Die ITU-Empfehlung V.56
Damals hießen diese Empfehlungen noch CCITT-Empfehlungen, heute nur mehr ITU-Empfehlungen. Jeder Kennbuchstabe einer solchen Gruppe von Empfehlungen stand für ein bestimmtes Teilgebeit. „V“ bedeutete „Drahtgebundene Datenübertragung“. V.56 beschreibt, wie man Modems prüfen soll, um vergleichbare Aussagen über ihre Qualität zu bekommen. Kurz gesagt, wiederholte diese Empfehlung V.56 die Spezifikation des Datenübertragungsmessplatzes in der ETVA. Sogar die Punkte des gesamten Messprotokolls waren in dieser Empfehlung enthalten. Mein Vorgänger, Klaus Eckl, hat diese Empfehlung bei der ITU eingebracht.
Bestätigt wurde der Inhalt der zuerst vorläufigen Empfehlung („Draft“) im November 1988. Das könnte der Zeitpunkt einer unserer Reisen zur ITU gewesen sein.
Zur Empfehlung V.56 gibt es auch zwei Ergänzungen V.56bis und V.56ter, was zeigt, dass die Weiterverfolgung dieses Fachgebiets seitens der Bahnen durchaus nützlich gewesen wäre.
Dass es diese Empfehlung V.56 gibt, ist ein Husarenstück meines Vorgängers Klaus Eckl. (Im Bild dritter von links.)
Sowohl mein Vorgänger Klaus Eckl als auch mein Chef Andreas Sethy waren jeweils einige Monate am Institut für Nachrichtentechnik der TU-München zur Einschulung auf den Datenübertragungsmessplatz. Das war einige Jahre, bevor ich ins Arsenal kam. Und genau das ist auch der Umstand, der mir für einen Einstieg in dieses Wissensgebiet – zumindest am Anfang – gefehlt hat.
Klaus hat den Datenübertragungsmessplatz allein in seinem privaten Renault R4 mit Carnet nach Genf geschleppt. (Davor wurde monatelang diskutiert, ob man nicht besser ein Dienstauto oder einen Eisenbahncontainer verwenden sollte) schließlich wurde einen Tag vor der Abreise per spontanen Ministerratsbeschluss die Fahrerlaubnis eingeholt. Ein Jahr danach wurde Dank einer hochqualifizierten Sekretärin, Frau Trettenhahn (perfekt in Französisch und Englisch) über die österreichische Post das ETVA-Papier eingereicht. In Genf hat MR Plappart hinter Klaus beim Chairman, dem Deutschen Blöckel zum Leiter einer Subarbeitsgruppe für die Modemprüfempfehlung gemacht.
Die Schwierigkeiten in diesen Gremien sind weniger die fachlichen als die sprachlichen und dann auch die, dass man für eine Zustimmung nicht über eine Blockbildung der Staaten stolpert. Wichtig ist das Stimmverhalten der großen Nationen USA, England, Frankreich und Sowjetunion. Da in der Subarbeitsgruppe (mit Ausnahme eines Punktes) alle Punkte des Entwurf bestätigt worden sind, wurde schließlich im Plenum der Entwurf bestätigt. Geholfen hat dabei sicher auch, dass die Einreichung nicht von den großen Herstellen kam.
Diese Empfehlung ist wahrscheinlich die einzige CCITT-Empfehlung, die ihren Ausgangspunkt in Österreich nahm. Um den Stellenwert einschätzen zu können, muss man bedenken, dass etwa auch der ASCII-Kode eine dieser Empfehlungen ist.
Eigentlich hätte am Eingang zur ETVA eine Art Gedenkmonument für diese Großtat stehen müssen. Ist es aber nicht. Der Leiter der ETVA hat über diese Leistung nichts gewusst.
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