in der Eyzinggasse

Mir erscheinen die rechten Kandidaten skurriler in ihren Ansichten als die zwischen Spaß und Ernst schwankende Kandidatur des Marco Pogo. Als Gegengewicht zu den zum Teil unerträglichen Positionen den anderen Kandidaten ist jede Alternative ein Gewinn.



Ein Krebs kommt selten allein

Was treibt mich ins Krankenhaus?

Im Juni 2021 wähnte ich einen Lymphknotenkrebs nach einer halbjährigen Chemotherapie überwunden und erlebte einen entspannten Sommer mit der Familie, weil die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen kein weiteres Wachstum der Lymphknoten zeigten. Siehe Bericht „Ich hab schon mehr gelacht…“

Im Dezember folgte aber eine CT mit der rätselhaften Formulierung „Raumforderung in der Blase“. Übersetzt: da ist etwas, was da nicht hingehört – ein Tumor. Der vorläufige Arbeitstitel „Blasenkrebs“. Eine OP wurde geplant. Einerseits sollte der Tumor entfernt werden, anderseits sollte eine Gewebsprobe entnommen werden. Ich bekam einen OP-Termin am 1.3.

Beschwerden hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt keine. Doch ab Anfang Februar vervielfachten sich die Toilettengänge und waren zeitweise schmerzhaft, manchmal war Blut im Harn. Wäre ich nicht schon für eine OP vorgemerkt gewesen, hätte ich meinen Urologen aufsuchen müssen.

2022-02-28 Montag

Ich erschien mit einem Haufen Befunde (Blutbild, EKG, Röntgen, OP-Freigabe) in der Station 42 des KFJ (Urologie). Gemeinsam mit mir warteten noch weitere vier Patienten auf die Aufnahme. Es war wie bei einer „Reise nach Jerusalem“, denn jeweils nach etwa einer dreiviertel Stunde wurde einer meiner Leidensgenossen mit einem neuen Termin nach Hause geschickt. Der Grund: Wegen corona-bedingten Personalmangels musste an diesem Tag eine ganze Station geschlossen werden, daher der unerwartete Engpass.

Ich war „der Sieger“. Und warum gerade ich? Ich vermute, dass der Grund die Größe des Tumors war und/oder der Umstand, dass ich von einer benachbarten Abteilung (Onkologie) überwiesen wurde.

Zimmer 18

Das VIP-Zimmer 7 mit Panoramablick auf Wien von meinem ersten Aufenthalt auf der Urologie bekomme ich nicht. Ich lande auf Zimmer 18, ein Doppelzimmer mit schlichter, modernster Ausstattung. Meine Zimmerkollegen waren nicht sehr gesprächig.

Man soll ja nicht fotografieren. Das halte ich aber nicht aus, daher habe ich nur die lustige Wandmalerei als Andenken mitgenommen,

Erinnert an „Tim und Struppi“
Für diesen Blick auf die Wiener Hausberge muss man auf den Gang gehen.

Die Herstellung des „Zugangs“, eines Venen-Ventils, mit dem Flüssigkeiten in den Blutkreislauf eingebracht werden, gestaltete sich schwierig, weil sich die Adern seit der Chemotherapie zurückgezogen haben.

Es gab noch ein „letztes Abendmahl“ und dann ab Mitternacht keine Nahrung mehr und auch keine Getränke.

2022-03-01 Dienstag

Eine Beruhigungspille bekam ich nicht, die Anästhesistin meinte, ich wäre ohnehin ruhig.

Das schlimmste ist ja gar nicht die Operation, weil man davon ohnehin nichts mitbekommt. Das Schlimme ist das Warten auf das Ungewisse. Es dürfte besser sein, weniger zu wissen als sich allzu genau zu informieren, weil man diese Informationen nicht wirklich einordnen kann. Allein der Umstand, dass ich den Tumor im Ultraschall gesehen habe, war sehr verunsichernd. Ein Studium des Abschnitts „Blasenkrebs“ in der Wikipedia verwirrt mehr als es hilft. Man fühlt sich wie ein Todeskandidat. Ich kann mir gut vorstellen, wie es einem Nicht-Nachrichtentechniker geht, wenn er sich in der Wikipedia zum Beispiel über die Maxwell-Gleichungen informiert. Er wird dankbar das Erklärungsmodell annehmen, dass ein Rosenquarz vor Strahlung schützt. (Für ein grundlegendes Verständnis dieser Grundlagen von Elektrizität und Strahlung benötigt man mehrere Semester harter Arbeit.)

Warten von 6:00 bis 16:30. Dann geht’s in den OP-Saal im ersten Stock. Was beruhigt, ist die große Routine, mit der alles vor sich geht. Man wird am Tisch „gekreuzigt“ (Hände und Füße werden fixiert), die Anästhesie wird am Zugang angeschlossen. Dabei wird gescherzt, um die Situation zu entspannen.

Im Hintergrund ein lautes Telefongespräch. Es gibt Zeit, die beeindruckenden Geräte im Operationssaal zu studieren.

Das Telefongespräch geht zu Ende, die Oberärztin kommt und erklärt, dass die Operation verschoben werden müsse. Der Tumor sei so groß, dass man eine Bluttransfusion einplanen müsse und mein Blutbefund dazu zu alt wäre, und die Blutwerte einfach nicht gut genug seien.

Zurück an den Start. Ich komme wieder zurück ins Zimmer 18, und zwei Krankenschwestern versuchen, Blut abzuzapfen. Der ersten gelingt es zur Hälfte, die zweite schafft auch die zweite Hälfte. Geschafft? Leider nein, denn nach einer Stunde muss die Blutabnahme wiederholt werden, weil dem Labor die Blutmenge zu gering war.

Der Ärger über die Verschiebung der OP wurde mehr als kompensiert durch die Entscheidung der Oberärztin, kein Risiko einzugehen. Danke!

2012-03-02 Mittwoch

Am nächsten Tag dauert es bis 14:00, bis ich wieder im OP-Saal lande.

Die Operationsmethode nennt sich Transutherale Resektion, TUR-B oder TUR-P, je nachdem, ob die Blase oder die Prostata bearbeitet wird. Immerhin entsteht keine äußerliche Wunde, weil die Operation über ein Endoskop durch die Harnröhre erfolgt.

Was mich immer wieder beeindruckt, ist die freundliche Atmosphäre aller dieser Teams. Es wird gescherzt, auf einmal weiß man nichts mehr… und erwacht im Aufwachraum.

Hier ist Platz für etwa 10 Betten, jedes ausgerüstet wie die Intensivstationen, die man bei den Reportagen über die Covid-Krise gesehen hat. Man erklärt mir, dass es nur eine Light-Version einer Intensivstation ist, denn es werden nur Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls, Atemfrequenz gemessen.

Mit der Zeit kommt man drauf, dass man einen Katheter eingebaut bekam und man dadurch etwas bewegungseingeschränkt sein wird.

Ich wurde gefragt, ob ich Schmerzen hätte. Als Halb-Indianer berichtete ich über einen gewissen Druck. Gleich kommt eine Schwester mit einer flüssigen Dosis Novalgin, die über einen Einlass und ein eigenes Dosimeter zugeführt wird.

Was mich irritiert hat, waren zwei Blutflecken auf der rechten Hand und ein Zugang, der dort vorher nicht war. Ich erfuhr, dass der Zugang wegen der eventuell nötigen Bluttransfusionen angelegt wurde. Aber die Transfusionen erwiesen sich als nicht notwendig.

Etwa um 18:00 war ich wieder am Zimmer. Geschafft!

Ich habe zur Sicherheit noch eine Novalgin-Tablette genommen, es wäre aber nicht nötig gewesen, Schmerzen hatte ich keine.

2022-03-03 Donnerstag

Die Blase wird gespült. Salzwasser tropft aus einem 3-Liter-Ballon in den Katheter. Blutiges Wasser tritt aus. Bei der Visite wird die Entlassung für Samstagnachmittag oder Sonntagvormittag avisiert.

So ein Katheter ist ein trickreicher Schlauch, der nicht nur den Harn aus der Blase in einen Kunststoff-Beutel ableitet. Man kann über ein Ventil auch Flüssigkeiten in die Harnblase leiten, in meinem Fall eben eine Kochsalzlösung. Das Ende des Katheters wird nach dem Einführen mit einer Flüssigkeit wie ein Luftballon aufgeblasen. Dadurch wird verhindert, dass der Schlauch aus Blase herausrutscht. Durch Heraussaugen der Flüssigkeit mit einer Spritze schließt sich der Ballon, und man kann den Schlauch wieder aus der Harnröhre entfernen.

2022-03-04 Freitag

Die Spülung wird abgehängt. Doch der Urin ist noch blutig. Die Spülung wird wieder angeschlossen. Die Visite verschiebt die Entlassung auf Sonntag.

Absendung des Newsletters 370 von Clubcomputer.

Rapid II gewinnt in Kapfenberg 2:1.

2022-03-05 Samstag

Dieser Bericht wird geschrieben.

Nachdem der Harn immer noch blutig ist, wird die Harnblase mit Wasser manuell mit einer Riesenspritze über den Katheter durchgespült. Jede Menge Blutkrusten kommen heraus.

