Ein Krebs kommt selten allein

Was treibt mich ins Krankenhaus?

Im Juni 2021 wähnte ich einen Lymphknotenkrebs nach einer halbjährigen Chemotherapie überwunden und erlebte einen entspannten Sommer mit der Familie, weil die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen kein weiteres Wachstum der Lymphknoten zeigten. Siehe Bericht „Ich hab schon mehr gelacht…“

Im Dezember folgte aber eine CT mit der rätselhaften Formulierung „Raumforderung in der Blase“. Übersetzt: da ist etwas, was da nicht hingehört – ein Tumor. Der vorläufige Arbeitstitel „Blasenkrebs“. Eine OP wurde geplant. Einerseits sollte der Tumor entfernt werden, anderseits sollte eine Gewebsprobe entnommen werden. Ich bekam einen OP-Termin am 1.3.

Beschwerden hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt keine. Doch ab Anfang Februar vervielfachten sich die Toilettengänge und waren zeitweise schmerzhaft, manchmal war Blut im Harn. Wäre ich nicht schon für eine OP vorgemerkt gewesen, hätte ich meinen Urologen aufsuchen müssen.

2022-02-28 Montag

Ich erschien mit einem Haufen Befunde (Blutbild, EKG, Röntgen, OP-Freigabe) in der Station 42 des KFJ (Urologie). Gemeinsam mit mir warteten noch weitere vier Patienten auf die Aufnahme. Es war wie bei einer „Reise nach Jerusalem“, denn jeweils nach etwa einer dreiviertel Stunde wurde einer meiner Leidensgenossen mit einem neuen Termin nach Hause geschickt. Der Grund: Wegen corona-bedingten Personalmangels musste an diesem Tag eine ganze Station geschlossen werden, daher der unerwartete Engpass.

Ich war „der Sieger“. Und warum gerade ich? Ich vermute, dass der Grund die Größe des Tumors war und/oder der Umstand, dass ich von einer benachbarten Abteilung (Onkologie) überwiesen wurde.

Zimmer 18

Das VIP-Zimmer 7 mit Panoramablick auf Wien von meinem ersten Aufenthalt auf der Urologie bekomme ich nicht. Ich lande auf Zimmer 18, ein Doppelzimmer mit schlichter, modernster Ausstattung. Meine Zimmerkollegen waren nicht sehr gesprächig.

Man soll ja nicht fotografieren. Das halte ich aber nicht aus, daher habe ich nur die lustige Wandmalerei als Andenken mitgenommen,

Erinnert an „Tim und Struppi“
Für diesen Blick auf die Wiener Hausberge muss man auf den Gang gehen.

Die Herstellung des „Zugangs“, eines Venen-Ventils, mit dem Flüssigkeiten in den Blutkreislauf eingebracht werden, gestaltete sich schwierig, weil sich die Adern seit der Chemotherapie zurückgezogen haben.

Es gab noch ein „letztes Abendmahl“ und dann ab Mitternacht keine Nahrung mehr und auch keine Getränke.

2022-03-01 Dienstag

Eine Beruhigungspille bekam ich nicht, die Anästhesistin meinte, ich wäre ohnehin ruhig.

Das schlimmste ist ja gar nicht die Operation, weil man davon ohnehin nichts mitbekommt. Das Schlimme ist das Warten auf das Ungewisse. Es dürfte besser sein, weniger zu wissen als sich allzu genau zu informieren, weil man diese Informationen nicht wirklich einordnen kann. Allein der Umstand, dass ich den Tumor im Ultraschall gesehen habe, war sehr verunsichernd. Ein Studium des Abschnitts „Blasenkrebs“ in der Wikipedia verwirrt mehr als es hilft. Man fühlt sich wie ein Todeskandidat. Ich kann mir gut vorstellen, wie es einem Nicht-Nachrichtentechniker geht, wenn er sich in der Wikipedia zum Beispiel über die Maxwell-Gleichungen informiert. Er wird dankbar das Erklärungsmodell annehmen, dass ein Rosenquarz vor Strahlung schützt. (Für ein grundlegendes Verständnis dieser Grundlagen von Elektrizität und Strahlung benötigt man mehrere Semester harter Arbeit.)

Warten von 6:00 bis 16:30. Dann geht’s in den OP-Saal im ersten Stock. Was beruhigt, ist die große Routine, mit der alles vor sich geht. Man wird am Tisch „gekreuzigt“ (Hände und Füße werden fixiert), die Anästhesie wird am Zugang angeschlossen. Dabei wird gescherzt, um die Situation zu entspannen.

Im Hintergrund ein lautes Telefongespräch. Es gibt Zeit, die beeindruckenden Geräte im Operationssaal zu studieren.

Das Telefongespräch geht zu Ende, die Oberärztin kommt und erklärt, dass die Operation verschoben werden müsse. Der Tumor sei so groß, dass man eine Bluttransfusion einplanen müsse und mein Blutbefund dazu zu alt wäre, und die Blutwerte einfach nicht gut genug seien.

Zurück an den Start. Ich komme wieder zurück ins Zimmer 18, und zwei Krankenschwestern versuchen, Blut abzuzapfen. Der ersten gelingt es zur Hälfte, die zweite schafft auch die zweite Hälfte. Geschafft? Leider nein, denn nach einer Stunde muss die Blutabnahme wiederholt werden, weil dem Labor die Blutmenge zu gering war.

Der Ärger über die Verschiebung der OP wurde mehr als kompensiert durch die Entscheidung der Oberärztin, kein Risiko einzugehen. Danke!

2012-03-02 Mittwoch

Am nächsten Tag dauert es bis 14:00, bis ich wieder im OP-Saal lande.

Die Operationsmethode nennt sich Transutherale Resektion, TUR-B oder TUR-P, je nachdem, ob die Blase oder die Prostata bearbeitet wird. Immerhin entsteht keine äußerliche Wunde, weil die Operation über ein Endoskop durch die Harnröhre erfolgt.

Was mich immer wieder beeindruckt, ist die freundliche Atmosphäre aller dieser Teams. Es wird gescherzt, auf einmal weiß man nichts mehr… und erwacht im Aufwachraum.

Hier ist Platz für etwa 10 Betten, jedes ausgerüstet wie die Intensivstationen, die man bei den Reportagen über die Covid-Krise gesehen hat. Man erklärt mir, dass es nur eine Light-Version einer Intensivstation ist, denn es werden nur Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls, Atemfrequenz gemessen.

Mit der Zeit kommt man drauf, dass man einen Katheter eingebaut bekam und man dadurch etwas bewegungseingeschränkt sein wird.

Ich wurde gefragt, ob ich Schmerzen hätte. Als Halb-Indianer berichtete ich über einen gewissen Druck. Gleich kommt eine Schwester mit einer flüssigen Dosis Novalgin, die über einen Einlass und ein eigenes Dosimeter zugeführt wird.

Was mich irritiert hat, waren zwei Blutflecken auf der rechten Hand und ein Zugang, der dort vorher nicht war. Ich erfuhr, dass der Zugang wegen der eventuell nötigen Bluttransfusionen angelegt wurde. Aber die Transfusionen erwiesen sich als nicht notwendig.

Etwa um 18:00 war ich wieder am Zimmer. Geschafft!

Ich habe zur Sicherheit noch eine Novalgin-Tablette genommen, es wäre aber nicht nötig gewesen, Schmerzen hatte ich keine.

2022-03-03 Donnerstag

Die Blase wird gespült. Salzwasser tropft aus einem 3-Liter-Ballon in den Katheter. Blutiges Wasser tritt aus. Bei der Visite wird die Entlassung für Samstagnachmittag oder Sonntagvormittag avisiert.

So ein Katheter ist ein trickreicher Schlauch, der nicht nur den Harn aus der Blase in einen Kunststoff-Beutel ableitet. Man kann über ein Ventil auch Flüssigkeiten in die Harnblase leiten, in meinem Fall eben eine Kochsalzlösung. Das Ende des Katheters wird nach dem Einführen mit einer Flüssigkeit wie ein Luftballon aufgeblasen. Dadurch wird verhindert, dass der Schlauch aus Blase herausrutscht. Durch Heraussaugen der Flüssigkeit mit einer Spritze schließt sich der Ballon, und man kann den Schlauch wieder aus der Harnröhre entfernen.

2022-03-04 Freitag

Die Spülung wird abgehängt. Doch der Urin ist noch blutig. Die Spülung wird wieder angeschlossen. Die Visite verschiebt die Entlassung auf Sonntag.

Absendung des Newsletters 370 von Clubcomputer.

Rapid II gewinnt in Kapfenberg 2:1.

2022-03-05 Samstag

Dieser Bericht wird geschrieben.

Nachdem der Harn immer noch blutig ist, wird die Harnblase mit Wasser manuell mit einer Riesenspritze über den Katheter durchgespült. Jede Menge Blutkrusten kommen heraus.

Am Sonntag soll ich entlassen werden und würde noch das Spiel Rapid-Klagenfurt erreichen, bei dem ein Rapid-Sieg zum Erreichen der Meistergruppe unbedingt erforderlich ist.

Weil ich den Auftrag bekam, viel zu trinken, schaute ich mir den alten Western „Once Upon a Time in the West“ (Spiel mir das Lied vom Tod) an – mehr wegen der tollen Melodien – und trank dabei zwei Liter Wasser.

Es ist mir gelungen, trotz Operation einen täglichen Rapid-Newsletter abzusenden.

2022-03-06 Sonntag

Letzte Ultraschalluntersuchung ergibt ein untypisches Bild einer leeren Harnblase mit Harnresten „irgendwo“. Die Entlassung wird auf Montag verschoben, die Harnblase muss noch einmal untersucht werden.

Nichts ist es also mit dem Besuch des Fußballspiels!

Die Untersuchung am Nachmittag ergibt eine gestaute rechte Niere. Aber wegen moderater Nierenwerte ist keine Gefahr im Verzug.

2022-03-07 Montag

Die Entlassungsprozedur dauert bis 12:00, dann mit dem Bus zum Reumannplatz. Der Eissalon Tichy wird am kommenden Freitag öffnen.

Tichy: Saisonstart am 11.3.

Ich kaufe Süßes beim Felber und ein Mittagessen beim Duran, dann schaue ich noch beim neueröffneten Kent im Domenig-Haus vorbei, das seine Speisen auch über die Gasse und auch für Zustellung anbietet.

Kent, ein wiedereröffnetes Restaurant mit türkisch-levantinischer Küche.
Im Domenig-Haus in der Favoritenstraße.
Alle Speisen zum Mitnehmen und mit Zustellung.

