Anna Tůma (geb. Pohan) war eine Schwester meiner Großmutter Julie. Sie heiratete den Schneidermeister Josef Tůma. Sie hatten zwei Kinder: Vladimír und Ottokar. Vladimír, der ältere, konnte in Prag Medizin studieren, der jüngere Ottokar hatte das Pech, dass seine Ausbildungszeit in die schwierige Zeit um 1938 fiel und daher erlernte er den Beruf des Schneiders bei seinem Vater.
Ich wusste als Kind, dass die „Tůma-Tant“ zuckerkrank und ich weiß nur, dass sie ziemlich korpulent war. Als sie 1955 starb, war ich sieben Jahre alt.
Zu ihrem Sohn Ottokar bestand regelmäßiger Kontakt. Mit dem zweiten Sohn Vladimír, der in Pilsen wohnte, gab es durch die Abgrenzung des Ostblocks hinter dem Eisernen Vorhang nach dem Zweiten Weltkrieg nur punktuelle Kontakte. Einige Male waren die Tůma aus Pilsen in Wien zu Gast.
Otto führte seine Werkstätte in der Wohnung der Eltern im ersten Stock des Hauses Simmeringer Hauptstraße 107. Bis in die Neunziger-Jahre war die Aufschrift „Schneidermeister Tůma“ am Gebäude zu sehen, obwohl der Schneidermeister nicht mehr lebte.
Otto Tůma war zwei Mal verheiratet. Zuerst mit Elly Schossar und danach mit Hertha. Mit ihr hatte er zwei Kinder: Friedrich, der zwei Jahre jünger war als ich und dann noch Alexander, der viel jünger war. Friedrich war eines der wenigen Kinder, zu denen ich als Kind näheren Kontakt hatte.
In der Monarchie, als die Pohan-Schwestern heirateten, galt ein Schneidermeister als eine gute Partie. Doch später, in den 60er Jahren, konnte man auch mit viel Fleiß nicht mehr viel verdienen. Otto musste dann die Schneiderei auch aufgeben. Da er der sozialistischen Partei nahe stand, schaffte er es, einen guten Posten im Bundeskanzleramt zu bekommen, wo er seine Tschechisch-Kenntnisse nutzen konnte.
In der Mitte der 70er Jahre stelle meine Mutter seinem Sohn Friedrich die Wohnung Tür 4 im Erdgeschoß in der Lorystraße 17 als Startwohnung zur Verfügung.
Seither sind die Kontakte abgebrochen.
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