Am Sonntag soll ich entlassen werden und würde noch das Spiel Rapid-Klagenfurt erreichen, bei dem ein Rapid-Sieg zum Erreichen der Meistergruppe unbedingt erforderlich ist.

Weil ich den Auftrag bekam, viel zu trinken, schaute ich mir den alten Western „Once Upon a Time in the West“ (Spiel mir das Lied vom Tod) an – mehr wegen der tollen Melodien – und trank dabei zwei Liter Wasser.

Es ist mir gelungen, trotz Operation einen täglichen Rapid-Newsletter abzusenden.

2022-03-06 Sonntag

Letzte Ultraschalluntersuchung ergibt ein untypisches Bild einer leeren Harnblase mit Harnresten „irgendwo“. Die Entlassung wird auf Montag verschoben, die Harnblase muss noch einmal untersucht werden.

Nichts ist es also mit dem Besuch des Fußballspiels!

Die Untersuchung am Nachmittag ergibt eine gestaute rechte Niere. Aber wegen moderater Nierenwerte ist keine Gefahr im Verzug.

2022-03-07 Montag

Die Entlassungsprozedur dauert bis 12:00, dann mit dem Bus zum Reumannplatz. Der Eissalon Tichy wird am kommenden Freitag öffnen.

Tichy: Saisonstart am 11.3.

Ich kaufe Süßes beim Felber und ein Mittagessen beim Duran, dann schaue ich noch beim neueröffneten Kent im Domenig-Haus vorbei, das seine Speisen auch über die Gasse und auch für Zustellung anbietet.

Kent, ein wiedereröffnetes Restaurant mit türkisch-levantinischer Küche.
Im Domenig-Haus in der Favoritenstraße.
Alle Speisen zum Mitnehmen und mit Zustellung.

Irritation

Ein Clubmitglied hat mich auf zwei Fehler in unseren Aussendungen aufmerksam gemacht. Als er erfährt, dass ich im Krankenhaus liege, startete er die Klassiker der Systemgegner. Die Schulmedizin sei in völliger Abhängigkeit von der Pharmaindustrie, man solle sich auf alte Heilmethoden besinnen, dann brauche man kein Spital. Er werde mir Unterlagen senden. Klarerweise war mein Gegenüber nicht geimpft, wie er mir bedeutet hat.

Dass allerlei alternative Meinungen existieren, war sicher immer schon so, das Problem ist heutzutage, dass sich die Dummheit durch soziale Netze organisiert und verbreitet. „Unterschätze nie die Macht dummer Leute, die einer Meinung sind.“ (zugeschrieben Kurt Tucholsky) Und die Frage ist, wie groß der Anteil solcher Wähler – in Kombination mit einem geeigneten „starken Mann“ – sein darf, bis ein demokratisches System kippt.

Als sich Putin so um das Jahr 2007 durch Verfassungsänderungen eine zweite und danach auch weitere Amtszeit genehmigt hat, war ich beunruhigt. „Macht braucht nur, wer Böses vorhat. Für alles andere genügt Liebe“ (Charly Chaplin). Es gab sicher den Punkt in der Karriere des Wladimir Putin, an der einer seiner Mitstreiter ihm hätte den freundschaftlichen Rat geben können: „Towarisch Putin, das steht so nicht in unserer Verfassung, das ist nicht unser Russland“. Aber dieser Punkt wurde übersehen und die Machtfülle nahm in einer Art zu, wie man sie vorher nur bei Stalin und Hitler gekannt hat. Dass so weitreichende Entscheidungen wie ein Krieg tatsächlich von nur einer Person getroffen werden und die, die eventuell mitreden könnten, sich vor jeder Wortmeldung fürchten, so wie seinerzeit Bulganin, Beria, Gromyko und Chruschtschow sich nicht einmal getraut haben, einen Arzt zu holen, angesichts des Zusammenbruchs von Stalin, 1953 Link, zeigt, dass alle Kontrollmechanismen eines Staates ausgehebelt worden sind und nur mehr die Angst regiert, die Angst vor der Macht des Orban, Putin, Kim Jong-un.

Teamwork

Was den medizinischen Laien beeindruckt, ist die Maschinerie des Krankenhauses. Es gibt mehrere Ebenen: die Krankenträger, das Reinigungspersonal, die Speisenträger, die Pfleger, die diplomierten Pfleger, die Ärzte in Schulung, die Ärzte und die Vorstände. Zu dieser vertikalen Struktur kommt Ausbildung auf allen Ebenen.

Ein Spital bildet mit seiner „Hardware“ eine Einheit mit dem Personal. Ein Spital allein kann gar nichts, aber gemeinsam mit dem Personal erzeugt es das emergente Prinzip der „Heilung“, auch wenn kein einzelner Teil allein das könnte.

Multikulti

Eine Krankenschwester kommt aus Bratislava, eine andere aus Budweis. Beide pendeln nach Wien. Beide sind interessante Gesprächspartner für einen Wiener Tschechen. Die Dame aus Bratislava ist eigentlich Juristin, doch in diesem Beruf bekommt sie in der Slowakei nur etwa 700 Euro. Beide haben eine kleine Wohnung in Wien. Die Dienstzeiten sind so angelegt, dass sich das Pendeln auszahlt. Eine weitere Krankenschwester kommt ursprünglich aus Kinshasa (Republik Kongo), sie ist aber bereits sehr lange in Wien. Zwei Pfleger und eine Pflegerin kommen von den Philippinen. Mein betreuender Arzt auf der Onkologie kommt aus Siebenbürgen. Die größte Überraschung aber ist eine schwarze Krankenschwester auf der Onkologie, die nicht aus Afrika, sondern aus Hernals kommt und mit reinster Wiener Mundart spricht.

Routine

Wie schwerwiegend die Erkrankung eines jeden Einzelnen ist, ist völlig belanglos. Alle werden gleichbehandelt. Keiner wird bedauert, alle werden motiviert. Wie man die eigene Erkrankung einschätzen muss, erfährt man nicht immer, weil auch die Ärzte es nicht ad hoc wissen – und auch, weil zu viel Information an dieser Stelle eher heilungshemmend wirkt.

Hilfsbereitschaft oder Machtausübung?

Schule, Bundesheer, Krankenhaus. Das sind jene Stationen, die eine Sozietät von seinen Individuen abverlangt und denen man nicht entkommt. Man gibt seine Identität ab und betritt eine Welt mit völlig neuen Regeln. Die Rollen sind klar verteilt. In der Schule akzeptiert man, dass man etwas lernen muss. Beim Bundeheer muss eine gegebene Hierarchie akzeptiert werden. Im Krankenhaus gibt man seinen sonstigen zivilen Status ab und wird zum Patienten. In allen Fällen übt die Organisation, der man temporär angehört, Macht aus.

Ich frage mich, was die Motive für einen Sozialberuf sind. Ist es tatsächlich eine Neigung zur Hilfsbereitschaft oder ist es (auch) der Umstand, dass man – wenigstens temporär – eine ziemliche Macht über andere Menschen hat.

Woher kommt der neue Tumor?

Die Art des Tumors wird vom Pathologen festgestellt werden. Meine Frage, ob es sich bei dem Tumor wieder um ein Lymphom handeln kann, beantwortete ein Arzt so: Er hat schon viele Blasentumore behandelt, aber bei allen diesen Tumoren war nur ein einziges Lymphom dabei.

Ich stelle mir die Frage, ob es oft vorkommt, dass man zwei verschiedenartige Krebsarten unmittelbar nacheinander bekommt, oder ob nicht die zweite Krebserkrankung mit der ersten in Zusammenhang steht.

Tumorzellen bilden sich in jedem Menschen, und im Normalfall wehrt die Immunabwehr diese Zellen ab. Während einer Chemotherapie wird aber die Immunabwehr absichtlich reduziert, damit das Gift auf die schnellwachsenden Tumorzellen wirken kann. Funktioniert bestens, wie ich selbst erleben durfte.

Diese reduzierte Immunabwehr hat aber zum Beispiel den Nebeneffekt, dass alle Arten von Impfungen keine Antikörper bilden. Auch das konnte ich durch Antikörper-Tests nach Corona-Impfungen feststellen. Der Test ergibt 10 Tage nach der dritten Corona-Impfung, dass ich keine Antikörper gebildet habe.

Es könnte daher sein, dass ein zufällig sich bildender Tumor nach einer überstandenen Krebserkrankung wegen der nicht vorhandenen Immunabwehr sich sehr rasch ausbreiten kann, dass also mein Blasenkrebs überhaupt nur durch die Therapie nach dem Lymphknotenkrebs hat entstehen können oder wenigstens, dass sein rasches Wachstum diese Folge war. Wenn das stimmt, kann Chemotherapie möglicherweise ziemliche Nachwirkungen haben.

Weitere Vorgangsweise

Bei einem Ambulanztermin in der urologischen Ambulanz wird das Ergebnis der histologischen Untersuchung besprochen. Das Onko-Board im KFJ ist ein interdisziplinäres Gremium, bei dem jeder einzelne Fall von Ärzten verschiedener Fachdisziplinen bewertet und die weitere Therapie festgelegt wird.

Das kann in meinem Fall eine Wiederholung der Chemotherapie des Vorjahrs sein (wenn es sich um ein Lymphom handelt) oder etwas ganz anderes, zum Beispiel eine lokale Chemotherapie in der Blase, vielleicht sogar nichts weiter, wer weiß.