Irritation

Ein Clubmitglied hat mich auf zwei Fehler in unseren Aussendungen aufmerksam gemacht. Als er erfährt, dass ich im Krankenhaus liege, startete er die Klassiker der Systemgegner. Die Schulmedizin sei in völliger Abhängigkeit von der Pharmaindustrie, man solle sich auf alte Heilmethoden besinnen, dann brauche man kein Spital. Er werde mir Unterlagen senden. Klarerweise war mein Gegenüber nicht geimpft, wie er mir bedeutet hat.

Dass allerlei alternative Meinungen existieren, war sicher immer schon so, das Problem ist heutzutage, dass sich die Dummheit durch soziale Netze organisiert und verbreitet. „Unterschätze nie die Macht dummer Leute, die einer Meinung sind.“ (zugeschrieben Kurt Tucholsky) Und die Frage ist, wie groß der Anteil solcher Wähler – in Kombination mit einem geeigneten „starken Mann“ – sein darf, bis ein demokratisches System kippt.

Als sich Putin so um das Jahr 2007 durch Verfassungsänderungen eine zweite und danach auch weitere Amtszeit genehmigt hat, war ich beunruhigt. „Macht braucht nur, wer Böses vorhat. Für alles andere genügt Liebe“ (Charly Chaplin). Es gab sicher den Punkt in der Karriere des Wladimir Putin, an der einer seiner Mitstreiter ihm hätte den freundschaftlichen Rat geben können: „Towarisch Putin, das steht so nicht in unserer Verfassung, das ist nicht unser Russland“. Aber dieser Punkt wurde übersehen und die Machtfülle nahm in einer Art zu, wie man sie vorher nur bei Stalin und Hitler gekannt hat. Dass so weitreichende Entscheidungen wie ein Krieg tatsächlich von nur einer Person getroffen werden und die, die eventuell mitreden könnten, sich vor jeder Wortmeldung fürchten, so wie seinerzeit Bulganin, Beria, Gromyko und Chruschtschow sich nicht einmal getraut haben, einen Arzt zu holen, angesichts des Zusammenbruchs von Stalin, 1953 Link, zeigt, dass alle Kontrollmechanismen eines Staates ausgehebelt worden sind und nur mehr die Angst regiert, die Angst vor der Macht des Orban, Putin, Kim Jong-un.

Teamwork

Was den medizinischen Laien beeindruckt, ist die Maschinerie des Krankenhauses. Es gibt mehrere Ebenen: die Krankenträger, das Reinigungspersonal, die Speisenträger, die Pfleger, die diplomierten Pfleger, die Ärzte in Schulung, die Ärzte und die Vorstände. Zu dieser vertikalen Struktur kommt Ausbildung auf allen Ebenen.

Ein Spital bildet mit seiner „Hardware“ eine Einheit mit dem Personal. Ein Spital allein kann gar nichts, aber gemeinsam mit dem Personal erzeugt es das emergente Prinzip der „Heilung“, auch wenn kein einzelner Teil allein das könnte.

Multikulti

Eine Krankenschwester kommt aus Bratislava, eine andere aus Budweis. Beide pendeln nach Wien. Beide sind interessante Gesprächspartner für einen Wiener Tschechen. Die Dame aus Bratislava ist eigentlich Juristin, doch in diesem Beruf bekommt sie in der Slowakei nur etwa 700 Euro. Beide haben eine kleine Wohnung in Wien. Die Dienstzeiten sind so angelegt, dass sich das Pendeln auszahlt. Eine weitere Krankenschwester kommt ursprünglich aus Kinshasa (Republik Kongo), sie ist aber bereits sehr lange in Wien. Zwei Pfleger und eine Pflegerin kommen von den Philippinen. Mein betreuender Arzt auf der Onkologie kommt aus Siebenbürgen. Die größte Überraschung aber ist eine schwarze Krankenschwester auf der Onkologie, die nicht aus Afrika, sondern aus Hernals kommt und mit reinster Wiener Mundart spricht.

Routine

Wie schwerwiegend die Erkrankung eines jeden Einzelnen ist, ist völlig belanglos. Alle werden gleichbehandelt. Keiner wird bedauert, alle werden motiviert. Wie man die eigene Erkrankung einschätzen muss, erfährt man nicht immer, weil auch die Ärzte es nicht ad hoc wissen – und auch, weil zu viel Information an dieser Stelle eher heilungshemmend wirkt.

Hilfsbereitschaft oder Machtausübung?

Schule, Bundesheer, Krankenhaus. Das sind jene Stationen, die eine Sozietät von seinen Individuen abverlangt und denen man nicht entkommt. Man gibt seine Identität ab und betritt eine Welt mit völlig neuen Regeln. Die Rollen sind klar verteilt. In der Schule akzeptiert man, dass man etwas lernen muss. Beim Bundeheer muss eine gegebene Hierarchie akzeptiert werden. Im Krankenhaus gibt man seinen sonstigen zivilen Status ab und wird zum Patienten. In allen Fällen übt die Organisation, der man temporär angehört, Macht aus.

Ich frage mich, was die Motive für einen Sozialberuf sind. Ist es tatsächlich eine Neigung zur Hilfsbereitschaft oder ist es (auch) der Umstand, dass man – wenigstens temporär – eine ziemliche Macht über andere Menschen hat.

Woher kommt der neue Tumor?

Die Art des Tumors wird vom Pathologen festgestellt werden. Meine Frage, ob es sich bei dem Tumor wieder um ein Lymphom handeln kann, beantwortete ein Arzt so: Er hat schon viele Blasentumore behandelt, aber bei allen diesen Tumoren war nur ein einziges Lymphom dabei.

Ich stelle mir die Frage, ob es oft vorkommt, dass man zwei verschiedenartige Krebsarten unmittelbar nacheinander bekommt, oder ob nicht die zweite Krebserkrankung mit der ersten in Zusammenhang steht.

Tumorzellen bilden sich in jedem Menschen, und im Normalfall wehrt die Immunabwehr diese Zellen ab. Während einer Chemotherapie wird aber die Immunabwehr absichtlich reduziert, damit das Gift auf die schnellwachsenden Tumorzellen wirken kann. Funktioniert bestens, wie ich selbst erleben durfte.

Diese reduzierte Immunabwehr hat aber zum Beispiel den Nebeneffekt, dass alle Arten von Impfungen keine Antikörper bilden. Auch das konnte ich durch Antikörper-Tests nach Corona-Impfungen feststellen. Der Test ergibt 10 Tage nach der dritten Corona-Impfung, dass ich keine Antikörper gebildet habe.

Es könnte daher sein, dass ein zufällig sich bildender Tumor nach einer überstandenen Krebserkrankung wegen der nicht vorhandenen Immunabwehr sich sehr rasch ausbreiten kann, dass also mein Blasenkrebs überhaupt nur durch die Therapie nach dem Lymphknotenkrebs hat entstehen können oder wenigstens, dass sein rasches Wachstum diese Folge war. Wenn das stimmt, kann Chemotherapie möglicherweise ziemliche Nachwirkungen haben.

Weitere Vorgangsweise

Bei einem Ambulanztermin in der urologischen Ambulanz wird das Ergebnis der histologischen Untersuchung besprochen. Das Onko-Board im KFJ ist ein interdisziplinäres Gremium, bei dem jeder einzelne Fall von Ärzten verschiedener Fachdisziplinen bewertet und die weitere Therapie festgelegt wird.

Das kann in meinem Fall eine Wiederholung der Chemotherapie des Vorjahrs sein (wenn es sich um ein Lymphom handelt) oder etwas ganz anderes, zum Beispiel eine lokale Chemotherapie in der Blase, vielleicht sogar nichts weiter, wer weiß.

Es ist wie im Fußball: so lange nicht der Schlusspfiff ertönt, hat man noch eine Chance.

2022-03-15 Urologische Ambulanz

Der histologische Befund zeigt, dass der Blasentumor nicht von der Sorte „Blasenkrebs“ war, sondern ein Lymphom. (Wie ein Lymphknoten in die Blase hineinwachsen kann, weiß ich nicht, dazu muss man mehr von Medizin verstehen.)

Da diese Lymphome dazu neigen, überall auftreten zu können, ist eine lokale Behandlung in der Blase (wie bei einem Blasenkrebs) nicht das Richtige. Man muss mit einer Chemotherapie dem ganzen Körper den Kampf ansagen.

Sechs Nächte noch, dann geht es wieder los: Sechs Chemozyklen, jeweils eine Woche Krankenhaus und zwei Wochen zu Hause, insgesamt also 18 Wochen, wenn alles gut geht, wäre ich am 25. Juli fertig.

Irgendwann bleib i dann durt…

Heute bin ich optimistischer, weil ich erleben konnte, wie leistungsfähig unsere Spitäler sind.

Aber im September 2020 war meine Situation bedenklich. Einfache Anstrengungen wie Stiegen steigen waren nicht möglich, die Beine waren angeschwollen (weil die Lymphknoten den Plan verloren haben, die Flüssigkeit zu verteilen), ein solcher Lymphknoten im Bauchraum hat den Harnleiter der rechten Niere so abgequetscht, dass die Niere einen künstlichen Ausgang benötigt hat und aus der Lunge zwei Liter Wasser abgepumpt wurden.

In dieser hoffnungslosen Lage fiel mir dieses Lied ein. Nicht in Griechenland aus einer Insel würde ich bleiben, sondern ganz banal in einem Krankenhaus.

Aber mit jedem weiteren Tag in Behandlung besserte sich die Lage. Das Wasser verschwand, das Hämoglobin stieg wieder an und nach 5 Monaten konnte ich wieder einen normalen Arbeitstag bewältigen.

Nach allen diesen Erfahrungen gehe ich mit mehr Optimismus in die zweite Chemotherapie.

2022-04

Es kommt anders als man denkt.

Eine Chemotherapie reduziert die Lymphome mit Gift, das auf schnellwachsende Zellen wirkt. Manchmal beseitigt die Chemotherapie die Krebszellen, manchmal nicht. Bei mir nicht.

Meine Annahme, es würde wieder eine Chemotherapie werden, war falsch. Die Ärzte im Onko-Board haben beschlossen, mir eine Immuntherapie im AKH zu verordnen, die aber erst im Sommer beginnen kann. Um die Wartezeit zu nutzen, bekomme ich vier Zyklen einer Antikörpertherapie, die das Ziel hat, die Eigenabwehr des Körpers zu stärken und zu motivieren, den Tumor selbst zu bekämpfen. Diese Therapie hat praktisch keine Nebenwirkungen.

Es gab aber Schwierigkeiten, die Venen-Zugänge herzustellen. Mehrere Ärzte bemühten sich vergebens, Venen zu finden. Das war nicht immer so. Noch vor zwei Jahren ging das problemlos. Doch scheint sich der Körper unter dem Einfluss der Chemotherapie umgebaut zu haben. Es kann natürlich auch sein, dass es einfach ein Alterungsprozess ist.

