Dass wir einen Hund hatten, war fast logisch, weil man meinte, dass ein Kind, das mit einem Hund aufwächst, Vorteile hätte. Das mag sein; sicher ist aber, dass ein Hund, der mit einem Kleinkind ins Haus kommt, weder als Spielzeug noch zur Obsorge für das Kind geeignet ist. Und so war es, dass der Schäferhund „Tasso“ ein Hund der Großmutter wurde, jener Person, die für ihn sorgte.
Auch der Hund machte diese Halbjahreszyklen mit und lebte ein halbes Jahr in Kritzendorf, ohne Leine, ohne Begrenzung durch einen Gartenzaun, einfach in einem Paradies; und ein halbes Jahr in Wien. Er ging in der Früh um halb fünf mit meinem Vater ins Geschäft und kam von dort am Abend nach Hause.
Er war ein cleverer Hund. Geschlossene Türen waren für ihn kein Hindernis. Er hatte den Dreh mit der Türklinke heraus. Nachteilig war nur, dass seine Krallen im Holz tiefe Kratzspuren hinterließen, die man dann mit Kunststofffolien abzudecken versuchte. Diese Kratzspuren waren noch bis 1980 in den Türen zu sehen.
Wie wenig der Hund für Kinder geeignet war (er ist auch durch keine Hundeschule gegangen und war daher im „Alltagsgebrauch“ ziemlich unzivilisiert), zeigt, dass wir im Kindesalter große Schwierigkeiten hatten, den Hund mit einer Leine zum Beispiel zum Silbersee zu gehen. Das war nämlich eine dieser Unternehmungen, auf die ich mich noch erinnere. Ein Mal und nie wieder, könnte man sagen.
Mit Tasso habe ich aber gelernt, mich vor Hunden nicht zu fürchten. Er war doch ein toller Begleiter durch meine Kindertage.
Einerseits verteidigte er jede Person, die irgendwie angegriffen wurde. Auch und besonders, wenn es um mich ging. Wenn also meine Großmutter ungehalten war und etwa mir eine kleine Watschen angetragen hat, war der Hund zur Stelle und begann zu knurren.
Er zeigte auch – wie alle Hunde – eine unbändige Freude, wenn jemand, den er schon lange nicht gesehen hatte, ankam. Es gab ein Erlebnis, das mir sehr in Erinnerung geblieben ist und von dem ich noch eine Narbe an der Nase habe.
Es war wahrscheinlich in den Ferien der dritten Klasse als ich nach einmonatiger Abwesenheit vom Pionierlager in der CSSR wieder nach Kritzendorf kam. Der Hund kam mir mit großer Freude entgegen und sprang an mir hoch und traf mich mit den Krallen an der Nase. Die Großmutter hatte gleich eine Hundepeitsche bei der Hand und gab dem Hund zu verstehen, dass er das nicht machen darf.
Hundegerecht wurde der Hund nicht immer behandelt. Zum Beispiel warfen wir ihm Steine und kein Holz, sicher kein Vorteil für die Zähne. Keiner der Erwachsenen hat das aber bemerkt. Dafür passte die Kost. Abfälle sowieso und immer wieder Kuttelfleck mit einem unverwechselbaren „Geruch“.
Tasso verstarb 12jährig an Krebs.
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