Es ist wie im Fußball: so lange nicht der Schlusspfiff ertönt, hat man noch eine Chance.

2022-03-15 Urologische Ambulanz

Der histologische Befund zeigt, dass der Blasentumor nicht von der Sorte „Blasenkrebs“ war, sondern ein Lymphom. (Wie ein Lymphknoten in die Blase hineinwachsen kann, weiß ich nicht, dazu muss man mehr von Medizin verstehen.)

Da diese Lymphome dazu neigen, überall auftreten zu können, ist eine lokale Behandlung in der Blase (wie bei einem Blasenkrebs) nicht das Richtige. Man muss mit einer Chemotherapie dem ganzen Körper den Kampf ansagen.

Sechs Nächte noch, dann geht es wieder los: Sechs Chemozyklen, jeweils eine Woche Krankenhaus und zwei Wochen zu Hause, insgesamt also 18 Wochen, wenn alles gut geht, wäre ich am 25. Juli fertig.

Irgendwann bleib i dann durt…

Heute bin ich optimistischer, weil ich erleben konnte, wie leistungsfähig unsere Spitäler sind.

Aber im September 2020 war meine Situation bedenklich. Einfache Anstrengungen wie Stiegen steigen waren nicht möglich, die Beine waren angeschwollen (weil die Lymphknoten den Plan verloren haben, die Flüssigkeit zu verteilen), ein solcher Lymphknoten im Bauchraum hat den Harnleiter der rechten Niere so abgequetscht, dass die Niere einen künstlichen Ausgang benötigt hat und aus der Lunge zwei Liter Wasser abgepumpt wurden.

In dieser hoffnungslosen Lage fiel mir dieses Lied ein. Nicht in Griechenland aus einer Insel würde ich bleiben, sondern ganz banal in einem Krankenhaus.

Aber mit jedem weiteren Tag in Behandlung besserte sich die Lage. Das Wasser verschwand, das Hämoglobin stieg wieder an und nach 5 Monaten konnte ich wieder einen normalen Arbeitstag bewältigen.

Nach allen diesen Erfahrungen gehe ich mit mehr Optimismus in die zweite Chemotherapie.

2022-04

Es kommt anders als man denkt.

Eine Chemotherapie reduziert die Lymphome mit Gift, das auf schnellwachsende Zellen wirkt. Manchmal beseitigt die Chemotherapie die Krebszellen, manchmal nicht. Bei mir nicht.

Meine Annahme, es würde wieder eine Chemotherapie werden, war falsch. Die Ärzte im Onko-Board haben beschlossen, mir eine Immuntherapie im AKH zu verordnen, die aber erst im Sommer beginnen kann. Um die Wartezeit zu nutzen, bekomme ich vier Zyklen einer Antikörpertherapie, die das Ziel hat, die Eigenabwehr des Körpers zu stärken und zu motivieren, den Tumor selbst zu bekämpfen. Diese Therapie hat praktisch keine Nebenwirkungen.

Es gab aber Schwierigkeiten, die Venen-Zugänge herzustellen. Mehrere Ärzte bemühten sich vergebens, Venen zu finden. Das war nicht immer so. Noch vor zwei Jahren ging das problemlos. Doch scheint sich der Körper unter dem Einfluss der Chemotherapie umgebaut zu haben. Es kann natürlich auch sein, dass es einfach ein Alterungsprozess ist.

Ich bekam einen Port-a-Cath (Port-Katheter), einen permanenten Venenzugang auf der rechten Brustseite in der Gegend des Schlüsselbeins einoperiert. Und anders als bei Operationen in Vollnarkose erfolgt diese Operation mit lokaler Betäubung. Es ist also eine Gelegenheit, die eigenen Ängste wieder einmal überwinden zu lernen.

Die Onkologie beauftragte eine Nierenuntersuchung in der urologischen Ambulanz. Diese ergab, dass meine rechte Niere eine Schrumpfniere ist und praktisch nichts zum Harnaufkommen beiträgt. Diese Veränderung der Niere wurde wahrscheinlich durch den Druck des Tumors herbeigeführt. Der Arzt empfahl, einfach abzuwarten, weil diese Problematik schon seit Jahren besteht und sich seither nicht viel verändert hat. Bei einer weiteren Verringerung der Durchflussmenge wären unangenehme Maßnahmen zu befürchten, wie zum Beispiel ein künstlicher Nierenausgang oder gar eine operative Entfernung der Blase. Hoffentlich bleibt dieses Szenario möglichst lange in der Ungewissheit der Zukunft.

Im April folgt noch die zweie Antikörpertherapie, und Anfang Mai soll die dritte folgen, doch der routinemäßige Corona-Test vor der Aufnahme ist positiv und die Therapie muss warten.

2022-05

Die nächsten sechs Wochen stehen im Zeichen eine ziemlich heftigen Corona-Erkrankung, die langwierig zu werden scheint. Als die Schluckbeschwerden unerträglich werden, rufen wir 1450. Doktor Nguyen diagnostiziert eine doppelseitige Angina, die mit einem Antibiotikum bekämpft wird, Nach einer Woche gehen die Schluckbeschwerden zurück.

2022-06

Erst in der zweiten Juniwoche wird der Corona-Test negativ, und die Antikörpertherapie kann mit dem dritten Zyklus fortgesetzt werden. Danach folgt eine PET-CT am Klinikum-Landstraße Die PET-CT zeigt immer noch eine durch den Tumor verdickte Harnblasenwand.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle anmerken, dass es mir sehr gut geht. Ich kann zwar nichts planen, weil ich immer gegenwärtig sein muss, ins Spital gehen zu müssen. Aber der sonstige Alltag ist entspannt, wir verbringen die heißen Stunden im „Tschuschenaquarium“. Für uns ist es das Dragonerhäufl am Romaplatz gegenüber vom Gasthaus Birner. Aus Sicherheitsgründen haben wir neuerdings eine chinesische Schwimmboje dabei, die einzige mit praktischen Handgriffen

2022-07

Ein vierter Zyklus der Antikörper-Therapie wird im KFJ durchgeführt. Ich bekomme bei einem Ambulanztermin eine Injektion mit Corona-Antikörpern, weil mein Immunsystem nach den Corona-Impfungen selbst keine Antikörper ausbildet. Nach einigen Tagen kommt ein Anruf vom KFJ, dass ein Behandlungstermin im AKH bei Frau Professor Worel vereinbart werden konnte.

AKH

Der Besuch zu einem Vorgespräch im AKH war ein Erlebnis. Einerseits die Wanderung durch das riesige Gebäude, dann ein netter Arzt, der mich gleich zur Behandlung mitnehmen wollte. Erst eine Kontrolle des Geburtstags ergab, dass es sich um eine zufällige Namensgleichheit mit einem anderen Patienten „Franz Fiala“ gehandelt hat.

„Worel“ ist en tschechisch klingender Namen, obwohl man im Tschechischen „Vorel“ schreiben würde. Frau Worel stammt aus einer sudetendeutschen Familie in Tschechien, wie sie mir erzählt hat (daher das „W“ statt des „V“). Im Tschechischen ist „orel“ der „Adler“ und „vorel“ dasselbe, mundartlich betont. Überhaupt kommt man sich gar nicht wie ein Patient vor, so kameradschaftlich wird man in den Spitälern behandelt.

Das Gespräch zeigt, dass ich für ein ganz besonderes Verfahren vorgesehen bin. Erst 2019 hat das von Novartis und Frau Professor Worel am AKH entwickelte Verfahren KYMRIAH die Zulassung in den USA und in der EU bekommen. Vielleicht braucht man in dieser Frühphase einfach Tester, und da ich alle anderen Therapien sehr gut vertragen habe, könnte das den Ausschlag gegeben haben. Eine Recherche im Internet zeigt, dass die Kosten für eine solche Behandlung in der Größenordnung der Kosten eines Einfamilienhauses liegen. Ich bin kein Oligarch, kein Schein, nicht der Wiener Bürgermeister und nicht einmal der Rapid-Präsident, einfach der Fiala aus Favoriten.

Etwas makaber ist der Werbespruch von Novartis: „Geld zurück, wenn der Patient verstirbt.“ Man weiß nicht recht, was man davon halten soll. Ist Novartis so überzeugt von der Wirksamkeit der Therapie oder will man den Kostenträger von den enormen Kosten ablenken. Wenn alle Patienten versterben, kostet das Ganze gar nichts, überleben alle, wäre das ein voller wirtschaftlicher Erfolg für das Unternehmen. Man kann sich vorstellen, dass man unter dieser Randbedingung die Patienten sehr gut auswählt und daher meine Chancen vielleicht gar nicht so schlecht stehen, dass die Therapie wirkt.

Der Assistenzarzt in der AKH-Abteilung sagte es so: „Wenn man schon schwer erkrankt, dann sollte man in Wien leben“. Das hat mir schon mein verstorbener Freund Ferdinand de Cassan erzählt. Er hatte eine Leukämie, war ein ganzes Jahr in einem Isolationszimmer am AKH und wurde auch mit einer sehr teuren Therapie behandelt. Tatsächlich konnte er ein Jahr lang an unseren gemeinsamen Projekten teilnehmen. Nach einem Jahr aber, war der Krebs stärker.