Ich bekam einen Port-a-Cath (Port-Katheter), einen permanenten Venenzugang auf der rechten Brustseite in der Gegend des Schlüsselbeins einoperiert. Und anders als bei Operationen in Vollnarkose erfolgt diese Operation mit lokaler Betäubung. Es ist also eine Gelegenheit, die eigenen Ängste wieder einmal überwinden zu lernen.

Die Onkologie beauftragte eine Nierenuntersuchung in der urologischen Ambulanz. Diese ergab, dass meine rechte Niere eine Schrumpfniere ist und praktisch nichts zum Harnaufkommen beiträgt. Diese Veränderung der Niere wurde wahrscheinlich durch den Druck des Tumors herbeigeführt. Der Arzt empfahl, einfach abzuwarten, weil diese Problematik schon seit Jahren besteht und sich seither nicht viel verändert hat. Bei einer weiteren Verringerung der Durchflussmenge wären unangenehme Maßnahmen zu befürchten, wie zum Beispiel ein künstlicher Nierenausgang oder gar eine operative Entfernung der Blase. Hoffentlich bleibt dieses Szenario möglichst lange in der Ungewissheit der Zukunft.

Im April folgt noch die zweie Antikörpertherapie, und Anfang Mai soll die dritte folgen, doch der routinemäßige Corona-Test vor der Aufnahme ist positiv und die Therapie muss warten.

2022-05

Die nächsten sechs Wochen stehen im Zeichen eine ziemlich heftigen Corona-Erkrankung, die langwierig zu werden scheint. Als die Schluckbeschwerden unerträglich werden, rufen wir 1450. Doktor Nguyen diagnostiziert eine doppelseitige Angina, die mit einem Antibiotikum bekämpft wird, Nach einer Woche gehen die Schluckbeschwerden zurück.

2022-06

Erst in der zweiten Juniwoche wird der Corona-Test negativ, und die Antikörpertherapie kann mit dem dritten Zyklus fortgesetzt werden. Danach folgt eine PET-CT am Klinikum-Landstraße Die PET-CT zeigt immer noch eine durch den Tumor verdickte Harnblasenwand.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle anmerken, dass es mir sehr gut geht. Ich kann zwar nichts planen, weil ich immer gegenwärtig sein muss, ins Spital gehen zu müssen. Aber der sonstige Alltag ist entspannt, wir verbringen die heißen Stunden im „Tschuschenaquarium“. Für uns ist es das Dragonerhäufl am Romaplatz gegenüber vom Gasthaus Birner. Aus Sicherheitsgründen haben wir neuerdings eine chinesische Schwimmboje dabei, die einzige mit praktischen Handgriffen

2022-07

Ein vierter Zyklus der Antikörper-Therapie wird im KFJ durchgeführt. Ich bekomme bei einem Ambulanztermin eine Injektion mit Corona-Antikörpern, weil mein Immunsystem nach den Corona-Impfungen selbst keine Antikörper ausbildet. Nach einigen Tagen kommt ein Anruf vom KFJ, dass ein Behandlungstermin im AKH bei Frau Professor Worel vereinbart werden konnte.

AKH

Der Besuch zu einem Vorgespräch im AKH war ein Erlebnis. Einerseits die Wanderung durch das riesige Gebäude, dann ein netter Arzt, der mich gleich zur Behandlung mitnehmen wollte. Erst eine Kontrolle des Geburtstags ergab, dass es sich um eine zufällige Namensgleichheit mit einem anderen Patienten „Franz Fiala“ gehandelt hat.

„Worel“ ist en tschechisch klingender Namen, obwohl man im Tschechischen „Vorel“ schreiben würde. Frau Worel stammt aus einer sudetendeutschen Familie in Tschechien, wie sie mir erzählt hat (daher das „W“ statt des „V“). Im Tschechischen ist „orel“ der „Adler“ und „vorel“ dasselbe, mundartlich betont. Überhaupt kommt man sich gar nicht wie ein Patient vor, so kameradschaftlich wird man in den Spitälern behandelt.

Das Gespräch zeigt, dass ich für ein ganz besonderes Verfahren vorgesehen bin. Erst 2019 hat das von Novartis und Frau Professor Worel am AKH entwickelte Verfahren KYMRIAH die Zulassung in den USA und in der EU bekommen. Vielleicht braucht man in dieser Frühphase einfach Tester, und da ich alle anderen Therapien sehr gut vertragen habe, könnte das den Ausschlag gegeben haben. Eine Recherche im Internet zeigt, dass die Kosten für eine solche Behandlung in der Größenordnung der Kosten eines Einfamilienhauses liegen. Ich bin kein Oligarch, kein Schein, nicht der Wiener Bürgermeister und nicht einmal der Rapid-Präsident, einfach der Fiala aus Favoriten.

Etwas makaber ist der Werbespruch von Novartis: „Geld zurück, wenn der Patient verstirbt.“ Man weiß nicht recht, was man davon halten soll. Ist Novartis so überzeugt von der Wirksamkeit der Therapie oder will man den Kostenträger von den enormen Kosten ablenken. Wenn alle Patienten versterben, kostet das Ganze gar nichts, überleben alle, wäre das ein voller wirtschaftlicher Erfolg für das Unternehmen. Man kann sich vorstellen, dass man unter dieser Randbedingung die Patienten sehr gut auswählt und daher meine Chancen vielleicht gar nicht so schlecht stehen, dass die Therapie wirkt.

Der Assistenzarzt in der AKH-Abteilung sagte es so: „Wenn man schon schwer erkrankt, dann sollte man in Wien leben“. Das hat mir schon mein verstorbener Freund Ferdinand de Cassan erzählt. Er hatte eine Leukämie, war ein ganzes Jahr in einem Isolationszimmer am AKH und wurde auch mit einer sehr teuren Therapie behandelt. Tatsächlich konnte er ein Jahr lang an unseren gemeinsamen Projekten teilnehmen. Nach einem Jahr aber, war der Krebs stärker.

Leukämie und Lymphom sind insofern verwandt, als beide mit derselben Methode KYMRIAH bekämpft werden.

KFJ

Damit diese Therapie am AKH durchgeführt werden kann, braucht das AKH einen eigenen Katheter am Hals, weil meine Hand-Venen für einen solchen Zugang als ungeeignet bewertet werden. Diese kleine Operation wurde an das KFJ delegiert und wird dort ausgeführt. Danach werde ich mit der Rettung (!) ins AKH gebracht. Jeden Tag ist ein Corona-Test fällig.

Vereinbart war, dass ich am Sonntag ins KFJ komme. Am Freitag – wir kaufen gerade im Merkur ein – ruft mich Oberarzt Hofinger aus dem KFJ an, ich möge doch schon am Samstag kommen, denn es wäre nur mehr ein Bett frei. In jedem anderen Fall hätte man mich ohne freies Bett einfach nach Hause geschickt, in diesem Fall war es aber auch für das KUMRIAH-Projekt wichtig, dass der Patient auch verfügbar ist.

Ich möchte noch einmal betonen, dass es mir subjektiv sehr gut geht, und dass ich keine krankheitsbedingten Wehwehchen habe, sieht man von einer kleinen Kurzatmigkeit ab, die durch einen niedrigen Hämoglobinwert bedingt ist. Der Krebs hat zur Folge, dass alle relevanten Blutbestandteile zu gering sind („Panzytopenie“). Da auch die Thrombozyten betroffen sind, werde ich vor dem Eingriff eine Thrombozyten-Infusion bekommen.

Vielleicht ist auch mein allgemein guter Gesundheitszustand wesentlich für meine Auswahl für die KYMRIAH-Therapie. Ich bekomme das letzte Bett in einem Einzelzimmer.

KYMRIAH

Diese KYMRIAH-Therapie wird nur einmal verabreicht. Am Dienstag wird mein Blut in einer Zentrifuge in seine Bestandteile aufgespaltet und die weißen Blutkörperchen entnommen. Sie kommen ins Novartis-Labor und dort in einem komplexen Prozess „bewaffnet“, in dem aus den T-Zellen sogenannte CAR-T-Zellen geformt werden (Chimärer Antigen Rezeptor). Die T-Zellen sind danach in der Lage, die Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Nach der Entnahme der Blutbestandteile muss man 3-4 Wochen warten. In dieser Zeit kann eine Überbrückungstherapie angesetzt werden.

Makabrerweise gibt es von Novartis eine Geldzurück-Garantie im Todesfall. Bezahlen muss der Kostenträger nur, wenn die Therapie klappt und der Patient eine vorher definierte Zeit überlebt. „Geld zurück, wenn Patient verstirbt.

2022-08

Einige Tage von der Infusion der CAR-T-Zellen wird eine spezielle Chemotherapie durchgeführt. Duch sie wird die Zahl der Immunzellen verringert, um Platz für die CAR-T-Zellen zu schaffen, damit sich diese besser vermehren können.

Der Vorteil dieser Therapie ist, dass man keine Abstoßungsredaktionen durch ein fremdes Spenderblut zu erwarten hat.

Wahrscheinlich wird nach einiger Zeit wieder eine PET-CT am Klinikum Landstraße angesetzt. Man kann nur hoffen, dass die aufwändige Prozedur geholfen haben wird.

„Ich war ja skeptisch.
Eine „Krankheit“, bei der 95% keine Symptome,
aber hinterher AK haben,
4% nur vorübergehende Grippe-Symptome zeigen,
1% schwer erkrankt und
0.02-0,2% versterben,
ist doch kein Grund, Sorge zu haben.


Hab mich dann trotzdem gegen Polio impfen lassen.“

Dr. Philipp S. Holstein, Autor (gepostet von mimikama.at in Facebook)

Mein Klassenvorstand gehörte zu diesen 1%, die schwer an Kinderlähmung erkrankt sind. In seiner Jugend gab es die praktische Schluckimpfung noch nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass Menschen sich gegen die kollektive Schluckimpfung gegen Kinderlähmung so vehement zur Wehr gesetzt hätten wie das heute gegen die Corona-Impfung der Fall ist. Heute kann man sich einfach gegen das Risiko einer schweren Erkrankung schützen – und viele tun es nicht.

Seien wir ehrlich: wir müssen praktisch alles glauben, und unsere Welt ist voll von „Wahrheiten“ aus denen man seinen Glauben konstruieren kann. Der Glaube an den Nutzen einer Impfung scheint denselben Wert zu haben wie sein Gegenteil.

Aber die Menschheit hat eine Methode entwickelt, mit der Erkenntnisgewinn erreicht wird. Diese Methode, die Wissenschaft, ist die Grundlage für das Funktionieren unserer modernen Welt. Jeder, der eines dieser modernen Wunder wie ein Handy benutzt, kann es gewissermaßen „begreifen“, dass Wissenschaft funktioniert.

