Mein zweiter Studienabschnitt begann mit meiner Heimkehr aus Hameln im September 1970. Die Überraschung war groß, denn meine Mutter hatte für mich die Nachbarwohnung Tür 9 als Junggesellenwohnung eingerichtet, weil Frau Kirisits, die dort früher gewohnt hat, verstorben war. Die Wohnung bestand aus Zimmer und Küche und einer einfachen Einrichtung.

Amateurfunker

Ich brauchte Praxis, das war klar. Aber wie? Ich habe mich schon immer für den Amateurfunk interessiert, möglicherweise ausgelöst durch den Zahnarzt in Ehrwald und ich beschloss, Amateurfunker zu werden und dabei Empfänger und Sender zu bauen. Ich richtete in der Küche meiner neuen Wohnung eine Elektronik-Werkstätte ein, abonnierte den „Praktiker“, eine Wiener Elektronik-Zeitschrift und wurde Mitglied beim ÖVSV (Österreichischer Versuchssenderverband) in der Naglergasse. Beim Versuchssenderverband nahm ich an Kursen zur Prüfungsvorbereituung teil und beteiligte mich in der SQL-Verwaltung. Unter der Anleitung von Othmar Brix sortierte ich die hereinkommenden SQL-Karten in die Fächer der Mitglieder und ordnete umgekehrt die zu versendenden QSL-Karten den jeweiligen Ländern zu. Sicher zwei Mal in der Woche war ich im Club und wollte die Technik rund um den Funk erlernen.

Das Highlight aber war der Morsekurs, den der damalige Student und heutige Universitätsprofessor Wolfgang Zagler leitete. Ich habe es tatsächlich geschafft, sowohl sendend als auch empfangend das Morsen zu erlernen und habe schließlich auch die Prüfung bestanden.

Parallel zu diesen Arbeiten im Versuchssenderverband baute ich die verschiedensten Geräte, die in Beschreibungen des „Praktiker“ vorgestellt wurden. Ein Highlight war ein Oszilloskop.

Auch Bausätze von Heathkit waren dabei: eine Röhrenvoltmeter, ein Messsender, ein Grid-Dip-Meter, ein Kurzwellenempfänger und andere Kleingeräte.

Dazu habe ich die Küche der Wohnung in eine Werkstätte umgebaut und verbrachte jede freie Minute mit Elektronik-Praxis.

Die Mühe hat sich gelohnt. Ich bekam einen praktischen Eindruck von den Begriffen des ersten Studienabschnitts. Wie sich Spannung, Strom und Widerstand tatsächlich „anfühlen“.

Es war im Laufe dieser Jahre überhaupt kein Problem mehr, die weiteren Labors erfolgreich zu absolvieren. Oft habe ich die Aufgaben des Labors zu Hause nachgestellt – sofern das mit meinen einfachen Geräten möglich war.

Diplomarbeit

In dem Eifer, das Studium abzuschließen, suchte ich auch bald nach einem Thema für eine Diplomarbeit und fand das vielversprechende Thema „Digitale Mittelwertbildung“ beim damals neuen Professor Patzelt am Institut für Elektrische Messtechnik, der Nachfolger des scheidenden Professors Zwierina war.

Einerseits hat Professor Patzelt Diplomanden vom Vorgänger Zwierina geerbt (dazu zählten Rudi Neumann und Robert Seufert) aber neue Diplomanden gab es zunächst einmal zwei: der etwas ältere Hans Fürst, der sich mit eine Analog-Digital-Wandler beschäftigte und eben ich.

Die Einarbeitungsphase in das Thema bestand darin, zu entscheiden, ob diese Mittelwertbildung mit digitalen Schaltkreisen oder mit einem Mikroprozessor realisiert werden konnte. Das Kriterium war die erzielbare Abtastfrequenz, die mit Hardware natürlich viel größer war. Aus der Untersuchung der Programmlänge bekam ich erste Einblicke in die Arbeitsweise des Mikrocontrollers 4004, spätter des 8008. Auch auf eine Fahrt nach Seibersdorf zu einem Einführungsvortrag kann ich mich erinnern.

In dieser Studienphase wirkte sich nachteilig aus, dass ich so gar kein Talent für Präsentation eines Projekts hatte. Genau das soll man aber als Diplomand können. Meine Diplomarbeit war dann auch bald fertig, denn ich hatte auf Grund meiner Werkstättenpraxis kein Problem mehr mit den diversen integrierten Schaltkreisen.

Die Diplomarbeit kann hier nachgelesen werden.

Freunde des Instituts für elektrische Messtechnik

Während der Diplomarbeitszeit hatte ich einen eigenen Arbeitsplatz neben Hans Fürst und die damalige Runde der Diplomanden war lehrreich aber auch unterhaltsam. Aus dieser Runde entstand ein verein, der nie gegründet wurde, der Verein „Freunde des Instituts für elektrische Messtechnik“ unter der Obmannschaft von Hans Fürst. Noch heute, 2013, treffen sich die damaligen Institutsangehörigen zu jährlichen treffen im „Wirtshaus“, das von der Gattin des leider sehr früh verstorbenen Hans Fürst im 4. Bezirk betrieben wird.

Aber genau in diese Phase bekam ich einen Einberufungsbefehl. Wahrscheinlich hätte man diesen Einberufungsbefehl zurückstellen können aber meine Lage war so: die Pflichtvorlesungen und Labors hatte ich absolviert, es waren nur mehr einige Einzelprüfungen und die Diplomarbeit ausständig. Hätte ich den Militärdienst nach dem Studium absolviert, wäre es mir dann wahrscheinlich viel schwerer gefallen und daher habe ich mich entschlossen, doch im Oktober den Militärdienst anzutreten und das Studium für ein halbes Jahr zu unterbrechen, denn seit Kreisky gab es ja auch die Möglichkeit nur sechs Monate Grundwehrdienst mit nachfolgenden Truppenübungen zu leisten. Genau das schien mir vorteilhaft für meine Situation.

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