Leukämie und Lymphom sind insofern verwandt, als beide mit derselben Methode KYMRIAH bekämpft werden.

KFJ

Damit diese Therapie am AKH durchgeführt werden kann, braucht das AKH einen eigenen Katheter am Hals, weil meine Hand-Venen für einen solchen Zugang als ungeeignet bewertet werden. Diese kleine Operation wurde an das KFJ delegiert und wird dort ausgeführt. Danach werde ich mit der Rettung (!) ins AKH gebracht. Jeden Tag ist ein Corona-Test fällig.

Vereinbart war, dass ich am Sonntag ins KFJ komme. Am Freitag – wir kaufen gerade im Merkur ein – ruft mich Oberarzt Hofinger aus dem KFJ an, ich möge doch schon am Samstag kommen, denn es wäre nur mehr ein Bett frei. In jedem anderen Fall hätte man mich ohne freies Bett einfach nach Hause geschickt, in diesem Fall war es aber auch für das KUMRIAH-Projekt wichtig, dass der Patient auch verfügbar ist.

Ich möchte noch einmal betonen, dass es mir subjektiv sehr gut geht, und dass ich keine krankheitsbedingten Wehwehchen habe, sieht man von einer kleinen Kurzatmigkeit ab, die durch einen niedrigen Hämoglobinwert bedingt ist. Der Krebs hat zur Folge, dass alle relevanten Blutbestandteile zu gering sind („Panzytopenie“). Da auch die Thrombozyten betroffen sind, werde ich vor dem Eingriff eine Thrombozyten-Infusion bekommen.

Vielleicht ist auch mein allgemein guter Gesundheitszustand wesentlich für meine Auswahl für die KYMRIAH-Therapie. Ich bekomme das letzte Bett in einem Einzelzimmer.

KYMRIAH

Diese KYMRIAH-Therapie wird nur einmal verabreicht. Am Dienstag wird mein Blut in einer Zentrifuge in seine Bestandteile aufgespaltet und die weißen Blutkörperchen entnommen. Sie kommen ins Novartis-Labor und dort in einem komplexen Prozess „bewaffnet“, in dem aus den T-Zellen sogenannte CAR-T-Zellen geformt werden (Chimärer Antigen Rezeptor). Die T-Zellen sind danach in der Lage, die Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Nach der Entnahme der Blutbestandteile muss man 3-4 Wochen warten. In dieser Zeit kann eine Überbrückungstherapie angesetzt werden.

Makabrerweise gibt es von Novartis eine Geldzurück-Garantie im Todesfall. Bezahlen muss der Kostenträger nur, wenn die Therapie klappt und der Patient eine vorher definierte Zeit überlebt. „Geld zurück, wenn Patient verstirbt.

2022-08

Einige Tage von der Infusion der CAR-T-Zellen wird eine spezielle Chemotherapie durchgeführt. Duch sie wird die Zahl der Immunzellen verringert, um Platz für die CAR-T-Zellen zu schaffen, damit sich diese besser vermehren können.

Der Vorteil dieser Therapie ist, dass man keine Abstoßungsredaktionen durch ein fremdes Spenderblut zu erwarten hat.

Wahrscheinlich wird nach einiger Zeit wieder eine PET-CT am Klinikum Landstraße angesetzt. Man kann nur hoffen, dass die aufwändige Prozedur geholfen haben wird.

Was ist „dumm“? Wie erkennt man es?

Wenn Du die Zitate am Ende studierst, wirst Du finden, dass schon allein die Bewertung eines Dummen als solchen dumm ist. Vielleicht sollen man besser von Dummheiten sprechen statt von dummen Menschen.

Ich behaupte, dass jeder – auf seine Weise – dumm ist. Das sagt uns schon das französische Sprichwort, dass jeder der Trottel eines anderen ist (siehe weiter hinten). Bevor wir uns gegenseitig „Dummkopf“ nennen, kehren wir einmal vor der eigenen Tür.

Stell Dir vor, Du gehst aus der Wohnung und hast die Autoschlüssel vergessen. Das merkst Du erst, wenn Du vor dem Auto stehst. Man selbst würde ja nicht sagen, dass das dumm war, es war nur eine Unachtsamkeit. Aber mit der Dummheit ist das ganz genauso. Man merkt sie erst, wenn man vor einem Problem scheitert. Dann nämlich muss man es sich eingestehen, dass es Hürden gibt, die man (ohne weiteren Einsatz von Zeit und Lernaufwand) nicht überwinden kann. In dieser Sache ist man offenbar dumm.

Aber es ist nicht möglich, sich in allen Lebensbereichen ein Gescheiter zu sein, in den allermeisten Fällen tut man gut daran, sich mit Profis zu verbünden und sich einzugestehen, dass die das besser können.

Wir scheitern weniger oft, wenn wir uns nicht auf Experimente einlassen, wenn wir also etwas Bekanntes wiederholen, statt uns auf etwas Neues einzulassen. Mit jeder Wiederholung von Bekanntem steigern wir die Routine und auch unser Selbstvertrauen – das Selbstvertrauen der Dummen.

Nehmen wir aber Herausforderungen an und beschreiten neue Wege, scheitern wir oft, denn Lernen ist keine einfache Sache, Lernen erfordert, dass man sich verändert und das ist eben anstrengend. Um den richtigen Weg zu finden, benötigt es oft vieler Versuche, die alle erfolglos sind – bis auf den letzten, den erfolgreichen. Aber dem Erfolg sind viele Misserfolge vorausgegangen, die Zweifel haben entstehen lassen – die Zweifel der Lernenden.

Gegenteil der Dummheit

Ich würde der Dummheit nicht unbedingt eine „Gescheitheit“ gegenüberstellen, sondern eher Lernbereitschaft, die dazu geführt hat, dass man in einer Sache kompetent geworden ist, man ist ja nicht a priori gescheit. Apriori ist man nur dumm. In den allermeisten Dingen sind wir alle dumm, nur in den ureigensten Spezialgebieten haben wir so etwas wie eine Ahnung.

Dumm ist, wenn jemand Dummes tut. Dummheit dürfte nicht an einen bestimmten Ausbildungsstand oder an hohe Intelligenz gebunden sein. Dumm kann jeder sein, auf jedem Niveau.

Dummheit und Intelligenz

Intelligenz kann nie schaden, oder doch? Wer weniger intelligent ist, aber auch „höhere Gipfel erklimmen“ will, muss sich dazu deutlich mehr anstrengen als seine intelligenteren Mitbewerber. Aber diese Anstrengung formt uns! Sie lehrt, dass man mit Anstrengung persönliche Grenzen überschreiten kann. Und so kann es passieren, dass der „Dümmere“ den Gipfel erreich und der „Intelligentere“ nicht.

Das hat auch mit Blondinenwitzen zu tun. Wer ein ansprechendes Äußeres besitzt, hat mehr Chancen. Das ist vielfach erwiesen, Er/Sie hat es nicht gelernt, für ein Ziel zu arbeiten, es ist ihm/ihr praktisch in den Schoß gefallen. Man könnte verkürzt sagen, dass ansprechendes Äußeres zur Dummheit verführt.

Ein tolles Filmdokument für den „Sieg der Dummheit über die Intelligenz“ sieht man in Staffel 6, Folge 6 „Teuflische Intelligenz“ der Columbo-Serie. In einem Club von Menschen mit einem hohen IQ passiert ein Mord und wurde von einem sehr intelligenten Menschen geplant und durchgeführt und man könnte der Meinung sein, dass eben diese überragende Intelligenz eine Aufklärung unmöglich macht. Columbo erklärt auch an einer Stelle, warum die Aufklärung dennoch möglich war, denn er könne sich eben mit Fleiß und Zeit Dinge erarbeiten, die ohne diesen Arbeitseinsatz nur den Hochintelligenten offen stehen.

Niemand ist ausgeschlossen

Es ist eine Eigenschaft der Dummheit, dass davon niemand ausgeschlossen ist, alle spielen auf irgendeine Weise mit – sogar Nobelpreisträger, wie man zuletzt am Beispiel von Peter Handke trefflich beobachten konnte. Unumstrittene Meisterwerke können neben größten Persönlichkeitsmängel in derselben Person zu Hause sein, wie man an den Interviews des Dichters ablesen kann. Die Intelligenz des wahrscheinlich berühmtesten Mathematikers des 20. Jahrhunderts, Kurt Gödel, reichte nicht aus, seinen Verfolgungswahn zu erkennen. Kurt Gödel verhungerte, aus Angst vor Vergiftung durch Speisen.

Was ist Dummheit?

Dummheit erster Art

Das Leben bietet uns laufend zu lösende Rätsel an, denen wir uns stellen müssen. Man ist also aufgefordert, Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und dann danach zu handeln. Als dumm bezeichnet man jene, die diese Gesetzmäßigkeiten nicht erkennen. Dazu zählen dann auch alle Handlungen, die wegen dieser Fehlinterpretation gesetzt werden.

Dummheit zweiter Art

Jemand sucht und findet Gesetzmäßigkeiten, obwohl es keine gibt.