Auch an die Ergebnisse der Wissenschaft müssen wir glauben, weil wir sie nicht selbst erarbeiten. Aber dieser Glaube hat ein weltweites Kontrollsystem im Hintergrund, eine Art Wettbewerb um die beste Theorie, und so wie im Sport Weltmeister ermittelt werden, entsteht in diesem wissenschaftlichen Wettbewerbssystem der Theorien Erkenntnis.

Was allerdings anders ist als ein religiöser Glaube, ist die notwendige Bereitschaft der Gläubigen, eine gewonnene Erkenntnis auch einmal über Bord werfen zu können, wenn sie widerlegt oder überholt wird, so wie ein Weltmeister auch einmal abdanken muss.

Glaube an den Pfadfinder „Wissenschaft“ hat eine andere Qualität als der Glaube an jemandes Meinung, und man sollte dafür auch ein anderes Wort verwenden, weil „Glaube an die Arbeitsweise der Wissenschaft“ in einer Reihe steht mit einem „Glauben an irgendwas“ und dennoch etwas anderes bedeutet und sogar die Unsicherheit miteinschließt.

2020-09-01

Das Jahr 2020 wird uns allen als das „Corona-Jahr“ in Erinnerung bleiben. Für mich bedeutete es gleichzeitig einen gravierenden Einschnitt in der Lebensqualität.

Zuerst eine Beobachtung, die mich schon jahrelang verfolgt, nämlich eine stetige Gewichtszunahme von etwa 1,5 kg pro Jahr. Könnte altersbedingt sein, widerspricht aber unserer eher bescheidenen Lebensweise und der regelmäßigen Bewegung. Der Grund dafür war, dass die Lymphknoten ihre Aufgabe, der Verteilung von Flüssigkeiten im Körper nicht merh richtig nachkommen konnten und Flüssigkeit einfach irgendwo im Bauch abgelagert haben, nur nicht in der Niere. Die Folge: Gewichtszunahme; nicht unbedingt Fett sondern Flüssigkeit.

Bis zum Sommer fühlte ich mich gesund wie sich eben ein 71-jähriger gesund fühlen kann. Dann kam der Juli und bisher unbekannte Beschwerden. Einerseits eine Atemnot und anderseits Bauchschmerzen. Es stellte ich heraus, dass ich drei unabhängige Erkrankungen habe:

  1. seit 3 Jahren ein sich ständig verschlechterndes Blutbild ohne erkennbare Ursache (ICUS); das ist die Ursache für die Atemnot (und auch für starke Verkühlungen), weil sowohl weiße als auch rote Blutkörperchen nicht in ausreichender Zahl gebildet werden. ICUS wird in Zusammenhang mit Leukämie erwähnt.
  2. Prostatakrebs (damit könnte man leben, sagt mein Urologe)
  3. Lymphknotenkrebs (wurde eher nebenbei entdeckt, als man den Prostatakrebs untersuchen wollte).

Ins Krankenhaus kam ich mit Diagnose 2, eingewiesen durch meinen Urologen und wurde dort gleich behalten. Man hat nämlich einen Lymphknotenkrebs diagnostiziert. Auf der Urologie wurden Gewebsproben entnommen und nach dem Einlangen des Ergebnisses wurde ich auf die Onkologie überstellt.

Mein „Zweitwohnsitz“ auf Onko-D der 3. Medizinischen Abteilung des KFJ (Klinik Favoriten) zwischen September 2020 und Februar 2021

Die Chemotherapie begann ohne Verzögerung. Weil die extrem vergrößerten Lymphknoten auch auf den Harnleiter drückten, drohten die Nieren zu versagen und man plante schon einen künstlichen Nierenausgang. Doch da bereits der ersten Chemo-Zyklus eine Verkleinerung der Lymphknoten bewirkt hat, wurde mir dieser Ausgang erspart.

2020-Herbst

Meine Chemo bestand insgesamt aus 6 Zyklen. Ein Zyklus dauerte 3 Wochen (= 1 Woche Krankenhaus, 2 Wochen zu Hause). Den ersten Abschnitt eines Zyklus empfand ich – bedingt durch Cortison – sehr euphorisch (alles geht flott von der Hand, man möchte der Welt einen Haxn ausreißen). Aber danach kommt aber ein ziemlicher Rückfall und man landet zumindest 2-3 Tage im Bett und kann nichts machen. Bis zum Ende dieser drei Wochen erholt man sich wieder und freut sich geradezu auf den nächsten Zyklus, weil man ja dem Ende näher kommt.

So verliefen die ersten vier Zyklen.

Beim fünften Zyklus aber war der Rückfall massiv, ich lag vier Tage fast bewusstlos und träumend im Bett. Schließlich wandte ich mich an das Spital. Man hat mich sofort aufgenommen und einer einwöchigen Intensivbehandlung unterzogen, mit dem Ziel der Verbesserung des Blutbildes (Krankheitsbild 1). Am 24.12. hat man mich nach Hause entlassen. Mein Allgemeinzustand war – und ist noch immer – sehr schlecht. Müdigkeit, ein Muskel am Oberschenkel hat sich verabschiedet.

Dass ich Hämorrhoiden habe, das ist schon lange bekannt, machte aber bisher keinerlei Beschwerden. Bis zu diesem Krankenhausaufenthalt. Liegen ist gut, sitzen sehr beschwerlich. Es dürfte an der Chemie des Stuhls liegen, die sich durch die Chemo stark verändert hat und diese Beschwerden verursacht.

Das Hauptproblem ist die Grunderkrankung „schlechtes Blutbild“. Bei einem normalen Blutbild verschlechtern sich durch die Chemo die Blutwerte – aber nicht gefährlich. Bei mir war das Blutbild schon zu Beginn schlecht und irgendwann – eben beim 5. Zyklus wurde es gefährlich. Nur zu Illustration: ich habe 6 Bluttransfusionen bekommen, je 3 auf jeder Seite.

Euphorie-1

Jetzt noch die Geschichte in der Geschichte. Mein subjektives Erleben schwankte von sehr niedergeschlagen bis zu extrem euphorisch, zum Beispiel als die erste Chemo bereits die Lymphknoten verkleinert hat. Ich hatte meinen Laptop im Spital, langweilig war mir nicht.

Wir planen schon seit zwei Jahren den Ankauf eines Elektroautos. Und in dieser ersten Euphoriewelle – von der ich damals nicht wusste, dass sie cortison-bedingt ist – habe ich nach vielen Stunden Video-Studium ein Elektroauto ausgewählt, einen VW iD.3 – und gleich bestellt.

Im November kam dann eine Psychologin auf mich zu und warnte mich von unüberlegten Geldausgaben während der Chemo – zu spät. Am 8.1. kommt das Elektromobil. Ich sollte dem Krankenhaus eine Rechnung schicken, weil sie mir das zu spät gesagt haben:-)

Euphorie-2

Diese Chemo war wie eine Berg- und Talfahrt. Der Gefühle, der Arbeitsfähigkeit, der Müdigkeit, des Optimismus… Um etwas zu erledigen, war es notwendig, die cortison-dominierten ersten Tage nach der Chemo zu nutzen, danach kam eine Art Zusammenbruch.

Die mich näher kennen, wissen, dass ich vier Mal pro Jahr eine Computer-Zeitung verfasse (die PCNEWS). Die dritte Ausgabe konnte ich noch im August, vor meinem dreiwöchigen Erstaufenthalt, fertigen. Das Problem war die vierte Ausgabe. Glücklicherweise war die Phase der arbeitsamen Cortison-Phase im zweiten Chemo-Zyklus ausreichend lang, dass sich die Herstellung des Layouts ausging und ich die Vorlage in die Druckerei senden konnte. Bereits die Erstellung der Versendedaten bereitete mir Schwierigkeiten, aber schließlich ist sich alles ausgegangen. Danach kam ich in den dritten Chemo-Zyklus, nach dessen Ende – wieder in der durch Cortison erzeugten Hochstimmung – ich punktgenau die Ausgabe ganz ohne Corona-Test aus der Slowakei abholen konnte. Nur ein paar Tage später wäre die Grenze ohne Corona-Test unpassierbar gewesen. Wegen dieser durch die Chemozyklen vorgegebenen Zeitpunkte kam die PCNEWS schon Mitte November und nicht – wie vorgesehen – Anfang Dezember.

Einige erstaunte Rückmeldungen der Leser klangen so wie : „na, so krank kann der Franz nicht sein, wenn er die PCNEWS herstellen kann…“ Nun, dass das möglich war, verdanke ich allein dem Cortison. Andere Dinge, wie zum Beispiel die Pflege des Blogs musste ich zurückstellen.

So unerfreulich für uns alle der Ausfall unserer Clubabende ist, noch schlimmer wäre es gewesen, wenn Corona unser aller Leben nicht abgebremst hätte. Insgesamt also ein eigenartig anmutender Zufall in all der Unerfreulichkeit dieser Tage.

2021-01-04

Nun, ich konsumiere gerade den 6. Chemozyklus und eigentlich ist die Chemo-Thrapie zu Ende. Doch ist natürlich eine Kontrolle der Lymphknoten nötig und die beginnt in genau 14 Tagen. Dann wird von der Hausärztin ein besonderer Blutbefund erstellt. Nach weiteren 14 Tagen wird in der Rudolfstiftung (Klinik Landstraße) – basierend auf den Daten des Blubefunds – eine Computer-Tomographie mit einem radioaktiven Kontrastmittel erstellt, die es erlaubt, die Größe der jetzt hoffentlich verkleinerten Lymphknoten zu bestimmen. Danach geht es wieder in KFJ zu einem Aufpäppeln der weißen Blutkörperchen und eine Besprechung des CT-Ergebnisses. Vermutlich wird diese Prozedur nach einigen Monaten wiederholt werden müssen, und erst dann, wird man sehen könne, ob der Daumen

  • nach oben zeigt (kein weiteres Wachstum der Lymphknoten),
  • zur Seite zeigt (geringes Wachstum der Lymphknoten, also etwa ein chronischer Verlauf, der durch unterstützende Chemos in längeren Abständen stabilisiert werden kann) oder
  • nach unten zeigt (starkes Wachstum der Lymphknoten, mit schlechter weiterer Prognose).

Niemand weiß, was schließlich herauskommt. Die von Oberärzten genannte Prognose liegt bei 80% auf „kein Wachstum“. Aber frag‘ einer einen Fußballtrainer, wie er schätzt, dass das jeweils nächste Spiel ausgeht. Er strotzt vor Optimismus, den er auch an seine Spieler weitergeben will. So scheinen auch die Ärzte ihre Patienten motivieren zu wollen, indem sie ihnen die jeweiligen statistischen Werte nennen. Verlieren kann man jedes Spiel. Nur, im Fußball kann man es wiederholen…

2021-03-01

Nach einem Blutbild und nachfolgender PCT-CT (Positronen-Emissions-Tomographie) in der Rudolfstiftung (neuerdings Klinik Landstraße) wurde festgestellt, dass der Lymphnknotenkrebs vollständig verschwunden ist und man aus Erfahrungen mit etwa 80%iger Sicherheit sagen kann, dass er nicht wiederkommen wird. Aber man hätte auf den Schnittbildern „etwas“ im Darm entdeckt und ordnete eine Gastro- und Koloskopie an. Auch diese Untersuchung ging ohne weitere Nebenwirkungen zu Ende – sieht man von den Angstzuständen des Patienten ab. Von einer weiteren Verabreichung von Antikörpern hat man abgesehen.

Panzytopenie

Die Pfeile markieren den Sollbereich.

In derselbe Zeit sanken die Werte der Leukozyten (Weiße Blutkörperchen) bedrohlich ab. Im Patientenbrief steht, dass die weitere Therapie je nach Blutbild erfolgen werde das am 22.3.2021 bestimmt wird. Die ursprüngliche Hoffnung, dass das Blutbild mit dem Lymphknotenkrebs zusammenhängt (und sich daher nach der Chemo verbessern müsste), hat sich nicht bewahrheitet. Bei den diversen Visiten werde ich immer wieder gefragt, ob ich vermehrt unter Blutungen leide (stark gesunkene Thrombozytenwerte), doch das kann ich nicht bestätigen.

Die Veränderung des Blutbilds wird insgesamt als „Panzytopenie“ bezeichnet, das ist eine generelle Verschlechterung mehrerer wichtiger Blutkennzahlen.

Heute, in der 10. Woche nach der letzten Chemo beginnt sich der Allgemeinzustand zu verbessern. Die Müdigkeit lässt nach, die Haare wachsen wieder, der Geschmack kehrt langsam zurück, die Verdauung beginnt sich zu normalisieren; und das alles bei einem ziemlich schlechten Blutbild.


Das Leben ist kein Tanzlokal,
Das Leben ist sehr ernst.
Es bringt so manche Herzensqual,
Wenn du es kennen lernst.
Doch brich´nicht unter seiner Last,
Sonst wärest du ein Tor,
Und trag´was du zu tragen hast,
Geduldig mit Humor.
Und denk´ Dein ganzes Leben lang,
Ans Lied das Dir die Mutter sang –

Heile, heile Gänsje
Es is bald widder gut,
Es Kätzje hat e Schwänzje
Es is bald widder gut,
Heile heile Mausespeck
In hunnerd Jahr is alles weg.

2020-03-22

Heute stand ein Blutbild, die Besprechung des Ergebnisses einer Gastro- und Koloskopie sowie die weitere Vorgangsweise am Programm.

Blutbild

Das Hämoglobin ist von zuletzt 10,4 auf den Wert 12 gestiegen (wie zuletzt 2019), auch die Leukozyten stiegen von zuletzt 1,7 auf 2,4 an. Eine nochmalige Überprüfung ist für den 20.4. vorgesehen.

Darm

Der im Darm entfernte Polyp sei nicht bösartig, gutartig aber auch nicht. Man geht heutzutage bei der Bewertung davon ab, das Gewebe als „gut“ und „böse“ zu bezeichnen, weil der Übergang ein kontinuierlicher ist. Eine Kontrolle ist in etwa 12 Monaten geplant.

Lymphknotenkrebs

Der Zustand der Lymphknoten wird am 8 Juni im Ultraschall kontrolliert, eine CT wird später vorgenommen.

Die Lymphknoten erweisen sich als unauffällig. Diese Diagnose beschert uns einen entspannten Sommer und Herbst.

Wirkungen

Als Wirkstoffe bezeichnet man Substanzen, die in Organismen eine Wirkung hervorrufen. Um eine Wirkung zu erzielen, benötigt man eine gewisse Menge einer Substanz. Geringere Mengen bewirken nichts, größere Mengen können gefährlich sein.

Im 16. Jahrhundert formulierte Paracelsus: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“

Dem ist nicht allzu viel hinzuzufügen, unser täglicher Umgang mit Substanzen aller Art bestätigt Paracelsus auch heute. Eine Schlaftablette pro Tag kann wohltuend sein, eine ganze Schachtel eher weniger.

Homöopathie

300 Jahre nach Paracelsus, ergänzte Samuel Hahnemann das Wirkungsprinzip des Paracelsus, in dem er die „Wirkung des Nichts“ erfand.

Homöopathie behauptet, „Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden“ (lateinisch similia similibus curentur), doch wissen wir, dass in den verkauften Wässerchen und Kügelchen wenig bis nichts von der ursprünglichen Substanz enthalten ist. Und ein „Nichts“ ist allem ähnlich. Homöopathie ist eine behauptete Wirkung durch Nichts. Im Wikipedia-Artikel über Homöopathie werden die angewendeten Verdünnungsgrade genau beschrieben.

Man hat den Eindruck, als würden die Menschen einfach durch die größer werdenden Zahl der Potenz von der Wirkung überzeugt. In ihrer Vorstellung besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der postulierten Wirkung und der größer werdenden Zahl. Dass diese größer werdende Zahl aber eine Verdünnung charakterisiert, scheint den Anhängern der Homöopathie zu entgehen. D4 ist besser als D2 und D24 ist überhaupt gut. D24 bedeutet 1:1024 = 1:1.000.000.000.000.000.000.000.000 (=C12). Ein Tropfen verdünnt im Wasservolumen des Atlantik!

Wie erkennt man ein Homöopathikum?

Homöopathikum Restaxil

Derzeit wird auf allen Sendern das Medikament „Restaxil“ gegen Nervenschmerzen angeboten.

Weder in der Werbung im Fernsehen noch beim Apotheker und auch nicht im Beipacktext wird etwas darüber gesagt, dass es sich um ein Homöopathikum handelt. Es kostet stolze 35,- Euro und enthält:

0,1 g Gelsemium sempervirens Dil. D2
0,4 g Spigelia anthelmia Dil. D2
0,1 g Iris versicolor Dil. D2
0,5 g Cyclamen purpurascens Dil. D3
0,2 g Cimicifuga racemosa Dil. D2

Der Beipacktext unterscheidet sich nicht von dem eines Arzneimittels, mit einem kleinen Unterschied. Zu beachten ist der Zusatz „Dil. D2“. Das ist der einzige Hinweis im Beipacktext darauf, dass es sich um ein Homöopathikum handelt. Der Zusatz „Dil. D2“ bedeutet, dass 1g Wirkstoff in 100 g (10²g) Flüssigkeit aufgelöst wird, „D3“ in 1000g. Der Apotheker macht darauf genau so wenig aufmerksam wie die Fernsehwerbung. Und Restaxil wirkt – in der gewünschten Richtung! Es reduziert Deinen Kontostand, der Rubel rollt.

Hochpotenzen

Bei diesen niedrigen Potenzen der Ausgangsstoffe von Restaxil, 1:100 und 1:1000, kann man noch davon sprechen, dass kleine Reste der Ausgangssubstanz im Homöopathikum enthalten sind.

In den als Hochpotenzen angebotenen Homöopathika ist der Verdünnungsgrad aber so hoch, dass tatsächlich nichts mehr vom ursprünglichen Stoff in dem Wässerchen enthalten ist. Dennoch wird dem Mittel eine Wirkung unterstellt, die darauf beruhen soll, dass sich die Flüssigkeit „merkt“, mit welchem Stoff sie ursprünglich in Berührung gekommen ist.

Nun wissen wir aber alle als Amateur-Informatiker und einfache Menschen, dass man – um sich etwas zu merken – Strukturen braucht, die es erlauben, den einen ursprünglichen Stoff vom anderen zu unterscheiden. Je mehr verschiedene Informationen wir unterscheiden wollen, desto größer muss der betreffende „Speicherchip“ sein. Nicht umsonst ist unser Gehirn das komplexeste Objekt das wir kennen. Und natürlich kann sich unser Gehirn merken, welche Substanz man gerade konsumiert hat.

Aber ein simples Wassermolekül kann sich nichts merken, weil es keine verschiedenartigen inneren Zustände annehmen kann.

Was also kann es sein, das Ärzte veranlasst, Homöopathika zu verschreiben und Patienten veranlasst, an ihre Wirkung zu glauben? Hier ein Interpretationsversuch:

Möglicher Sinn der Homöopathie

Zur Ehrenrettung von Hahnemann könnte man anführen, dass die damals üblichen Behandlungen der Schulmedizin wie Schröpfen oder Aderlass Patienten eher geschwächt als geheilt haben. Im Nachhinein könnte man Hahnemanns Vorgangsweise als den Versuch interpretieren, eine wissenschaftlich anmutende Methode anzubieten, die wenigstens den einen Vorteil hatte, den Patienten der brutalen Schulmedizin zu entreißen.

Dass die Homöopathie heute boomt und den Patienten von durchaus seriösen Ärzten empfohlen wird, hat aber wahrscheinlich andere Gründe. Würde der Arzt dem Patienten reinen Wein einschenken und ihm sagen, dass die Schulmedizin im konkreten Behandlungsfall nichts anzubieten hat und die Homöopathie nicht wirkt, besteht die Gefahr, dass sich der Patient von der Schulmedizin abwendet und bei zweifelhaften Nicht-Medizinern landet, was in einem späteren Ernstfall tragisch enden könnte. Daher kann die Verabreichung homöopathischer Mittel durch den behandelnden Arzt einem Patienten auf lange Sicht das Leben verlängern, einfach durch die Bindung an einen erfahrenen Mediziner.

Damit aber das Vertrauen in das Homöopathikum ebenso groß ist wie zu einer Arznei mit einem Wirkstoff, muss die Konfektionierung inklusive Beipacktext der eines Arzneimittels gleichen. Der einzige Unterschied sind die Verdünnungen D3 (1:1.000) oder C6 (1:1.000.000.000.000). So ausgestattet bietet ein Homöopathikum die Wirkung eines perfekten Placebo. Es macht den Patienten glauben, eine Wirkung würde stattfinden, und es findet auch eine Wirkung statt, nämlich durch die Kraft der Überzeugung, dass es eine Wirkung hat. Aber nur, wenn man die Mechanismen dahinter nicht nennt und alle so tun „als hätte der Kaiser neue Kleider an“. Menschen, die an Homöopathie glauben, haben also gegenüber den Skeptikern diesen einen Vorteil der Placebowirkung.