Peter R. Hofstätter

Diese Phänomen finden wir in der Esoterik, der Religion und es hat auch in einem Experiment seinen Niederschlag gefunden. In diesem Experiment werden Probanden aufgefordert, bei einem Glücksspielautomaten festzustellen, wie man zwei dort angebrachte Tasten betätigen muss, um zu einem höheren Gewinn zu kommen. Die Probanden stellen alle irgendeinen Zusammenhang her (offenbar weil ihnen das durch die Aufgabenstellung suggeriert wurde). Die Auflösung ist aber die, dass diese beiden Tasten mit dem Spiel überhaupt nicht in Verbindung stehen. Wir dürften also unser Weltbild mit Erklärungen ergänzen, die der Realität nicht entsprechen. Und wir stellen dabei Beziehungen zwischen Ereignissen her, zwischen denen keinerlei Beziehung besteht.

Dummheit und Selbstvertrauen

Interessanterweise besteht ein direkter, statistischer Zusammenhang zwischen diesen beiden Eigenschaften. Für diese – wahrscheinlich schon sehr alte Erkenntnis – gab es im Jahr 2000 sogar den Ig-Nobelpreis im Bereich Psychologie. (Dunning-Kruger-Effekt)

Das Selbstvertrauen, dass ein Unwissender aufbaut ist aber auch gleichzeitig ein Hindernis zur Überwindung dieses Unwissens.

Es gibt immer wieder Neues zu erlernen, sei es Facebook, ein Fahrkartenautomat, ein Führerschein oder ein Smartphone. Und natürlich gibt es Menschen, die diesen Neuerungen nicht gewachsen sind und scheitern.

Aber es gibt auch jene, die eine Neuerung ablehnen, weil sie aus Bequemlichkeit den Lernaufwand scheuen oder weil sie sich eingestehen müssten, etwas nicht zu wissen und diese Eingeständnis ihr Selbstvertrauen vermindern würde. Dann passiert es, dass sie dieses Neue als blöd hinstellen; man brauche das nicht, und daher müsse man sich keine Gedanken darüber machen.

Zitatsammlung

„Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher und die Gescheiten so voller Zweifel sind.“

Bertrand Russell

„Streite dich nie mit einem Dummkopf; es könnte sein, dass die Zuschauer den Unterschied nicht bemerken.“

Mark Twain

„Die Herrschaft der Dummen ist unüberwindlich, weil es so viele sind und ihre Stimmen genauso zählen wie unsere.“

Albert Einstein

Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe.“

René Descartes

„Niemand urteilt schärfer als der Ungebildete. Er kennt weder Gründe noch Gegengründe und glaubt sich immer im Recht.“

Anselm Feuerbach

„Warum muß der Gerechte so viel leiden auf Erden? Warum muß Talent und Ehrlichkeit zugrunde gehen, während der schwadronierende Hanswurst sich räkelt auf Pfühlen des Glücks und fast stinkt vor Wohlbehagen?“

Heinrich Heine

Robert Musil benennt das Paradox, dass jeder, der über Dummheit spricht, voraussetzt, über den Dingen zu stehen, also klug zu sein, obwohl genau diese Anmaßung als Zeichen für Dummheit gilt. Über die Dummheit (Rede 1937)

Robert Musil

„On est toujours le con de quelqu’un.“ (Man ist immer der Trottel eines anderen.)

Jean Dion

Die Leut‘ san alle deppert, außer mir.

Georg Danzer

„Extreme Ansichten stammen oft von Menschen, die das Gefühl haben, komplexe Themen besser zu verstehen als sie es tun.“

Philip Fernbach

Es gibt ein Gedicht, vielleicht ist es von Trude Marzik, jedenfalls wurde es von Heinz Conrads vorgetragen, welches diese Einschätzung der anderen am Beispiel eines Autofahrers, der diese in kritischen Situationen als „Trotteln“ apostrophiert, illustriert, treffend der Schlussreim, in dem der erzählende Beifahrer meint: „amoi mecht i mit an trottel foan“.

Heinz Conrads feat. Trude Marzik

Diskutiere nie mit Idioten! Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung! Warum viele radikale Gentechnikgegner ahnungslos sind

Dunning-Kruger-Effekt

Der mit dem IG-Nobelpreis ausgezeichnete „Dunning-Kruger.Effekt bezeichnet die systematische fehlerhafte Neigung relativ inkompetenter Menschen, das eigene Wissen und Können zu überschätzen und die Kompetenz anderer zu unterschätzen.

Die nachgewiesene Korrelation zwischen (übersteigertem) Selbstvertrauen und Inkompetenz veranlasste mich, den Dunning-Kruger-Effekt im Alltag zu testen. Natürlich muss man berücksichtigen, dass ein statisch nachgewiesener Zusammenhang vorliegt und es daher Fälle geben kann, bei denen dieser Zusammenhang nicht so klar ist. Aber im Großen und Ganzen bestätigen die Einzelbeobachtungen diesen Effekt.

Die aktuelle Corona-Situation und die damit einhergehende gesellschaftliche Polarisierung erlaubt es, diesen Effekt „großflächig“ zu beobachten. Ob Menschen nun durch einen Gruppendruck oder durch eigene Überzeugung ein Entwurmungsmittel einer Impfung vorziehen, ändert nichts an der Dummheit ihrer Selbstmedikation. Wir alle Nicht-Mediziner und Nicht-Virologen sind – so wie die selbsternannten Mediziner – ahnungslos, was die Wirksamkeit von Maßnahmen betrifft, aber wir folgen der aktuellen Lehrmeinung. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung meint aber zu wissen, dass ein vom Oberschwurbler Kickl empfohlenes Entwurmungsmittel für Pferde eine geeignete Maßnahme gegen ein Virus sei. Prompt landen jene, die eine Überdosis geschluckt haben, im Krankenhaus.

Die Impfgegnerschaft folgt keiner einheitlichen Argumentation. Wichtig scheint aber bei allen Behauptungen zu sein, dass man meint, über exklusives Wissen zu verfügen, was ein starkes Kollektiv der Gruppe der Gegner führt, auch wenn ihre individuellen Motive verschieden sind. Die Impfgegner sind einerseits „Dumme erster Art“, weil sie grundlegende Zusammenhänge – zu ihrem Nachteil – leugnen, zum Beispiel also den Zusammenhang zwischen Impfung und den damit verbundenen Schutz. Gleichzeitig stellen sie Zusammenhänge her, die an Unwahrscheinlichkeit nicht zu überbieten sind. Dabei findet sich Bill Gates in einer Doppelrolle, denn einerseits unterstellt man, dass er bei jeder Impfung einen Chip injiziert, ohne sich zu überlegen, wie das im Detail funktionieren kann, anderseits soll er aber auch für die Manipulation des Impfstoffs verantwortlich sein, was dazu führen soll, dass die Geimpften nach einiger Zeit versterben, was wieder dem Plan folgt, die Zahl der Menschen am Planeten aus Gründen des Klimaschutzes zu reduzieren.

Das Schachbrett

Bei einem Besuch des letzten Wohnhauses von Mozart in der Domgasse 5 wurden wir auf den schachbrettartigen Boden im Vorzimmer aufmerksam gemacht:

Das Schachbrett als Erkennungsmerkmal eines Freimaurers.

Im Mozarts Zeit war es nicht ratsam, öffentlich Gedanken auszusprechen, die sich gegen den damalige Mainstream, die Lehrmeinung der Kirche und die Vormachtstellung des Adels richtete. Mozart gehörte der Freimaurer-Bewegung an, eine Gemeinschaft, die uneingeschränkten Gedankenaustausch unter den Mitgliedern („Brüdern“) – bis heute – ermöglicht.

In diese Gemeinschaft kann nur aufgenommen werden, der von einem Mitglied dazu eingeladen wird. Um sich auch außerhalb der „Loge“ als Freimaurer zu deklarieren, gab es eine Symbolik. Eines dieser Erkennungsmerkmale war ein Schachbrett, und schachbrettartige Muster. In Mozarts Wohnung ist im Vorzimmer ein Fliesenboden im Schachbrettmuster erhalten, ein Zeichen für seine Zugehörigkeit zu einer Loge.

Singen statt reden

Mozart hatte aber als Komponist auch eine weitere Möglichkeit, seine Gedanken auszudrücken, seine Musik.

Mozart schrieb sehr viele Musikstücke im Zeichen seiner Angehörigkeit zu einer Freimaurer-Loge. Die Krönung dieser Werke seine vorletzte Oper, die Zauberflöte, die voll von Freimaurer-Motiven ist.

Eine Handschrift in Mozarts Wohnung sagt: „Was in unseren Zeiten nicht erlaubt ist, gesagt zu werden, wird gesungen.“

Wurzeln der Menschenrechte

Die Ideen der Aufklärung wurden in den Freimaurer-Logen entwickelt und gepflegt. Unsere modernen Menschenrechte haben auch in diesen Ideen ihren Ursprung.

Kontrast

Wie wenig wir uns den damaligen Alltag vorstellen können, zeigt der Umstand, dass es in Mozarts Wohnung kein Badezimmer gab. Es gab nicht einmal etwas Ähnliches wie ein ländliches „Plumpsklo“. Nein, es gab einen Nachttopf („Scherbn“), der – egal wo – benutzt wurde und von der Dienerschaft einfach auf die Straße geschüttet wurde.