Heute ist es also umgekehrt als zu Hahnemanns Zeiten. Damals befreite die Homöopathie den Patienten aus den Klauen der Schulmedizin, heute bewirkt sie, dass der Patient das Vertrauen in die Schulmedizin nicht verliert.

http://fiala.cc/2016/04/das-gute-an-der-alternativmedizin/

Abnehmende Fallzahlen, das Unterschreiten der 1.000er-Marke wirken beruhigend und wiegen uns in Sicherheit. Doch in der Welt der exponentiellen Verläufe werden Größenordnungen rasch überwunden und aus 100 wird schnell 1.000, und genau so schnell 10.000, wenn die Fallzahlen wieder steigen – und das tun sie gerade.

Die Behauptung, dass die Fallzahlen zunehmen steht aber im Widerspruch zu den Fernsehbildern, die von einer Abnahme sprechen. Und die Gesamtzahl der aktuell Erkrankten nimmt derzeit tatsächlich ab,

  • weil es vor einiger Zeit noch sehr viel mehr Erkrankte gab und diese sich wieder gesund melden und
  • weil durch die Hygienemaßnahmen weniger Infizierte dazukommen als vor einigen Wochen.

In dieser Bilanz aus Genesenen und Neuerkrankungen überwiegen derzeit noch die Genesenen, daher der Abwärtstrend der Erkranktenzahlen. Wenn aber der Berg der Erkrankten einmal abgebaut ist, dann verschwindet die Abnahme der Fallzahlen und das derzeit geringe Niveau der Neuinfektionen bleibt.

Gäbe es keine Neuerkrankungen mehr, würde die Epidemie in etwa 3 Wochen verschwunden sein.

Aber es gibt Neuerkrankungen. Ihre Zahl ist klein im Vergleich mit den früheren Fallzahlen und daher kommen sie uns vernachlässigbar vor. Irgendwann in diesen Tagen wird die Anzahl der täglich Genesenen mit jenen der neuen Fälle gleich sein. Der Berg der Erkrankten wird abgebaut sein und die neue Normalität nimmt ihren Lauf.

Unsere Sicht auf die Situation wird durch zwei Umstände getrübt:

Linearer Maßstab

Das Fernsehen liebt den linearen Maßstab. Aber das beobachtete Phänomen der Infektionszahlen folgt einer geometrischen Reihe mit ständig wechselnden Anstiegen, und dafür eignet sich die lineare Darstellung nicht und zwar vor allem, weil die kleinen Werte als vernachlässigbar erscheinen. Dass sie das aber nicht sind, können wir uns leicht vor Augen führen, weil ja die ganze Sache mit dem Corona-Virus mit einem eingeschleppten Fall begann, der sich dann eben exponentiell, also einer geometrischen Reihe folgend, vermehrt hat.

Der folgende Vergleich zeigt die heutige Situation der Fallzahlen in einer linearen und einer exponentiellen Darstellung:

Die lineare Darstellung suggeriert, dass die Zahl der Erkrankten praktisch auf Null zurückgeht., während die logarithmische Darstellung deutlich zeigt, dass der Abwärtstrend in diesen Tagen ein Ende hat aber keineswegs Null ist.

Es ist auch bemerkenswert, dass in der linearen Darstellung der Abstand zu dem Spitalslimit (dicke rote Linie) sehr groß erscheint, während sie im logarithmischen Maßstab gar nicht so groß ist. Der Grund ist, dass für geometrische Zahlenfolgen Abstände schrumpfen.

Streuung

Die täglichen Fallzahlen zeigen die Situation noch klarer.

In der linearen Darstellung nimmt man die heute geringen Fallzahlen nicht wahr, sie erscheinen vernachlässigbar. Man sieht in der logarithmischen Darstellung, dass bei geringen Fallzahlen die Streuung zunimmt. Leitet man aus den beobachteten Werten eine Prognose ab, ist diese Prognose mit einer großen Unsicherheit verbunden. Die eingezeichnete violette Trendlinie zeigt den Trend der letzten zwanzig Tage. Derzeit ist dieser Trend leicht negativ. (Der Trend ist in der linearen Darstellung praktisch nicht darstellbar.)

Trotz dieses chaotisch anmutenden Verlaufs, kann man aus diesen Fallzahlen einen wichtigen Trend ableiten. Die punktierte Trendlinie der letzten Tage wird in die Zukunft verlängert und daraus eine Prognose abgeleitet.

Prognose

Die täglichen Fallzahlen sind eine Funktion der aktiv Erkrankten und unseres Sozialverhaltens. Ohne zusätzliche Maßnahmen gibt es ein 30%iges tägliches Wachstum. Mit Babyelefant, Masken und Handhygiene kann die Zuwachsrate sehr weit reduziert werden, durch Schlendrian steigt sie wieder an.

Kann man an den Fallzahlen die Lockerungsmaßnahmen nachvollziehen?

Ja, das geht sehr gut! Verwendet man den Trend der Neuerkrankungen der letzten 20 Tage zu verschiedenen Zeitpunkten in der Vergangenheit, dann wäre eine Prognose verschieden ausgefallen. Die folgenden Prognosen für den 20. Juni zu verschiedenen Zeitpunkten zeigen, wie die schrittweisen Öffnungen den Verlauf der Epidemie beeinflusst haben.

Das letzte Bild vom 19.5. zeigt, was uns erwartet: eine Trendumkehr bei der Zahl der Erkrankten und ein nicht deutlich ausgeprägter Verlauf der Krankenzahlen.

Die folgende Tabelle zeigt die zu verschiedenen Zeitpunkten für den 20. Juni prognostizierten Fallzahlen

Prognose für 20. Juni
vor 4 Wochen    9 Fälle
vor 3 Wochen   95 Fälle
vor 2 Wochen  128 Fälle
vor 1 Woche   400 Fälle
heute (19.5.) 990 Fälle 

Hätten wir unser Verhalten der Osterzeit beibehalten, würden wir Mitte Juni nur mehr 9 Fälle beobachten. Nach jeder weiteren Woche kamen aber mehr Neuerkrankungen dazu und die Prognose verschlechterte sich wöchentlich. Betrachtet man die für 20 Juni prognostizierten Fälle, erhält man immer schlechter werdende Werte, weil wir unser Verhalten gegenüber der Osterwoche verändert haben. Daher haben die Neuerkrankungen durch die Lockerungen zugenommen. Nicht viel, aber genug, dass die große Regierungspartei sie als Wahlkampfmunition im „Kampf um Wien“ verwendet.

Man kann der Verlauf auch so interpretieren, dass die günstigen Prognosen vor vier Wochen dadurch bedingt waren, dass eben noch sehr viele Genesene für einen starken Negativtrend gesorgt haben und diese jetzt wegfallen.

Wie werden sich die Fallzahlen verändern?

Es werden weitere Lockerungen folgen, unsere Aufmerksamkeit wird abnehmen, die Fallzahlen werden zunehmen. Dem steht gegenüber, dass die Gesundheitsbehörten den Infektionen kriminologisch auf den Grund gehen und versuchen, das Wachstum zu bremsen.

Der Chef-Virologe der Charité Christian Drosten meinte, dass in der warmen Jahreszeit die Verbreitung des Virus gebremst werden könnte (Aufenthalt im Freien, rasches Austrocknen der Aerosole in der Luft) und dass im Herbst wieder eine größere Zunahme der Fallzahlen bevorstehen könnte, einfach, weil die allgemeine Wachsamkeit nachgelassen haben wird. Ja, so könnte es kommen.

Der Trend der Neuerkrankungen – ermittelt über einem Zeitraum von 20 Tagen – schwankt zwischen -2% und +2% täglicher Zunahme. Wenn wir diesen Trend in die Zukunft extrapolieren, gehen wir als Techniker immer vom ungünstigsten Fall aus und das wären 2% Zunahme – es kommen ja noch weitere Lockerungen auf uns zu. Wenn eine solche geringe Steigerung ungebremst über einen längeren Zeitpunkt wirken kann, ergibt sich folgendes (ungefähres) Bild der Fallzahlen.

24.5.    800 Fälle (von info.gesundheitsministerium.at)
 1.6.    930 Fälle
 1.9.  5.800 Fälle
1.12. 42.000 Fälle

Es geht in dieser Tabelle nun nicht darum, Angst zu machen. Die Tabelle will die Wirkung einer zwei prozentigen täglichen Steigerungsrate verdeutlichen. Würden diese Zahlen in dieser Form zutreffen, wären spätestens Ende des Sommers Gegenmaßnahmen angesagt.

Präsentation der Infektionszahlen

Die derzeitige Präsentation der Infektionszahlen im ORF enthält tendenziell die Botschaft „es ist alles paletti“, und das deshalb, weil man immer mit der Zeit vor Ostern vergleicht und natürlich schaut da das heutige Infektionsniveau gut aus. Aber diese Darstellung verleitet zu einem unangebrachten Optimismus.

Die Präsentation der Infektionszahlen sollte nicht mit einem Blick in die Vergangenheit erfolgen (also mit einer Darstellung der Zeit vor Ostern), sondern mit dem Hauptaugenmerk auf der Zukunft. Es sollte klar gemacht werden, dass auch nur geringe tägliche Zuwächse irgendwann nicht mehr bewältigbar sind. In der exponentiellen Welt sind auch zwei Prozent langfristig zu viel. Die Geschichte mit dem Schachbrett und den Reiskörnern kennen wir ja, und Corona ist nichts anderes.

Die Kurven im Beitrag stammen aus dem Prognoseprogramm CORINT.

Hilfe, Hofer hat keinen Schafkäse mehr!

Nun, der Titel „Notstand“ ist zugegebenermaßen „etwas“ übertrieben, aber dass man wegen eines fehlenden Grundnahrungsmittels aus dem Süden Wiens einen Ausflug nach „Mordor“ machen muss, ist doch etwas ungewöhnlich.

Mordor

„Mordor“ bezeichnete DieTagespresse scherzhaft die Bezirke in Transdanubien im Artikel „Neustrukturierung fixiert: Häupl präsentiert zukünftige Wiener Bezirke“.

Hofer

Hofer ist unser Nahversorger in der Gudrunstraße wo früher eine LÖWA, dann ein Zielpunkt waren. Wir kaufen dort fast alles, sogar Computer und – bis vor etwa einem Monat – den Gaflenzer Schafmischkäse.

Eröffnungstag der Hofer-Filiale Gudrunstraße am 13.10.2016.

Schafkäse

Silvia stammt aus dem Mostviertel. Sie verbrachte dort ihre Jugendjahre und gemeinsam verbrachten wir dort viele schöne Jahre bei den Schwiegereltern, quasi in einem Fünf-Sterne-Hotel. Einer dieser Sterne wurde wegen des in dieser Gegend üblichen Schafkäses verliehen. Diesen Schafkäse gibt es nur im Mostviertel.