Links

„Ich war ja skeptisch.
Eine „Krankheit“, bei der 95% keine Symptome,
aber hinterher AK haben,
4% nur vorübergehende Grippe-Symptome zeigen,
1% schwer erkrankt und
0.02-0,2% versterben,
ist doch kein Grund, Sorge zu haben.


Hab mich dann trotzdem gegen Polio impfen lassen.“

Dr. Philipp S. Holstein, Autor (gepostet von mimikama.at in Facebook)

Mein Klassenvorstand gehörte zu diesen 1%, die schwer an Kinderlähmung erkrankt sind. In seiner Jugend gab es die praktische Schluckimpfung noch nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass Menschen sich gegen die kollektive Schluckimpfung gegen Kinderlähmung so vehement zur Wehr gesetzt hätten wie das heute gegen die Corona-Impfung der Fall ist. Heute kann man sich einfach gegen das Risiko einer schweren Erkrankung schützen – und viele tun es nicht.

Seien wir ehrlich: wir müssen praktisch alles glauben, und unsere Welt ist voll von „Wahrheiten“ aus denen man seinen Glauben konstruieren kann. Der Glaube an den Nutzen einer Impfung scheint denselben Wert zu haben wie sein Gegenteil.

Aber die Menschheit hat eine Methode entwickelt, mit der Erkenntnisgewinn erreicht wird. Diese Methode, die Wissenschaft, ist die Grundlage für das Funktionieren unserer modernen Welt. Jeder, der eines dieser modernen Wunder wie ein Handy benutzt, kann es gewissermaßen „begreifen“, dass Wissenschaft funktioniert.

Auch an die Ergebnisse der Wissenschaft müssen wir glauben, weil wir sie nicht selbst erarbeiten. Aber dieser Glaube hat ein weltweites Kontrollsystem im Hintergrund, eine Art Wettbewerb um die beste Theorie, und so wie im Sport Weltmeister ermittelt werden, entsteht in diesem wissenschaftlichen Wettbewerbssystem der Theorien Erkenntnis.

Was allerdings anders ist als ein religiöser Glaube, ist die notwendige Bereitschaft der Gläubigen, eine gewonnene Erkenntnis auch einmal über Bord werfen zu können, wenn sie widerlegt oder überholt wird, so wie ein Weltmeister auch einmal abdanken muss.

Glaube an den Pfadfinder „Wissenschaft“ hat eine andere Qualität als der Glaube an jemandes Meinung, und man sollte dafür auch ein anderes Wort verwenden, weil „Glaube an die Arbeitsweise der Wissenschaft“ in einer Reihe steht mit einem „Glauben an irgendwas“ und dennoch etwas anderes bedeutet und sogar die Unsicherheit miteinschließt.

Wienerisch

WENNST MANST

Was der Wiener meint: Ich akzeptiere deine Meinung, auch wenn mir der Sachverhalt sonderbar erscheint.
Was der Wiener dabei denkt: So a Schmorrn. Oba i sog nix, damit a Ruah is. Wiast eh seng wost davo host.

JO GLEI

Was der Wiener meint: Ich weiß, dass du es sofort erledigt haben möchtest. Ich mache es aber erst dann, wenn ich so weit bin.
Was der Wiener dabei denkt: Geh ma ned am Oasch…

SAMMAS?

Was der Wiener meint: Hast du für alle Eventualitäten vorgesorgt oder kann ich dir noch behilflich sein bevor wir gehen?
Was der Wiener dabei denkt: Tua weida! (…du Wappla)

GEHT’S EH?

Was der Wiener meint: Angebot der Hilfeleistung als Geste außerordentlicher Fürsorglichkeit.
Was der Wiener dabei denkt: Mah, hoffentlich mocht er/sie den Schmorrn ala.

SCHAUMA MOI

Was der Wiener meint: Im Moment kann keine detaillierte Aussage getroffen werden. Die Zukunft wird es zeigen.
Was der Wiener dabei denkt: Na, sicha ned! (a Diskussion dät 1 ma gern sporn)

Auf der Simmeringer Had…

Gestern

Während meiner Schulzeit wohnte ich in Simmering, in der Lorystraße 17 und am Schulweg in die Gottschalkgasse sah ich das Mosaik an der Ecke Gottschalkgasse/Lorystraße wohl täglich. Was genau damit gemeint war, war mir weniger bewusst und wenn auch, war es nicht wichtig. Jedenfalls wird häufig nur die die erste Zeile der ersten Strophe eines Spottlieds aus dem 19. Jahrhundert wiedergegeben:

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht

Aber auch auf der Simmeringer Haide war dieses Gedicht verewigt:

Heute

Heute wohne ich im 10,. Bezirk und bei unseren Bezirkswanderungen ist mir das Mosaik am Haus Ettenreichgasse 22 aufgefallen, das eine späte Erklärung für den Reim in Simmering darstellt.

Das Attentat

Der Schneider hieß János Libényi und seine Abneigung gegen die Habsburger, die 1848 die Revolution in Ungarn niedergeschlagen haben, teilten wohl auch noch viele andere Ungarn. Am 18. Februar 1853 nutzte er die zufällige Anwesenheit von Kaiser Franz Josef auf der Kärntnertor-Bastei und versuchte, ihn mit einem Küchenmesser zu ermorden. Der kaiserliche Adjutant Graf O’Donnell und der ebenfalls zufällig anwesende Fleischermeister Josef Ettenreich haben das Attentat vereitelt.

Attentat auf Kaiser Franz Joseph I., rechts Josef Ettenreich (Bild Wikipiedia)

Votivkirche

Eine weitere Folge des Attentats war die Errichtung der Votivkirche vor dem Schottentor.

Das Gedicht

Anfang des 19. Jahrhunderts verfasste Johann Nestroy das Theaterstück „3o Jahre aus dem Leben eines Lumpen“, und aus diesem Theaterstück stammt ein Couplet, das nur geringfügig verändert auf das Attentat zugeschnitten wurde:

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht,
es g’schicht ihm schon recht, warum sticht er so schlecht.

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht,
mit der Nadel samt dem Öhr, samt dem Zwirn und der Scher’.

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht,
allen sei es a Lehr, er lebt nimmermehr.

Und Leut’ln hurcht’s auf, der Wind hört schon auf,
gang er allerweil so furt, war ka Schneider mehr durt.

Cleopatras Nose

Kleopatras Nase hat – ebenso wie beliebig viele andere Kleinigkeiten – in der Geschichte eine ähnliche Bedeutung wie der berühmte „Flügelschlag eines Schmetterlings“ in der Chaostheorie, gemäß dem Motto „Kleine Ursachen, große Wirkungen“. Es geht also um die Frage, wie sich die Geschichte entwickelt hätte, wenn wenn der ungarische Schneider erfolgreich gewesen wäre. Wenn zum Beispiel der Vater von Adolf Hitler sich nicht von „Schicklgruber“ auf „Hitler“ umbenannt hätte oder wenn Adolf in der Wiener Kunstakademie anerkannt worden wäre. Oder wenn Kleopatra den Marcus Antonius nicht so beeindruckt hätte.

Was immer sich ereignet, es könnte auch anders gekommen sein. Besonders eindrucksvoll kann man das bei den vielen Unwägbarkeiten eines Fußballspiels beobachten.

Links

2020-09-01

Das Jahr 2020 wird uns allen als das „Corona-Jahr“ in Erinnerung bleiben. Für mich bedeutete es gleichzeitig einen gravierenden Einschnitt in der Lebensqualität.

Zuerst eine Beobachtung, die mich schon jahrelang verfolgt, nämlich eine stetige Gewichtszunahme von etwa 1,5 kg pro Jahr. Könnte altersbedingt sein, widerspricht aber unserer eher bescheidenen Lebensweise und der regelmäßigen Bewegung. Der Grund dafür war, dass die Lymphknoten ihre Aufgabe, der Verteilung von Flüssigkeiten im Körper nicht merh richtig nachkommen konnten und Flüssigkeit einfach irgendwo im Bauch abgelagert haben, nur nicht in der Niere. Die Folge: Gewichtszunahme; nicht unbedingt Fett sondern Flüssigkeit.

Bis zum Sommer fühlte ich mich gesund wie sich eben ein 71-jähriger gesund fühlen kann. Dann kam der Juli und bisher unbekannte Beschwerden. Einerseits eine Atemnot und anderseits Bauchschmerzen. Es stellte ich heraus, dass ich drei unabhängige Erkrankungen habe:

  1. seit 3 Jahren ein sich ständig verschlechterndes Blutbild ohne erkennbare Ursache (ICUS); das ist die Ursache für die Atemnot (und auch für starke Verkühlungen), weil sowohl weiße als auch rote Blutkörperchen nicht in ausreichender Zahl gebildet werden. ICUS wird in Zusammenhang mit Leukämie erwähnt.
  2. Prostatakrebs (damit könnte man leben, sagt mein Urologe)
  3. Lymphknotenkrebs (wurde eher nebenbei entdeckt, als man den Prostatakrebs untersuchen wollte).

Ins Krankenhaus kam ich mit Diagnose 2, eingewiesen durch meinen Urologen und wurde dort gleich behalten. Man hat nämlich einen Lymphknotenkrebs diagnostiziert. Auf der Urologie wurden Gewebsproben entnommen und nach dem Einlangen des Ergebnisses wurde ich auf die Onkologie überstellt.