Mostviertler Schafkäse ist ein Weichkäse und wird in etwa 15 cm langen Rollen mit etwa 5 cm Durchmesser hergestellt. Diese Rollen werden in Salzlake gelagert, damit sie nicht austrocknen. In dieser Salzlake bleibt der Käse leicht vier Wochen frisch.

Zwei Rollen Schafmischkäse in einer Salzlake mit einem Schutzgas luftdicht verpackt

Der Käse ist sehr mild und kalorienarm (ca. 180 kCal/100g). Gewürzt mit Pfeffer und Salz ist er eine kulinarische Spezialität, die man sich von Zeit zu Zeit gönnen sollte.

In unserem Fall hat der Schafkäse auch eine nostalgische Komponente. Immer, wenn ich den Käse zum Mittagessen vorbereite, erinnert mich das an die vielen schönen Jahre im Mostviertel.

Im März 2019 war Schluss

Wir waren es gewöhnt, beim Hofer zumindest einmal pro Woche Gaflenzer Schaf(misch)käse mit Mohnweckerln aus dem Backshop zu kaufen. Zuerst verschwanden die Mohnweckerln aus dem Angebot. Gut, nehmen wir halt Semmeln. Doch dann, Anfang 2019 war auch der Käse weg. Nach einiger Suche fanden wir den Käse im Wurstregal. Doch das waren schon Vorboten des nahenden Endes, denn irgendwann im März war der Käse vollständig aus dem Angebot verschwunden.

Gaflezer Hofheuriger

Da uns dieser Käse so nahe steht, wollten wir herausfinden, wo man ihn sonst bekommen kann. Die Bezirkszeitung berichtete über 8000 Stück Schafkäse für ganz Österreich. Also besuchten wir die Homepage des Gaflenzer Hofheurigen.

Homepage des Gaflenzer Schafmischkäse

Die gute Nachricht ist, dass es den Hersteller wirklich an der angegebenen Adresse gibt.

Herr Aschauer, der Firmengründer, der also ganz Österreich mit diesem Spitzenprodukt versorgt hat, war auch etwas erstaunt, dass der Käse in Wien nicht erhältlich ist und erklärte uns, dass die Belieferung des Großraums von Wien von drei Hofer-Auslieferungslagern erfolgt: Stockerau (Nord-Ost), Loosdorf (West) und Trumau (Süd) und er vermutete, dass nur der Süden Wiens dieses Lieferproblem hat.

Acht Auslieferungslager von Hofer; Wien-Süd wird von Trumau beliefert,

Am Kagraner Platz

Wir überprüften den Tipp von Herrn Aschauer und besuchten mit der U1 die Hofer-Filiale am Kagraner Platz, und tatsächlich, dort gibt es unseren geliebten Schafkäse noch, und wir haben uns gleich eine Ration für die nächsten Wochen mitgenommen.

Gaflenzer Schafkäse im Regal der Hofer-Filiale „Kagraner Platz“
Schafkäse-Ration für drei Wochen

Verarmung

Unser Schafkäse (und auch die Mohnweckerln) sind dem Kampf um jeden Zentimeter im Regal der Supermärkte zum Opfer gefallen. Eigentlich dachte ich dass unsere türkisch-stämmigen Mitbürger für einen höheren Absatz des Schafkäses sorgen würden, aber da haben wir uns offenbar getäuscht, so bevorzugen wahrscheinlich die härteren, südländischen Arten. Dieser Kampf reduziert die Vielfalt der Produkte und ist eigentlich bedauerlich.

Eine Bitte an Hofer

Wir wünschen uns einfach unseren Schafkäse aus Gaflenz zurück – und auch sonst etwas mehr Stabilität im Angebot.

Ein toller Artikel!
Dennoch möchte ich – als ein Durch-und-Durch-Skeptiker mit einem Aspekt ergänzen, der der Homöopathie&Co etwas abgewinnen kann, das aber leider bei mir selbst nicht funktioniert, eben weil ich diesen Methoden ablehnend gegenüber stehe.
Bei der Betreuung meiner 88-jährigen Schwiegermutter bin ich oft in der Apotheke. Es kommt mir sonderbar vor, wenn ausgebildete Pharmazeuten ihren Kunden ohne Wimpernzucken Globuli verschreiben und dabei todernst irgendwelche Anweisungen geben, wann das zu nehmen sei und auf was sonst man achten müsse.
DoseOscillococcinum[1] (Bild Wikipedia, Artikel „Globuli“)
 
Die Apotheker absolvieren eine komplexe Ausbildung, die alle Informationen darüber vermittelt, was, wann wirkt und was nicht wirken kann. Und sie handeln bei einer solchen Beratung ganz gegen dieses Wissen. (Sie werden aber auch noch dadurch verunsichert, dass es auf den Hochschulen sogar Institute gibt, die sich mit „Alternativmedizin“ beschäftigen, die also Wissenschaftlichkeit vortäuschen, wo gar keine ist.)
 
Es gibt aber einen Grund, warum dieses System unterm Strich doch diese eine Wirkung hat, die des Placebo. Diese Wirkung ist messbar. Und sie ist teuer erkauft; extrem teuer. Diese Wirkung hat es, aber nur dann, wenn alle Beteiligten, von den empfehlenden Ärzten, der Werbung, dem Apotheker bei ihrer Behauptung bleiben und Wirkung versprochen wird (auch wenn keine da ist). Dieses Geflecht an (Schein-)Kompetenzen gibt dem Patienten die Möglichkeit, das Placebo auch anzunehmen.
 
Würde etwa ein Arzt sagen, dass er gegen eine berichtete Erkrankung nichts tun könne, er dann rote Kügelchen verabreicht, und dazusagt, dass gar keine Wirkstoffe enthalten sind, dann würde sich doch jeder Patient verarscht vorkommen.
 
Da aber der Arzt etwas (zum Beispiel rote Kügelchen) verschreibt, das wie ein Medikament ausschaut, einen Beipacktext enthält und mit ernster Mine verschrieben wird, glaubt der Patient an die Möglichkeit einer Verbesserung seines Zustandes, das Placebo wirkt.
 
Die Wirkung eines Placebos beruht auf Vertrauen.
 
Wer auf Homöopathie&Co wegen einer Einsicht in die Zusammenhänge nicht vertraut (also zum Beispiel Florian Freistetter und der Franz Fiala), dem kann durch dieses Placebo auch nicht geholfen werden. Das Vertrauen ist aber nur gegeben, wenn der Patient den Eindruck hat, er würde behandelt. Würde daher der Apotheker mit der Wahrheit herausrücken, dann würde er nicht nur einen Kunden sondern der Kunde auch noch die Wirkung dieses geringen Placeboeffekts verlieren.
 
Überspitzt gesagt gewinnen alle Jünger der „Alternativ-Medizin“ die Wirkung eines Placebos, etwas, das den Skeptikern entgeht.
 
Denn es genügt nicht, dass der Arzt in seinen Schrank greift und dem Patienten etwas (völlig Wirkungsloses) gibt. Es gehört dazu auch das seriös erscheinende Drumherum einer Scheinmedizin, bestehend aus Literatur, Institut, Berufsbezeichnungen, einer genau definierten Methode und einer ganzen Industrie, die diese Scheinmedizin vertritt.
 
Erst dann wirkt das Placebo, vorher nicht.

Ein aufsehenerregender Versuch einer Schülergruppe wird in N24 publiziert: Link Neuntklässler haben eine schädliche Wirkung von WLAN-Signalen auf Pflanzen festgestellt. Das Experiment der Jugendlichen macht im Netz die Runde. Londoner Wissenschaftler wollen es wiederholen. Die Schüler haben festgestellt, dass sie neben dem Handy schlechter schlafen können.

Die Frage ist, was man davon halten soll. Soll man ab sofort WLAN abdrehen und die Wohnung ab sofort verkabeln? Kann man zu einer solchen Publikation ganz allgemein Stellung beziehen?

Zur Methode

Diese Meldung erweckt den Anschein von Wissenschaftlichkeit. Schüler als Wissenschaftler (auch wenn im Text steht, dass es sich nicht um ein wissenschaftliches Experiment gehandelt hat).

Wissenschaft ist aber wie Fußball. Wenn man sich beteiligen will, muss man vom Fach sein.

Beispiel: Ein Spieler steht einen Meter vorm Tor – und schießt in die Wolken. Jeder zweite im Stadion sagt: „den hätte sogar ich verwandelt“. Das Problem: er steht nicht im Team und in der 70. Minute, in der die Szene spielte, wäre jeder dieser Möchtegern-Fußballer schon längst zusammengebrochen an der Outlinie gelegen. Weil er eben nicht „vom Fach“ ist.

Um in einer Disziplin mitreden zu können, muss man sich der Mühe unterziehen, sich auf das Niveau hochzuarbeiten, das dazu befähigt, reproduzierbare Versuche anzustellen. Man muss sich einem Selektionsprozess unterziehen, den durchaus nicht alle schaffen.

Warum ist nun dieser Versuch anzuzweifeln?

(1) Die Lobby der Strahlengegner verwenden jedes Argument, das ihnen hilft, auch wenn es an der Haaren herbeigezogen wird. Gegner von Elektromagnetischer Strahlung sind ähnlich wie Homöopaten, Esoteriker und Wünschelrutengeher. Sie meinen zu wissen, dass Strahlung schädlich sei, auch wenn sie in Intensitäten vorkommt, die sich weit unter jedem erlaubten Grenzwert bewegen.

(2) Wissenschaftler wollen ganz oben stehen (wie Bergsteiger, Fußballer, Künstler…) und würden keine Gelegenheit auslassen, diesen Zusammenhang zwischen Bestrahlung und Wachstum aufzuzeigen. Das liegt in der Natur der Methode: dem Zweifel an jeder Behauptung. Wenn es diesen Zusammenhang zwischen Strahlung und Pflanzenwachstum gäbe (und nicht nur den Wunsch jener, die das so wollen), dann wäre es längst bewiesen und akzeptiert. Ist es aber nicht.

(3) Dass eine Schülergruppe einen solchen Zusammenhang aufzeigt ist so, als würde ich sagen: „Ich gehe in der Fußgängerzone und finde 500 Euro“ (dieser Satz ist mit 99.9…%iger Wahrscheinlichkeit falsch, weil eben diesen Schein schon längt jemand vor mit gefunden hätte, ebenso wie ich nie den Hauptgewinn im Lotto machen werde) Schüler haben keinerlei Kompetenz in der Handhabung von Versuchen dieser Art, auch wenn sie von einem Lehrer angeleitet werden. Sie sind in der Position eines Möchtegern-Fußballers, der es den Profis zeigen will, wie leicht eigentlich ein Ball aus einem Meter Entfernung ins Tor befördert werden kann.

Und daher ist diese Meldung einfach nur ein Wunschdenken. Der Schüler, des Lehrers, der Antistrahlungs-Lobby, der Redaktion.

Zur Sache

Kann man auch etwas zur Sache selbst, also Wirkung von WLAN auf Organismen sagen? Aber ja! Die Wirkung niederfrequenter Elektromagnetischer Strahlung ist hinlänglich bekannt. Sie erzeugt bei ausreichender Intensität Wärme. Ausgenutzt wird das zum Beispiel bei Hochfrequenztherapie:

Die hier zur Anwendung kommenden Energien sind gigantisch im Vergleich mit dem, was WLAN oder Handy produzieren. Vor allem werden diese Resonatoren (Antennen) unmittelbar am Körper angebracht. Man kann vermuten, dass die Störstrahlung, die von diesen therapeutischen Antennen ausgeht, sogar noch im Kopfbereich des Patienten ein weit höheres Feld erzeugen als das WLAN könnte.

Was bewirken diese Bestrahlungen?
Sie bewirken, dass Wärme entsteht, ähnlich wie bei einem Mikrowellenherd. Interessant ist, dass die Eindringtiefe der Strahlung mit steigender Frequenz abnimmt und bei 2.5 GHz nur mehr 6 mm beträgt.

Elektromagnetische Strahlung erzeugt also Wärme. Frequenzen unmittelbar unterhalb des sichtbaren Lichts bezeichnet man als „Infrarot-Strahlung“, über den Frequenzen des sichtbaren Lichts wird die Strahlung zunehmend ionisierend und ist nicht Gegenstand der in der Funktechnik angewendeten Strahlung.

Wenn man nun einen WLAN-Sender in die Nähe von Pflanzen betreibt, wird es in den Pflanzen vermutlich auch zu einer Wärmeentwicklung kommen, die zu einer Austrocknung der Pflanze führt. Das ist nun aber nicht etwas Beunruhigendes. Man müsste es geradezu erwarten.

Über die Versuchsanordnung weiß man nicht viel. Stellt man die Pflanzen unmittelbar auf den WLAN-Sender (um die Strahlungsintensität zu erhöhen), muss man auch mit der normalen Abwärme des Geräts rechnen, die ebenso eine Austrocknung der Pflanzen zur Folge haben kann.

Empfehlenswert:
Elektromagnetische Felder im Alltag

Die Medienberichte sind voll von Berichten über schädliches Fastfood. McDonalds steht oft stellvertretend für eine ganze Branche und die Mitbewerber, andere Ketten aber auch Kebabs und Würstelstände sind froh, wenn die Breitseite der Kritik gegen den Platzhirschen abgefeuert wird.

Ich kann diese Kritik überhaupt nicht verstehen.

Seit etwa 22 Jahren besuche ich regelmäßig McDonalds-Restaurants. Ja, ich habe seither zugenommen aber mit diesen Besuchen hat das rein gar nichts zu tun. In diesen Jahren kann ich darüber berichten, dass diese Ketten außergewöhnlich lernfähig auf Änderungen in der Gesellschaft eingehen. Zum Beispiel wurden die Styroporverpackungen durch Kartons abgelöst, das eher nur ergänzende Salatangebot der ersten Jahre wurde durch eine viel größere Auswahl abgelöst und der früher wirklich kaum genießbare Kaffee ist fast schon einer aufkeimenden Kaffehaus-Kultur gewichen.

Wenn ich bein einem Würstelstand vorbeikomme, kann ich mich zwischen einem Würstel und einem anderen Würstel entscheiden.

Ich genieße es, beim Mäc einen Salat oder einen Veggie-Wrap und einen Orangensaft wählen zu können. während mein hungriger Sohn sich mit entsprechend mehr Kalorien eindeckt. Während bei ihm der Salat eine Ergänzung ist, ist er bei mir die Hauptmahlzeit und ich habe den Eindruck, dass ich dort durchaus in Einklang mit den Erkenntnissen der Nahrungs-Päpste essen kann.

Kann mich nicht erinnern, dass es dauernde Kampagnen gegen das Schweizer-Haus oder die Konditorei-Kette Aida geben würde obwohl diese Lokale mit ihren Speisen durchaus mit dem Ungesundheits-Faktor eines Mäc konkurrieren können.

Was soll das also?

Jeder kann um ein paar Euro Gemüse am Markt kaufen und sich in Salat ergehen. Eine freie Entscheidung. Noch ist ja ein Mäc kein Monopol.

Gesunde Ernährung ist nicht abhängig von den Gaststätten sondern von den Essgewohnheiten eines jeden Einzelnen.

Dasselbe Rindfleisch, das beim Mäc verteufelt wird, wird am Fleischpult der Supermärkte mit Gütesiegeln angepriesen. Warum werden die Pommes-Frittes beim Mäc verteufelt und im Gefrierschrank eines Supermarktes nicht? Wo bleiben da die Hüter der wahren Ernährungslehre?

Beobachten Sie einmal die Gäste in einem Mäc oder beim Tichy in Favoriten. Sie werden sehen, dass dort oft am selben Tisch dicke und dünne Menschen bei derselben „Sünde“ beisammen sitzen. Eigentlich hätte man sich erwartet, an diesen „sündhaften Orten überhaupt nur dicke Menschen anzutreffen, das ist aber nicht der Fall. Das eigene Körpergewicht hängt nicht davon ab, ob man zum McDonalds oder zum Tichy geht, sondern davon, welche Rolle Ernährung und Bewegung im Tagesablauf spielen.

Unter dem Motto: ich geh‘ zum Mäc und Du gehst zum Mäc. Warum bist Du dick?

Suchtgifte (Drogen) gelten im Allgemeinen als schädlich, viele sind grundsätzlich verboten. Dennoch werden manche Drogen wie zum Beispiel Koffein, Alkohol, Nikotin, Cannabis und andere toleriert, aber nicht alle Menschen können damit umgehen. In den westlichen Kulturen wird Alkohol toleriert, dagegen gilt in islamischen Ländern ein Alkoholverbot.

Alkohol und Abkochen als historische Überlebensstrategie

Warum ist bei uns Alkohol salonfähig?

Der Bruch mit der antiken Welt hatte auch so seine Schattenseiten. Die Körperfeindlichkeit des Christentums verschlechterte die Hygiene und die mangelhafte Trinkwasserqualität im Mittelalter führte zu bedrohlichen Seuchen. Weil aber Keime in alkoholischen Getränken abgetötet werden, war der Genuss von Bier, Wein und Most geradezu überlebenswichtig.

Zum Beispiel in Freistadt, dem Ort der heurigen Landesausstellung (und wohl auch in anderen Städten)
war im Mittelalter jedem Haushalt innerhalb der Stadtmauern das Bierbrauen erlaubt.

Bierbrauer sind stolz auf das älteste Lebensmittelgesetz der Welt(?), auf das Reinheitsgebot aus dem Jahr 1516.

Aufschrift im „Alt Heidelberger Brauhaus“

Im „Alt Heidelberger Brauhaus“ können die Gäste Tür lesen: „Der Bürgermeister gibt bekannt, daß am Mittwoch Bier gebraut wird und daß deshalb ab Dienstag nicht mehr in den Bach geschissen werden darf“. Diese „Mehrfachverwendung“ desselben Wassers eines Baches oder Flusses illustriert die damaligen hygienischen Bedingungen.

In Asien dagegen war die Überlebensstrategie das Abkochen des Wassers und man erfand den Tee. Auch in Europa nahm seit dem Mittelalter der Konsum von gekochtem Tee und Kaffee zu, da das Abkochen ebenso wie früher der Alkohol keimtötend wirkte.

Warum in den islamischen Ländern die Wasserverunreinigung nicht eine so große Rolle gespielt hat, liegt möglicherweise an den seltenen Wasserstellen der Wüstengebiete,die ausschließlich zum Trinken verwendet wurden und daher dort das Wasser nicht verunreinigt war. Außerdem war der frühe Islam für seine hohe Reinlichkeit und seine medizinischen Errungenschaften berühmt und hatte dadurch möglicherweise von vornherein weniger Probleme mit verunreinigtem Wasser.

Alkohol und Lebensstil

Paracelsus meinte: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

Fragt man einen Arzt, ob und wie viel man trinken darf, dann rät jener zu Rotwein und zu einem Achtel Liter pro Tag.

Man hat den Eindruck, als wäre diese Dosis von Alkohol eben jenes Quantum, das gerade noch nicht als Gift, sehr wohl aber als Medizin wirkt, warum auch immer.

Aber der Konsum einer geringen Menge Alkohols pro Tag zieht auch eine Grenze zwischen drei Arten von Menschen:

  • Enthaltsame, die gar keinen Alkohol konsumieren,
  • Abhängige, die (regelmäßig) mehr trinken und
  • Disziplinierte, die es schaffen, eben ein Achtel Wein pro Tag zu trinken (und nicht mehr)

Enthaltsame

Diese Gruppe hat wohl kein Alkoholproblem, sei es weil diese Menschen dem Islam angehören, weil sie Alkohol nicht mögen oder weil sie ihn fürchten. Diese Abstinenzler, können aber bezüglich ihres Suchtverhaltens nicht eingeschätzt werden, weil sie sich dem Akohol nicht aussetzen. Es kann also durchaus sein, dass sich in dieser „braven“ Guppe auch solche befinden, die zur Sucht neigen aber nur eben dem Alkohol entsagen.

Abhängige

Die zweite Gruppe lebt offensichtlich ungesund, ihr wäre vielleicht mit einem generellen Alkoholverbot zu helfen. Wenn man sich aber an die Auswüchse in der Prohibitionszeit in Amerika erinnert, dann kann man wohl an der Wirksamkeit zweifeln. Da diese Gruppe beim Alkohol nicht Maß halten kann, wird sie es bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel beim Rauchen oder beim Essen mehrheitlich auch nicht tun.
Und daher besteht bei dieser Gruppe größere Sorge um den Gesundheitszustand.

Disziplinierte

Die letzte Gruppe schafft es, sich der schädigenden Wirkung des Alkohols zu entziehen aber gleichzeitig nicht auf dessen Konsum zu verzichten und zeigt daher Disziplin in Fragen des Alkoholkonsums. Diese Disziplin offenbart einen Charakterzug, den diese Menschen wahrscheinlich auch im Zusammenhang mit anderen Suchtmitteln zeigen werden. Und daher hat diese Gruppe für die Einschätzung ihrer gesundheitlichen Zukunft eine gute Prognose, weil sie generell diszipliniert ist.

Literatur