Mein „Zweitwohnsitz“ auf Onko-D der 3. Medizinischen Abteilung des KFJ (Klinik Favoriten) zwischen September 2020 und Februar 2021

Die Chemotherapie begann ohne Verzögerung. Weil die extrem vergrößerten Lymphknoten auch auf den Harnleiter drückten, drohten die Nieren zu versagen und man plante schon einen künstlichen Nierenausgang. Doch da bereits der ersten Chemo-Zyklus eine Verkleinerung der Lymphknoten bewirkt hat, wurde mir dieser Ausgang erspart.

2020-Herbst

Meine Chemo bestand insgesamt aus 6 Zyklen. Ein Zyklus dauerte 3 Wochen (= 1 Woche Krankenhaus, 2 Wochen zu Hause). Den ersten Abschnitt eines Zyklus empfand ich – bedingt durch Cortison – sehr euphorisch (alles geht flott von der Hand, man möchte der Welt einen Haxn ausreißen). Aber danach kommt aber ein ziemlicher Rückfall und man landet zumindest 2-3 Tage im Bett und kann nichts machen. Bis zum Ende dieser drei Wochen erholt man sich wieder und freut sich geradezu auf den nächsten Zyklus, weil man ja dem Ende näher kommt.

So verliefen die ersten vier Zyklen.

Beim fünften Zyklus aber war der Rückfall massiv, ich lag vier Tage fast bewusstlos und träumend im Bett. Schließlich wandte ich mich an das Spital. Man hat mich sofort aufgenommen und einer einwöchigen Intensivbehandlung unterzogen, mit dem Ziel der Verbesserung des Blutbildes (Krankheitsbild 1). Am 24.12. hat man mich nach Hause entlassen. Mein Allgemeinzustand war – und ist noch immer – sehr schlecht. Müdigkeit, ein Muskel am Oberschenkel hat sich verabschiedet.

Dass ich Hämorrhoiden habe, das ist schon lange bekannt, machte aber bisher keinerlei Beschwerden. Bis zu diesem Krankenhausaufenthalt. Liegen ist gut, sitzen sehr beschwerlich. Es dürfte an der Chemie des Stuhls liegen, die sich durch die Chemo stark verändert hat und diese Beschwerden verursacht.

Das Hauptproblem ist die Grunderkrankung „schlechtes Blutbild“. Bei einem normalen Blutbild verschlechtern sich durch die Chemo die Blutwerte – aber nicht gefährlich. Bei mir war das Blutbild schon zu Beginn schlecht und irgendwann – eben beim 5. Zyklus wurde es gefährlich. Nur zu Illustration: ich habe 6 Bluttransfusionen bekommen, je 3 auf jeder Seite.

Euphorie-1

Jetzt noch die Geschichte in der Geschichte. Mein subjektives Erleben schwankte von sehr niedergeschlagen bis zu extrem euphorisch, zum Beispiel als die erste Chemo bereits die Lymphknoten verkleinert hat. Ich hatte meinen Laptop im Spital, langweilig war mir nicht.

Wir planen schon seit zwei Jahren den Ankauf eines Elektroautos. Und in dieser ersten Euphoriewelle – von der ich damals nicht wusste, dass sie cortison-bedingt ist – habe ich nach vielen Stunden Video-Studium ein Elektroauto ausgewählt, einen VW iD.3 – und gleich bestellt.

Im November kam dann eine Psychologin auf mich zu und warnte mich von unüberlegten Geldausgaben während der Chemo – zu spät. Am 8.1. kommt das Elektromobil. Ich sollte dem Krankenhaus eine Rechnung schicken, weil sie mir das zu spät gesagt haben:-)

Euphorie-2

Diese Chemo war wie eine Berg- und Talfahrt. Der Gefühle, der Arbeitsfähigkeit, der Müdigkeit, des Optimismus… Um etwas zu erledigen, war es notwendig, die cortison-dominierten ersten Tage nach der Chemo zu nutzen, danach kam eine Art Zusammenbruch.

Die mich näher kennen, wissen, dass ich vier Mal pro Jahr eine Computer-Zeitung verfasse (die PCNEWS). Die dritte Ausgabe konnte ich noch im August, vor meinem dreiwöchigen Erstaufenthalt, fertigen. Das Problem war die vierte Ausgabe. Glücklicherweise war die Phase der arbeitsamen Cortison-Phase im zweiten Chemo-Zyklus ausreichend lang, dass sich die Herstellung des Layouts ausging und ich die Vorlage in die Druckerei senden konnte. Bereits die Erstellung der Versendedaten bereitete mir Schwierigkeiten, aber schließlich ist sich alles ausgegangen. Danach kam ich in den dritten Chemo-Zyklus, nach dessen Ende – wieder in der durch Cortison erzeugten Hochstimmung – ich punktgenau die Ausgabe ganz ohne Corona-Test aus der Slowakei abholen konnte. Nur ein paar Tage später wäre die Grenze ohne Corona-Test unpassierbar gewesen. Wegen dieser durch die Chemozyklen vorgegebenen Zeitpunkte kam die PCNEWS schon Mitte November und nicht – wie vorgesehen – Anfang Dezember.

Einige erstaunte Rückmeldungen der Leser klangen so wie : „na, so krank kann der Franz nicht sein, wenn er die PCNEWS herstellen kann…“ Nun, dass das möglich war, verdanke ich allein dem Cortison. Andere Dinge, wie zum Beispiel die Pflege des Blogs musste ich zurückstellen.

So unerfreulich für uns alle der Ausfall unserer Clubabende ist, noch schlimmer wäre es gewesen, wenn Corona unser aller Leben nicht abgebremst hätte. Insgesamt also ein eigenartig anmutender Zufall in all der Unerfreulichkeit dieser Tage.

2021-01-04

Nun, ich konsumiere gerade den 6. Chemozyklus und eigentlich ist die Chemo-Thrapie zu Ende. Doch ist natürlich eine Kontrolle der Lymphknoten nötig und die beginnt in genau 14 Tagen. Dann wird von der Hausärztin ein besonderer Blutbefund erstellt. Nach weiteren 14 Tagen wird in der Rudolfstiftung (Klinik Landstraße) – basierend auf den Daten des Blubefunds – eine Computer-Tomographie mit einem radioaktiven Kontrastmittel erstellt, die es erlaubt, die Größe der jetzt hoffentlich verkleinerten Lymphknoten zu bestimmen. Danach geht es wieder in KFJ zu einem Aufpäppeln der weißen Blutkörperchen und eine Besprechung des CT-Ergebnisses. Vermutlich wird diese Prozedur nach einigen Monaten wiederholt werden müssen, und erst dann, wird man sehen könne, ob der Daumen

  • nach oben zeigt (kein weiteres Wachstum der Lymphknoten),
  • zur Seite zeigt (geringes Wachstum der Lymphknoten, also etwa ein chronischer Verlauf, der durch unterstützende Chemos in längeren Abständen stabilisiert werden kann) oder
  • nach unten zeigt (starkes Wachstum der Lymphknoten, mit schlechter weiterer Prognose).

Niemand weiß, was schließlich herauskommt. Die von Oberärzten genannte Prognose liegt bei 80% auf „kein Wachstum“. Aber frag‘ einer einen Fußballtrainer, wie er schätzt, dass das jeweils nächste Spiel ausgeht. Er strotzt vor Optimismus, den er auch an seine Spieler weitergeben will. So scheinen auch die Ärzte ihre Patienten motivieren zu wollen, indem sie ihnen die jeweiligen statistischen Werte nennen. Verlieren kann man jedes Spiel. Nur, im Fußball kann man es wiederholen…

2021-03-01

Nach einem Blutbild und nachfolgender PCT-CT (Positronen-Emissions-Tomographie) in der Rudolfstiftung (neuerdings Klinik Landstraße) wurde festgestellt, dass der Lymphnknotenkrebs vollständig verschwunden ist und man aus Erfahrungen mit etwa 80%iger Sicherheit sagen kann, dass er nicht wiederkommen wird. Aber man hätte auf den Schnittbildern „etwas“ im Darm entdeckt und ordnete eine Gastro- und Koloskopie an. Auch diese Untersuchung ging ohne weitere Nebenwirkungen zu Ende – sieht man von den Angstzuständen des Patienten ab. Von einer weiteren Verabreichung von Antikörpern hat man abgesehen.

Panzytopenie

Die Pfeile markieren den Sollbereich.

In derselbe Zeit sanken die Werte der Leukozyten (Weiße Blutkörperchen) bedrohlich ab. Im Patientenbrief steht, dass die weitere Therapie je nach Blutbild erfolgen werde das am 22.3.2021 bestimmt wird. Die ursprüngliche Hoffnung, dass das Blutbild mit dem Lymphknotenkrebs zusammenhängt (und sich daher nach der Chemo verbessern müsste), hat sich nicht bewahrheitet. Bei den diversen Visiten werde ich immer wieder gefragt, ob ich vermehrt unter Blutungen leide (stark gesunkene Thrombozytenwerte), doch das kann ich nicht bestätigen.

Die Veränderung des Blutbilds wird insgesamt als „Panzytopenie“ bezeichnet, das ist eine generelle Verschlechterung mehrerer wichtiger Blutkennzahlen.

Heute, in der 10. Woche nach der letzten Chemo beginnt sich der Allgemeinzustand zu verbessern. Die Müdigkeit lässt nach, die Haare wachsen wieder, der Geschmack kehrt langsam zurück, die Verdauung beginnt sich zu normalisieren; und das alles bei einem ziemlich schlechten Blutbild.


Das Leben ist kein Tanzlokal,
Das Leben ist sehr ernst.
Es bringt so manche Herzensqual,
Wenn du es kennen lernst.
Doch brich´nicht unter seiner Last,
Sonst wärest du ein Tor,
Und trag´was du zu tragen hast,
Geduldig mit Humor.
Und denk´ Dein ganzes Leben lang,
Ans Lied das Dir die Mutter sang –

Heile, heile Gänsje
Es is bald widder gut,
Es Kätzje hat e Schwänzje
Es is bald widder gut,
Heile heile Mausespeck
In hunnerd Jahr is alles weg.

2020-03-22

Heute stand ein Blutbild, die Besprechung des Ergebnisses einer Gastro- und Koloskopie sowie die weitere Vorgangsweise am Programm.

Blutbild

Das Hämoglobin ist von zuletzt 10,4 auf den Wert 12 gestiegen (wie zuletzt 2019), auch die Leukozyten stiegen von zuletzt 1,7 auf 2,4 an. Eine nochmalige Überprüfung ist für den 20.4. vorgesehen.

Darm

Der im Darm entfernte Polyp sei nicht bösartig, gutartig aber auch nicht. Man geht heutzutage bei der Bewertung davon ab, das Gewebe als „gut“ und „böse“ zu bezeichnen, weil der Übergang ein kontinuierlicher ist. Eine Kontrolle ist in etwa 12 Monaten geplant.

Lymphknotenkrebs

Der Zustand der Lymphknoten wird am 8 Juni im Ultraschall kontrolliert, eine CT wird später vorgenommen.

Die Lymphknoten erweisen sich als unauffällig. Diese Diagnose beschert uns einen entspannten Sommer und Herbst.

Wirkungen

Als Wirkstoffe bezeichnet man Substanzen, die in Organismen eine Wirkung hervorrufen. Um eine Wirkung zu erzielen, benötigt man eine gewisse Menge einer Substanz. Geringere Mengen bewirken nichts, größere Mengen können gefährlich sein.

Im 16. Jahrhundert formulierte Paracelsus: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“

Dem ist nicht allzu viel hinzuzufügen, unser täglicher Umgang mit Substanzen aller Art bestätigt Paracelsus auch heute. Eine Schlaftablette pro Tag kann wohltuend sein, eine ganze Schachtel eher weniger.

Homöopathie

300 Jahre nach Paracelsus, ergänzte Samuel Hahnemann das Wirkungsprinzip des Paracelsus, in dem er die „Wirkung des Nichts“ erfand.

Homöopathie behauptet, „Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden“ (lateinisch similia similibus curentur), doch wissen wir, dass in den verkauften Wässerchen und Kügelchen wenig bis nichts von der ursprünglichen Substanz enthalten ist. Und ein „Nichts“ ist allem ähnlich. Homöopathie ist eine behauptete Wirkung durch Nichts. Im Wikipedia-Artikel über Homöopathie werden die angewendeten Verdünnungsgrade genau beschrieben.

Man hat den Eindruck, als würden die Menschen einfach durch die größer werdenden Zahl der Potenz von der Wirkung überzeugt. In ihrer Vorstellung besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der postulierten Wirkung und der größer werdenden Zahl. Dass diese größer werdende Zahl aber eine Verdünnung charakterisiert, scheint den Anhängern der Homöopathie zu entgehen. D4 ist besser als D2 und D24 ist überhaupt gut. D24 bedeutet 1:1024 = 1:1.000.000.000.000.000.000.000.000 (=C12). Ein Tropfen verdünnt im Wasservolumen des Atlantik!

Wie erkennt man ein Homöopathikum?

Homöopathikum Restaxil

Derzeit wird auf allen Sendern das Medikament „Restaxil“ gegen Nervenschmerzen angeboten.

Weder in der Werbung im Fernsehen noch beim Apotheker und auch nicht im Beipacktext wird etwas darüber gesagt, dass es sich um ein Homöopathikum handelt. Es kostet stolze 35,- Euro und enthält:

0,1 g Gelsemium sempervirens Dil. D2
0,4 g Spigelia anthelmia Dil. D2
0,1 g Iris versicolor Dil. D2
0,5 g Cyclamen purpurascens Dil. D3
0,2 g Cimicifuga racemosa Dil. D2

Der Beipacktext unterscheidet sich nicht von dem eines Arzneimittels, mit einem kleinen Unterschied. Zu beachten ist der Zusatz „Dil. D2“. Das ist der einzige Hinweis im Beipacktext darauf, dass es sich um ein Homöopathikum handelt. Der Zusatz „Dil. D2“ bedeutet, dass 1g Wirkstoff in 100 g (10²g) Flüssigkeit aufgelöst wird, „D3“ in 1000g. Der Apotheker macht darauf genau so wenig aufmerksam wie die Fernsehwerbung. Und Restaxil wirkt – in der gewünschten Richtung! Es reduziert Deinen Kontostand, der Rubel rollt.

Hochpotenzen

Bei diesen niedrigen Potenzen der Ausgangsstoffe von Restaxil, 1:100 und 1:1000, kann man noch davon sprechen, dass kleine Reste der Ausgangssubstanz im Homöopathikum enthalten sind.

In den als Hochpotenzen angebotenen Homöopathika ist der Verdünnungsgrad aber so hoch, dass tatsächlich nichts mehr vom ursprünglichen Stoff in dem Wässerchen enthalten ist. Dennoch wird dem Mittel eine Wirkung unterstellt, die darauf beruhen soll, dass sich die Flüssigkeit „merkt“, mit welchem Stoff sie ursprünglich in Berührung gekommen ist.

Nun wissen wir aber alle als Amateur-Informatiker und einfache Menschen, dass man – um sich etwas zu merken – Strukturen braucht, die es erlauben, den einen ursprünglichen Stoff vom anderen zu unterscheiden. Je mehr verschiedene Informationen wir unterscheiden wollen, desto größer muss der betreffende „Speicherchip“ sein. Nicht umsonst ist unser Gehirn das komplexeste Objekt das wir kennen. Und natürlich kann sich unser Gehirn merken, welche Substanz man gerade konsumiert hat.

Aber ein simples Wassermolekül kann sich nichts merken, weil es keine verschiedenartigen inneren Zustände annehmen kann.

Was also kann es sein, das Ärzte veranlasst, Homöopathika zu verschreiben und Patienten veranlasst, an ihre Wirkung zu glauben? Hier ein Interpretationsversuch:

Möglicher Sinn der Homöopathie

Zur Ehrenrettung von Hahnemann könnte man anführen, dass die damals üblichen Behandlungen der Schulmedizin wie Schröpfen oder Aderlass Patienten eher geschwächt als geheilt haben. Im Nachhinein könnte man Hahnemanns Vorgangsweise als den Versuch interpretieren, eine wissenschaftlich anmutende Methode anzubieten, die wenigstens den einen Vorteil hatte, den Patienten der brutalen Schulmedizin zu entreißen.

Dass die Homöopathie heute boomt und den Patienten von durchaus seriösen Ärzten empfohlen wird, hat aber wahrscheinlich andere Gründe. Würde der Arzt dem Patienten reinen Wein einschenken und ihm sagen, dass die Schulmedizin im konkreten Behandlungsfall nichts anzubieten hat und die Homöopathie nicht wirkt, besteht die Gefahr, dass sich der Patient von der Schulmedizin abwendet und bei zweifelhaften Nicht-Medizinern landet, was in einem späteren Ernstfall tragisch enden könnte. Daher kann die Verabreichung homöopathischer Mittel durch den behandelnden Arzt einem Patienten auf lange Sicht das Leben verlängern, einfach durch die Bindung an einen erfahrenen Mediziner.

Damit aber das Vertrauen in das Homöopathikum ebenso groß ist wie zu einer Arznei mit einem Wirkstoff, muss die Konfektionierung inklusive Beipacktext der eines Arzneimittels gleichen. Der einzige Unterschied sind die Verdünnungen D3 (1:1.000) oder C6 (1:1.000.000.000.000). So ausgestattet bietet ein Homöopathikum die Wirkung eines perfekten Placebo. Es macht den Patienten glauben, eine Wirkung würde stattfinden, und es findet auch eine Wirkung statt, nämlich durch die Kraft der Überzeugung, dass es eine Wirkung hat. Aber nur, wenn man die Mechanismen dahinter nicht nennt und alle so tun „als hätte der Kaiser neue Kleider an“. Menschen, die an Homöopathie glauben, haben also gegenüber den Skeptikern diesen einen Vorteil der Placebowirkung.

Heute ist es also umgekehrt als zu Hahnemanns Zeiten. Damals befreite die Homöopathie den Patienten aus den Klauen der Schulmedizin, heute bewirkt sie, dass der Patient das Vertrauen in die Schulmedizin nicht verliert.

http://fiala.cc/2016/04/das-gute-an-der-alternativmedizin/